Vorurteile und Abneigung
Abhängigkeitserkrankte werden oft stigmatisiert – „der ist ja selber schuld!“

24.05.2019 | Stand 28.07.2023, 13:43 Uhr
−Foto: n/a

Wer kennt dieses Bild nicht? Der „Junkie“ als heruntergekommene Gestalt auf der Straße. Der Alkoholiker, der von Sozialhilfe in einer dreckigen Wohnung lebt. In der Realität sieht es häufig anders aus. Abhängige sind oft „funktionierende“ Geschäftsleute, liebevolle Mütter oder aufopferungsvolle Väter und Kollegen. Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen gibt es in jeder Gesellschaftsgruppe, unabhängig von Alter und Geschlecht. Es sind ganz „normale“ Menschen, die eine Abhängigkeitserkrankung entwickelt haben.

LANDKREIS LELHEIM Dennoch beherrschen häufig Vorurteile und Abneigung den Umgang mit Suchtkranken. „Die Frau sieht doch ganz normal aus, die kann gar keine Alkoholikerin gewesen sein“, sagt ein Jugendlicher über eine Betroffene. Die Aussage zeigt eindrücklich, dass in unserer Gesellschaft ein ganz bestimmtes Bild von Abhängigen verbreitet ist. Doch gewisse Lebensumstände verbunden mit Veranlagungen und persönlichen Merkmalen können dazu führen, dass man eine Sucht entwickelt, egal aus welcher Gesellschaftsschicht man kommt. Diese Entwicklung läuft häufig schleichend und wird auch von Personen aus dem sozialen Umfeld oft erst spät bemerkt.

Doch was nun? Oft schämen sich die Betroffenen, versuchen alleine damit klar zu kommen. Es soll bloß keiner merken. Sie haben Angst, sich an andere zu wenden, da sie die Vorurteile gegenüber Abhängigen kennen. Sie gehen regelmäßig arbeiten, kümmern sich um alltägliche Pflichten und versorgen ihre Kinder. Sie sind keine schlechten Eltern, haben eine saubere Wohnung und „funktionieren“. Äußerlich merkt man es ihnen kaum an, innerlich sieht es ganz anders aus. „Der soll doch einfach aufhören zu saufen!“, heißt ein Kommentar. So einfach ist das nicht. Der Kampf gegen eine Suchterkrankung ist langwierig und erfordert viel Kraft und Durchhaltevermögen. Doch es ist machbar.

Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen müssen nicht alleine mit ihrem Problem umgehen. Es gibt viele Angebote, die helfen, aus der schwierigen Lage zu entkommen und den Weg in die Abstinenz zu meistern. Mit der richtigen Unterstützung, geübten Skills und einer guten Anbindung kann auch eine Abhängigkeit langfristig bewältigt werden. Dennoch vergehen nicht selten Jahre, bis Betroffene sich Hilfe suchen. Jahre, in denen sich die Sucht weiter entwickeln und die Umstände verschlechtern können. Diese wertvollen Jahre vergehen häufig, aus Angst stigmatisiert und ausgegrenzt zu werden. Wäre es nicht sinnvoll die Realität der Sucht als zu bewältigende Krankheit wahrzunehmen und motivierte Betroffene dabei zu unterstützen?

Wichtig dafür ist die Entstigmatisierung: Weg von Vorurteilen, hin zur Realität. Aufklärung und Information können helfen diese Stigmata zu beseitigen. Der richtige Umgang und die Information über die Erkrankung können Toleranz und Einsicht entwickeln. So kann die Hilfe für Betroffene erleichtert werden. Durch Befähigen und Unterstützen der Personen kann nicht nur ein besserer Zugang zu Hilfeangeboten ermöglicht werden, sondern es können auch weitreichende Konsequenzen der Sucht durch eine zeitnahe Anbindung gemindert werden. Der Schlüssel ist Hinterfragen statt Verurteilen.

Informationen zum Thema Sucht auf www.caritas-kelheim.de auf der Unterseite der Fachambulanz für Suchtprobleme. Bei weiteren Fragen zum Thema Sucht stehen Ihnen die Mitarbeiter der Fachambulanz unter 09441/50 07 42 sowie jederzeit über die Onlineberatung zur Verfügung.

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