Aufteilung der Pflegeaufgaben
Die Shuttle-Mediation soll zerstrittenen Familien durch Einzelgespräche helfen

06.06.2019 | Stand 28.07.2023, 15:29 Uhr
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„Meine Mutter ist dement, die Pflege mache ich allein. Ich lebe ja auch vor Ort. Meine Geschwister wohnen weiter weg. Sie haben Familie und kommen selten und nur, wenn es ihnen passt. Irgendwie lassen die mich ganz schön mit der Mama hängen. Ich sag da nichts mehr. Sinnlos. Eine Lösung brauchen wir aber trotzdem. Ich schaffe die Pflege nicht mehr. Mama muss eigentlich ins Heim.“

LANDKREIS KELHEIM Erkrankt jemand in der Familie an Demenz, dann übernehmen oft die Angehörigen, die direkt vor Ort leben, die Fürsorge und Pflege. Die anderen Familienmitglieder außer Orts können die Demenz häufig schwer einschätzen und fühlen sich zuweilen ausgegrenzt. Schnell entstehen Missverständnisse und Streit. Wenn Familien dann aufgeben, miteinander zu reden, schleichen sich Verletzungen ein und wichtige Aufgaben bleiben auf der Strecke, zum Beispiel die Organisation von Pflege. Helfen und selber gesund bleiben wird dann schwierig. Für diese Familien hat die Alzheimer Gesellschaft Kelheim jetzt mit der Familienmediation ein kostenloses Angebot aufgelegt, in dem noch Plätze frei sind. Familienmediation ist eine bewährte „Streitbeilegungsmethode“. In der klassischen Mediation sitzen alle in einer Familienkonferenz gemeinsam am Tisch, das Gespräch leitet eine Mediatorin oder ein Mediator. Aber wie bringt man alle an einen Tisch, wenn keiner mehr mit dem anderen reden oder Kontakt haben will?

Die Shuttle- oder auch Pendelmediation kann hier die Lösung sein. Zu keiner Zeit müssen die Familien an einen gemeinsamen Tisch kommen oder sich gar sehen. Die Mediatorin oder der Mediator führt stattdessen vor Ort oder telefonisch Einzelgespräche mit allen Familienmitgliedern, um die Situation zu klären und die Botschaften und Bedürfnisse zu den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu tragen. Das entschärft die Lage und gibt jedem Zeit, über die Aufgabenstellung und die Gefühle der anderen nachzudenken, Informationen zu verdauen und passende Vorschläge zu machen. Der Mediator pendelt zwischen den Parteien hin und her und sorgt als Botschafter dafür, dass alle voneinander erfahren und miteinander die Aufgabe regeln. Wenn auch getrennt voneinander, so ist das Ergebnis am Ende dennoch gemeinsam beschlossen und von allen abgesegnet.

„Es ist wichtig, dass alle zu Wort kommen und jeder seine Sicht der Dinge schildern darf. Besonders in der Shuttle-Mediation hören Menschen manchmal das erste Mal, wie es den anderen geht und können das in Ruhe verdauen. Ziel ist, dass am Ende alle gemeinsam einen Weg aus dem Konflikt suchen und sich einigen, wie sie mit der Situation umgehen. Sie sitzen nur nicht an einem Tisch. Als Botin gehe ich mit jedem einzeln ins Gespräch und überbringe Gedanken und Vorschläge, die dann verhandelt werden“, so Stephanie Sedlmayer-Weßling, Mediatorin der Alzheimer Gesellschaft Kelheim e. V.. „Durch die Shuttle-Mediation werden Aufgaben und Dinge geregelt, über die lange nicht gesprochen wurde. Das sorgt für Entlastung und bringt die Familien manchmal auch wieder einander näher.“

Das Mediations-Angebot ist Teil des vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderten Pilotprojektes „Helfen und selber gesund bleiben“. Es unterstützt Angehörige von Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz. Das Projekt ist nominiert für den Bayerischen Gesundheits- und Pflegepreis 2019. Alle Angebote unter: www.alzheimer-kelheim.de. Die Teilnahme ist kostenfrei. Interessierte können sich an die Anlaufstelle der Alzheimer Gesellschaft Kelheim (info@alzheimer-kelheim) wenden oder sich direkt und unverbindlich bei Stephanie Sedlmayer-Weßling unter der Telefonnummer 0941/ 780 320 52 informieren.

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