Prozess in Regensburg
Hat ein heute 58-Jähriger im Jahr 2014 die Kommunalwahlen in Geiselhöring manipuliert?

27.01.2020 | Stand 13.09.2023, 0:21 Uhr
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Hat ein heute 58-Jähriger im Jahr 2014 die Kommunalwahlen in Geiselhöring im Landkreis Straubing-Bogen manipuliert? Diese Frage muss nun das Landgericht Regensburg klären. Der Angeklagte kam in prominenter Begleitung. Fernsehanwältin Ricarda Lang und ihre Kollegin Daniela Gabler aus München nahmen neben ihrem Mandanten Platz. Zum Prozessauftakt am Montag, 27. Januar – immerhin auch schon der fünfte Anlauf – gab es allerdings zunächst erneut Verzögerungen ...

GEISELHÖRING Der 2014 abgewählte Bürgermeister der Stadt Geiselhöring saß im Saal unter den Zuhörern. Darf er das, könnte er doch im Laufe des Verfahrens als Zeuge gehört werden? Rechtsanwältin Ricarda Lang kündigte an, einen umfassenden Beweisantrag zu stellen, der Ex-Bürgermeister sollte dann Zeuge sein. Richter Schirmbeck stellte es dem ehemaligen Kommunalpolitiker anheim, von selbst den Raum zu verlassen, dies tat er nicht – Anwältin Lang stellte den förmlichen Antrag auf Ausschluss. Über diesen Antrag musste also zunächst beraten werden. Letztlich musste der ehemalige Bürgermeister den Saal verlassen. Ein weiterer Zuschauer, der im Laufe des Vormittages in den Saal gekommen war, zeigte sich da einsichtiger, er verließ freiwillig den Saal. Ansonsten wäre es zu einer weiteren Unterbrechung gekommen.

Zuvor hatte die fünfte Kammer unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Schirmbeck entschieden, dass die Anklageschrift öffentlich verlesen wird. Lang hatte beantragt, die Seiten 4 bis 24 der 25-seitigen Anklageschrift nicht-öffentlich zu verlesen. Richter Schirmbeck verkündete nach einer längeren Pause, dass das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit höher wiege, als der Schutz des Angeklagten.

Die beiden Verteidigerinnen des Angeklagten hatten bereits am Wochenende über ein Pressebüro eine Stellungnahme verschicken lassen – mit Sperrfrist. Erst nach Verlesung der Anklage durfte diese veröffentlicht werden. Das Strafverfahren gegen Karl B. sei „ein politischer Prozess“, so die einleitenden Worte. Die Stadt Geiselhöring wolle ihr eigenes Versagen vertuschen und „die Verantwortung für die (aus selbst verschuldeten Gründen zu wiederholende) erneute Wahl einem unbescholtenen Bürger“ zuschieben. „Karl B. ist ein Bauernopfer unfähiger Politiker, die ihr eigenes Versagen kaschieren wollen“, so die Anwältinnen weiter. Das Landgericht Regensburg habe im Zivilverfahren klar deutlich gemacht, dass „die Voraussetzungen für das aktive Kommunalwahlrecht nicht mit der notwendigen Sorgfalt geprüft“ worden sei. So seien „erkennbar nicht wahlberechtigte Personen zur Wahl zugelassen“ worden. Trotz aller Missstände habe der Landkreis Straubing-Bogen die Stadt Geiselhöring nicht in Regress genommen „Weiterhin wird Karl B. mit Klagen überzogen. Sein Unternehmen wird zerstört, Arbeitsplätze vernichtet“, so die Mitteilung. Die Wahl sei von vorne herein ungültig gewesen, der Bürger werde „seit Jahren mit der Unwahrheit“ bedient. Der „kommunale Sumpf“ werde durch das Justizministerium gestützt. „So vermischt sich politische Vertuschung mit der Durchführung eines fairen Strafprozesses“, so die Anwältinnen.

Vor Gericht äußerte sich der Angeklagte nicht. Der Montagvormittag endete nach der Verlesung der Anklageschrift. Für den Nachmittag hatte Lang weitere Anträge angekündigt, Richter Schirmbeck plant zudem, den bisherigen Verlauf des Verfahrens darzulegen. Der Prozess wird am Donnerstag, 30. Januar, fortgesetzt.

Straubing-Bogen