Anstieg
Immer mehr Knie- und Hüft-OPs

04.06.2019 | Stand 28.07.2023, 14:19 Uhr
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Die Patienten werden immer jünger.

DEGGENDORF Immer häufiger werden in deutschen Kliniken Ersatzgelenke für geschädigte Hüften und Knie implantiert. Laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse stieg die Zahl der Operationen, bei denen Patienten ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk eingesetzt wurde, zwischen 2008 und 2018 bundesweit um jeweils 31 Prozent. Auch die Zahl der Folge-OPs wegen eines Gelenkaustausches oder Komplikationen wie einer Infektion ist deutlich gestiegen: bei Knieprothesen um 30, bei Hüftprothesen um 27 Prozent.

Laut dem Endoprothesenregister Deutschland, kurz EPRD, gehören Erstimplantationen von jährlich rund 141.000 künstlichen Hüft- und 113.000 Kniegelenken (2017) zu den häufigsten Operationen. Keine Frage: „Eine chirurgisch gut eingesetzte Endoprothese kann die Lebensqualität deutlich erhöhen“, sagt Robert Deindl vom Serviceteam der KKH Kaufmännische Krankenkasse in Deggendorf. „Sie kann nicht nur quälende Schmerzen nehmen, sondern die Beweglichkeit verbessern und auch Sportarten wie Radfahren und Wandern wieder ermöglichen.“ Erforderlich ist ein Ersatzgelenk, wenn das natürliche durch Verschleiß (Arthrose) abgenutzt oder auch durch einen Unfall zerstört ist und konservative Maßnahmen wie Physiotherapie ausgeschöpft sind.

Bei der deutlichen Zunahme an Knie- und Hüftprothesen-OPs stellt sich jedoch die Frage, ob die Eingriffe medizinisch immer notwendig sind oder ob hier auch wirtschaftliche Interessen der Krankenhäuser eine Rolle spielen. Auffallend ist laut der KKH-Auswertung auch, dass die Patienten immer jünger werden. Allein unter den Versicherten im Alter zwischen 45 und 59 Jahre haben im vergangenen Jahr doppelt so viele Männer und 44 Prozent mehr Frauen ein künstliches Kniegelenk erhalten als noch 2008. Auch wenn sich die sogenannte Standzeit von Kunstgelenken erhöht hat, sie also länger halten: Je jünger ein Patient bei der ersten Knie- oder Hüftgelenk-OP ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prothese ausgewechselt werden muss. Dabei ist zu bedenken: Wechseloperationen sind meist aufwendiger als die Ersteingriffe und führen häufiger zu Komplikationen.

„Sollte Ihnen Ihr Arzt empfehlen, ein künstliches Gelenk einsetzen zu lassen, so holen Sie vorab eine zweite unabhängige ärztliche Meinung ein“, rät Robert Deindl. „Das kann Ihnen mehr Sicherheit bei der Entscheidung für oder auch gegen eine Operation geben.“ Wie sehr sich das lohnen kann, zeigt eine Untersuchung der Universität Witten/Herdecke. Sie legt eine hohe Diskrepanz zwischen Erst- und Zweitmeinung offen. Demnach wurde die OP-Empfehlung bei Kniegelenken für lediglich 26 Prozent der Fälle bestätigt, bei Hüftgelenken für 57 Prozent. Das heißt, drei von vier Knieprothesen-OPs und fast jede zweite Hüftprothesen-OP erwiesen sich als vermeidbar. Stattdessen waren konservative Behandlungsmöglichkeiten wie beispielsweise gezielte Physiotherapie erfolgsversprechend. Nähere Informationen zum Zweitmeinungs-Angebot finden Interessierte unter www.kkh.de/zweitmeinung.

Ist eine Gelenkersatz-OP unausweichlich, sollten sich Betroffene erkundigen, wie erfahren Kliniken bzw. Operateure mit diesen Eingriffen sind. Hilfreich bei der Kliniksuche ist zum Beispiel die Weiße Liste: weisse-liste.krankenhaus.kkh.de.

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