Schüler werben für Berufsbild
„Physiotherapeuten leisten mehr als nur Massagen bei Rückenschmerzen“

29.05.2019 | Stand 28.07.2023, 11:59 Uhr
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Die Ausbildung in wichtigen Gesundheitsberufen wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie in Bayern deutlich attraktiver zu machen ist der Kelheimer CSU-Landtagsabgeordneten Petra Högl ein großes Anliegen.

BAD GÖGGING „Mit der vor kurzen gefundenen Lösung zwischen den privaten Schulträgern und dem Kultusministerium ist ein erster wichtiger Schritt hierzu gemacht. Schülerinnen und Schüler in wichtigen Heilberufen werden mit Verabschiedung des Doppelhaushalts 2019/2020 in den kommenden Tagen rückwirkend zum Schulhalbjahr am 15. Februar vom Schulgeld befreit. Damit schaffen wir ganz bewusst Anreize, um künftig mehr junge Menschen für die Gesundheitsfachberufe zu begeistern“, führte Petra Högl eingangs des Gesprächs mit Schülerinnen und Schülern an der Berufsfachschule für Physiotherapie in Bad Gögging aus. Diese hatten Petra Högl ins Ausbildungszentrum nach Bad Gögging eingeladen, um der Abgeordneten einen Einblick in die Ausbildung zu verschaffen und auch weitere aktuelle Themen rund um das Berufsbild des Physiotherapeuten, in dem deutschlandweit rund 40.000 Menschen arbeiten, zu besprechen.

Erste Anzeichen für ein gesteigertes Interesse an einer Ausbildung zum Physiotherapeuten gebe es bereits. „Wir haben für das kommende Schuljahr, welches am 1. Oktober startet, seit Bekanntwerden der Schuldgeldfreiheit einen deutlichen Nachfragezuwachs erfahren und mussten bereits eine Warteliste aufmachen“, freute sich Ellen Rinderle, Schulleitung der Berufsfachschule. Bislang mussten die 65 Schüler für die dreijährige Ausbildung an der Berufsfachschule für Physiotherapie in Bad Gögging rund 9.000 Euro in ihre Ausbildung investieren. „Der Erlass des Schulgelds stellt somit eine spürbare finanzielle Erleichterung dar und führt zu einer deutlichen Steigerung der Attraktivität dieses Berufsbilds“ betonte Hans-Martin Linn, der sich bei Petra Högl nochmals für ihren Einsatz zur signifikanten Aufbesserung des Gesundheitsbonus und der dadurch erst ermöglichten Schulgeldfreiheit bedankte. Die Einführung der Schulgeldfreiheit könne nach Ansicht aller Gesprächsteilnehmer jedoch nur ein erster Schritt sein, um die Situation in den Gesundheitsfachberufen langfristig zu verbessern. „Es muss sich generell an der öffentlichen Wahrnehmung des Physiotherapeuten hin zu mehr Wertschätzung für dessen Arbeit am Menschen und damit auch der Bezahlung etwas ändern“, bekräftigte Frau Rinderle. Ein Schüler der Oberstufe berichtete hierzu, dass ihm als Jobeinsteiger nach seinem Berufsabschluss in diesem Sommer eine Vollzeitstelle im Münchner Umland mit einem Bruttoeinkommen von 1.900 Euro angeboten wurde. Auch Geschäftsführer Linn betonte, dass zwar allmählich in der öffentlichen Wahrnehmung bei den Gesundheitsberufen etwas in Bewegung komme, aber dennoch im Gesundheitswesen nach wie vor deutlich schlechter bezahlt werde als in den meisten anderen Branchen.

Doch nicht nur eine verbesserte Bezahlung der Pflegefachkräfte und Therapeuten wurde im Gespräch angemahnt. Auch eine Überarbeitung der Lehrpläne bei der Ausbildung der Physiotherapeuten sei unbedingt notwendig. „Es gibt Ausbildungsschwerpunkte, die immer noch unterrichtet werden müssen, obwohl diese nicht mehr in den Heilmittelkatalogen verordnet und mit den Krankenkassen abgerechnet werden können“, erörterte Frau Rinderle. Vielmehr sollten ihrer Ansicht nach die Schüler in den Bereichen Osteopathie oder auch in der Medikamentenlehre verstärkt ausgebildet werden. Auch Geschäftsführer Linn warb dafür, die Ausbildungsinhalte so anzupassen, dass kostenintensive Weiterbildungen der ausgebildeten Physiotherapeuten unmittelbar nach Abschluss der Berufsausbildung reduziert werden können. Abgeordnete Petra Högl sagte zu, diese Vorschläge in München bei Gesundheitsministerin Melanie Huml vorzubringen, um hier auf Bundesebene für Verbesserungen bei den Ausbildungsinhalten eintreten zu können. In diesem Zusammenhang vereinbarten die Gesprächsteilnehmer, im regelmäßigen Austausch zu bleiben.

Ein wichtiges Anliegen war es den Schülern und Ausbildern noch, der Landtagsabgeordneten das Berufsbilds des Physiotherapeuten und den praxisbezogenen Ablauf der Ausbildung näher zu bringen. Wie eine Schülerin ausführte, leiste ein Physiotherapeut mehr als nur Massagen bei Rückenschmerzen. Vielmehr sei es Ziel der Physiotherapie, die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des Körpers wiederherzustellen und Schmerzen zu reduzieren beziehungsweise zu lindern. Heilmittel seien dabei unterschiedliche Methoden und Techniken, die selbstheilende Reaktionen des Körpers hervorrufen. Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Behandlung ist die physiotherapeutische Eingangsuntersuchung, bei der die Beschwerden des Patienten erfasst und analysiert werden. Die Behandlung richtet sich nach den individuellen Fähigkeiten des Patienten, orientiert an seinem beruflichen oder häuslichen Umfeld. An der Berufsfachschule für Physiotherapie in Bad Gögging lernen die Schüler nach einer halbjährigen theoretischen Einführungszeit unter Betreuung der Ausbildungslehrkräfte vormittags im Praktikum die unterschiedlichsten Krankheitsbilder direkt am Patienten kennen und begleiten die Behandlung und Genesung des Patienten. Dieser Praxisteil werde für die Bereiche Geriatrie, Neurologie und Orthopädie an der benachbarten Reha-Klinik des Passauer Wolf geschult. Am Nachmittag wird das Wissen dazu im theoretischen Unterricht vertieft. Einblick in die Pädiatrie erhalten die Schüler im Kinderkrankenhaus St. Marien in Landshut. In den Fachbereichen Innere Medizin, Chirurgie/Traumatologie und Gynäkologie werden die angehenden Physiotherapeuten im Klinikum Landshut fachlich angeleitet. Der Transfer nach Landshut erfolgt hierbei in schuleigenen Bussen.

Kelheim