Veranstaltung
Patienten durch Wissen schützen

13.06.2019 | Stand 29.07.2023, 5:55 Uhr
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Deggendorfer Hygienetag informiert zu aktuellen Entwicklungen.

DEGGENDORF Was kann gegen ein häufigeres Auftreten der Tuberkulose unternommen werden? Wie begegnet man Keimen wie VRE, die an Bedeutung gewinnen? Wie wichtig sind Impfungen im Gesundheitswesen? Das waren nur einige Fragen, die beim Deggendorfer Hygienetag im Mittelpunkt standen. Mit diesen Themen haben die Veranstalter einen Nerv getroffen: Der ärztliche Direktor und hygieneverantwortliche Arzt des Donauisar Klinikum Deggendorf-Dingolfing-Landau, Dr. Josef Huber, und die Organisatorin Rita Reimprecht freuten sich über viele Besucher in der Deggendorfer Stadthalle. Die Einrichtungen, die sich mit dem Thema intensiv beschäftigen, können ihre Patienten am besten vor negativen Auswirkungen schützen.

Dr. Markus Schimmelpfennig, Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen am Gesundheitsamt Kassel, hielt einen spannenden und zugleich lebendigen Vortrag über Tuberkulose (TBC). Der Erreger der Tuberkulose ist bereits seit 70.000 Jahren „Begleiter“ der Menschen. Bis zum Jahr 2014 waren die Erkrankungen rückläufig und sind nun seit 2015 wieder auf ein höheres Niveau angestiegen. Tuberkulose manifestiert sich nicht nur in der Lunge, sondern kann auch andere Organe betreffen, so z. B. Knochen, Gelenke, Haut und sonstige Organe. Bei der Diagnose sei es wichtig, die Symptome des Patienten genau zu erfragen. Bei unspezifischen Symptomen wie Husten, Fieber, nicht abheilenden Wunden oder Hautschäden sollte auch an eine TBC gedacht werden. Zum Infektionsschutz des Personals sind bei offener TBC Schutzausrüstungen wie spezieller Mundschutz sowie Schutzkittel und Einmalhandschuhe erforderlich.

Einen probaten Weg zu einer optimalen Händehygiene zeigte Martin Niebius auf. Er ist Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum. Dort nimmt man seit 2016 an der Aktion „Saubere Hände“ teil und konnte 2019 das Gold-Zertifikat erreichen. Anhand von Beobachtungen im Hinblick auf korrekte Händedesinfektion konnte eine Steigerung der Compliance um 19 Prozent erreicht werden. Obwohl die Projekt-Idee klein anfing, war die Aktion auf relativ kurze Zeit erfolgreich, da die Betriebsleitung konsequent hinter dem Projekt stand. Zum Beispiel wurden alle Patientenbetten mit Spendersystemen für Desinfektionsmittel ausgerüstet.

Impfungen sind bei den Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen immer wieder ein Diskussionspunkt. Privatdozentin Dr. Annelie Plentz vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Regensburg referierte deswegen zu diesem Thema. Beim Gemeinschaftsschutz nimmt innerhalb einer zum größten Teil geimpften Population die Erkrankungs- und Infektionsfrequenz auch unter Nichtgeimpften ab. Für den Gesundheitsdienst werden Impfungen gegen Hepatitis B, Influenza, Pertussis, Masern, Mumps und VZV empfohlen. Beschäftigten der Pädiatrie, Geburtshilfe, Neurologie, Infektiologie und Gastroenterologie werden zusätzlich Impfungen gegen Röteln, Polio und Hepatitis A nahegelegt. Anhand einer Doppelblindstudie wurde gezeigt, dass die Impfung gegen Influenza 88 Prozent Wirksamkeit erreicht. Eine weitere Studie zeigte, dass es bei 849 Personen bezüglich Nebenwirkung bei Influenzaimpfung keine wesentlichen Unterschiede zwischen influenza-geimpften und placebo-geimpften (ohne Wirkstoff) Personen gab. Symptome wie Fieber, Müdigkeit, Wetterfühligkeit, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen waren sowohl bei geimpften als auch bei Placebo Teilnehmern ähnlich. Einzig an der Impfstelle (Oberarm) äußerten 63,8 Prozent der Influenza-geimpften Schmerzen – bei der Placebo-Kontrollgruppe waren es 24,1 Prozent. Die Expertin plädierte auch vehement für die flächendeckende Masernimpfung. Sie seien extrem ansteckend und können Komplikationen wie Gehirnhautentzündung und Lungenentzündung verursachen und können sogar tödlich enden.

Von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (Krinko) am Robert Koch Institut gibt es eine Empfehlung zur Verhütung von Gefäßkatheter-Infektionen. Dr. Johannes Tatzel, Institutsleiter der Krankenhaushygiene der Kliniken Landkreis Heidenheim zeigte auf, dass es verschiedene Probleme bei Umsetzung der Empfehlung gibt. Er zeigte anhand von Bildern unterschiedliche Vorgehensweisen der Desinfektion von Katheteransatzstücken. Die Hersteller von Medizinprodukten haben auf Empfehlung mit verschiedenen Produkten reagiert, was ebenfalls zu Diskussionen und Abwägungen führt. Dr. Tatzel hatte verschiedene Ansätze bezüglich sinnvoller Anwendung getestet und zeigte jeweils die Vor- und Nachteile auf.

Eine weitere Krinko Empfehlung gibt es zum Umgang mit Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE). Diese wurde von Claudia Schwarzkopf, Diplomchemikerin und Krankenhaushygienikerin des Instituts Schwarzkopf vorgestellt. Enterokokken kommen beim Menschen im Darm, bei Tieren und auch im Staub vor. In Kliniken muss eine Risikobewertung erfolgen, da Enterokokken als Erreger für Wundinfektionen und Harnwegsinfektionen in Frage kommen. In die Bewertung werden Risikopatienten (z. B. Intensivpatienten, Dialysepatienten) und Risikofaktoren (z. B. Antibiotikatherapie) einbezogen und daraus ein Maßnahmenbündel z. B. Schulungen des Personals, Screening von Risikopatienten, antiseptisches Waschen zusammengestellt. Konsequente Umsetzung der Basishygiene ist die wichtigste Maßnahme um eine weitere Zunahme von multiresistenten Erregern zu unterbinden, betonte Schwarzkopf.

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