„Kein Streichelzoo“
Selfie-Stress auf der Pferdekoppel – rücksichtslose Touristen sorgen für Verärgerung

28.01.2021 | Stand 13.09.2023, 6:58 Uhr
−Foto: n/a

Julia Wittmann ist sauer. Richtig sauer. Denn die Frau aus Hinterwies in der Gemeinde St. Englmar ist mit ihrem Latein am Ende. Was sie so in Rage bringt? Die Ignoranz, der Leichtsinn, ja, die Dummheit mancher Touristen in dem beliebten Skigebiet.

St. Englmar. Zusammen mit ihrem Mann Klaus hält Julia Wittman Pferde, neun süddeutsche Kaltblüter, alles Hengste. Stall und Koppeln befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Skilift Hochpröller. Touristen sind also vorprogrammiert. Doch von denen verhalten sich nicht alle rücksichtsvoll, geschweige denn wie Gäste.

„Ich könnte mittlerweile ganze Bücher schreiben, was ich schon alles erleben musste“, erzählt die junge Frau und schüttelt den Kopf. Immer wieder Ziel der Touristen: die Pferde der Wittmanns. Die Tiere werden gefüttert, erschreckt, mit Schneebällen beworfen. Es klettern sogar Leute durch die elektrischen Zäune, um Selfies mit den Tieren zu machen. „Unsere Koppeln sind kein Streichelzoo“, ärgert sich Julia Wittmann. Wenn ihren Pferden irgendetwas zu fressen gegeben wird, das sie nicht vertragen, und sie Koliken bekommen, sind sie ernsthaft in Gefahr. Dazu kommen noch hohe Tierarztkosten. Wenn es um das Wohl ihrer Tiere geht, verstehen Julia und Klaus Wittmann keinen Spaß. An den Koppeln stehen Warntafeln, die ein Betreten des Grundstücks und das Füttern der Tiere untersagen. Auch der Hinweis auf die elektrischen Zäune ist nicht zu übersehen.

Doch manche Touristen hält das nicht ab, sie gehen trotzdem auf die Weiden, packen die Pferde zum Teil sogar am Halfter, nur um womöglich einen Schnappschuss für Facebook, Instagram & Co. zu bekommen. Was sie dabei offenbar nicht bedenken: Sie begeben sich dabei durchaus in Gefahr. Ein scheuendes Pferd kann einen Menschen ernsthaft verletzen.

„Wie viele Tafeln soll ich denn noch aufstellen?“, fragt Julia Wittmann. Wenn sie solche Vorfälle beobachtet, stellt sie die Touristen zur Rede. Ob es denn sein müsse, dass die Leute ihre leeren Flaschen und Kaffeebecher auf die Koppeln werfen oder, noch schlimmer, ihre Tiere angehen? Doch von Einsicht kann nur selten die Rede sein. „Viele sind einfach nur ignorant oder werden sogar pampig“, ärgert sich die Pferdehalterin.

Kürzlich hat Julia Wittmann ihrer Wut im sozialen Netzwerk Facebook Luft gemacht und hat damit eine enorme Resonanz ausgelöst. Über 300 Mal ist ihr Statement geteilt worden und so mancher Kommentar zum Verhalten mancher Pröllerbesucher fällt durchaus kräftig aus.

Die Familie Wittmann hat alles getan, was ihr möglich ist. Zäune, Elektrozäune, Warntafeln – mittlerweile sogar Bewegungsmelder und Videoüberwachung. Doch die Hoffnung auf Besserung hält sich in Grenzen. Leider.

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