Vortrag
Fettleber, die neue Volkskrankheit

07.02.2019 | Stand 03.08.2023, 6:15 Uhr
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Mit 100 Teilnehmern stößt das 17. Deggendorfer Gastroenterologieseminar auf große Resonanz.

DEGGENDORF Unangemessener Alkoholkonsum wird beim Stichwort „Fettleber“ sofort als Übeltäter gesehen. Tatsächlich ist aber der Lebensstil der westlichen Welt der wichtigste Verursacher einer Fettlebererkrankung. Die chronische Fettlebererkrankung ist mittlerweile die häufigste Lebererkrankung und wird in Deutschland bereits bei über zehn Millionen Menschen gefunden. Tendenz weiter steigend. Entsprechend groß war daher das Interesse am 17. Gastroenterologieseminar, das die Fettleberentzündung (Fachterminus NASH, non-alcoholic steato hepatitis) im Mittelpunkt stellte. Chefarzt Prof. Dr. Siegfried Wagner vom Donau-Isar Klinikum und der Ärztliche Kreisverband Deggendorf hatten als Experten Prof. Dr. Andreas Geier vom Uniklinikum Würzburg eingeladen und fast 100 Teilnehmer aus unterschiedlichen Bereichen der Medizin waren der Einladung gefolgt.

Bewegungsmangel und kohlenhydrat- und fettreiche Ernährung führen im Zusammenspiel mit genetischen Faktoren zu Übergewicht und Stoffwechselveränderungen der Leber. Diese ziehen Fetteinlagerungen in der Leber nach sich und begünstigen die Entstehung der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung, auf Englisch die „non-alcoholic fatty liver disease“, kurz NAFLD. Die Verfettung der Leber verursacht zunächst keine Schmerzen oder körperliche Beschwerden. Die meisten Patienten wissen daher gar nicht, dass sie eine Fettleber haben. Oftmals ist die Diagnose Fettleber ein Zufallsbefund, der von Arzt und Patient erst durch eine Erhöhung der Leberwerte im Blut oder durch Ultraschall bei einer Routine-Untersuchung festgestellt wird.

In den besonders gefährdeten Gruppen wie stark adipösen Menschen oder Personen mit Typ-2-Diabetes sind es laut Studien sogar bis zu 90 Prozent der Erkrankten. Alarmierend sind dabei insbesondere die Zahlen bei Kindern und Jugendlichen: Schätzungsweise 30 Prozent der stark übergewichtigen Kinder in Deutschland haben bereits in jungen Jahren eine Fettleber.

Eine NAFLD gilt nicht mehr als harmlose Fettansammlung in der Leber, sondern als eine ernsthafte Volkskrankheit mit zum Teil erheblichen Folgen für Stoffwechsel und Herz-Kreislauf-System. „Die kontinuierliche Entzündungsreaktion in der Leber greift auch auf andere Körperregionen über und triggert dort weitere Entzündungen und Komplikationen“, erläuterte Geier. So verdopple die NASH das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, und es gebe in diesem Patientenkreis deutlich mehr Fälle von Darm- und Pankreaskrebs.

So lange sich der Patient im Stadium einer reinen Fettleber oder einer Fettleberentzündung ohne Bindegewebsvermehrung befindet, ist eine vollständige Rückbildung der Veränderungen durch Regenerierung der Leber möglich. Daher ist eine frühzeitige Diagnose wichtig für die Prognose der Fettlebererkrankung. Meist sind für eine sichere Diagnosestellung eine Ultraschalluntersuchung und Laborbestimmungen ausreichend. Nur selten muss dafür eine invasive Leberpunktion mit feingeweblicher Untersuchung erfolgen.

Erster Schritt bei der Therapie von NASH-Patienten sollte immer der Versuch sein, sie zu einer Veränderung ihrer Lebens- und Essgewohnheiten zu bringen – weniger Kalorien und mehr Bewegung. „Eine aktuelle prospektive Studie hat jedoch auch gezeigt, dass es selbst mit Kalorienreduktion, intensiviertem Sportprogramm und psychologischer Betreuung gerade einmal 30 Prozent der NASH-Patienten schafften, ihr Gewicht um mehr als fünf Prozent zu reduzieren“, erläuterte Prof. Geier. Für die Behandlung einer Fettleber gibt es bis heute noch kein zugelassenes Medikament. Allerdings werden zahlreiche pharmakologische Wirkstoffe derzeit im Rahmen von Studien auf ihre Wirkung bei NAFLD, NASH und Fibrose untersucht. Diese werden in Zukunft sicherlich neue Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen und bereits 2020 wird mit der Zulassung des ersten Medikamentes für die NASH gerechnet. Als Wermutstropfen dieses bevorstehenden erfreulichen medizinischen Fortschritts bezeichnete Prof. Geier die resultierenden Therapiekosten, welche in Milliardenhöhe erwartet werden.

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