Landgericht Regensburg
Komplexes Puzzle rund um den Tod eines 93-jährigen Österreichers im „Bayern-Ei“-Prozess

06.11.2019 | Stand 13.09.2023, 0:52 Uhr
−Foto: n/a

Für den Prozess „Bayern-Ei“ ist am Dienstag, 5. November, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie und Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Köln, Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer, nach Regensburg gereist. Vor dem Landgericht schilderte er den Krankheitsverlauf eines damals 93-jährigen Österreichers, der im Jahr 2014 in Folge einer Salmonellenerkrankung gestorben sein soll, die mit dem Fall „Bayern-Ei“ zusammenhängen könnte.

REGENSBURG Dabei ging es konkret um die Frage, ob die zweite Erkrankung des Seniors eine neue, von der ersten unabhängige Infektion war oder ob es sich dabei um ein und dieselbe Erkrankung handelte und die zweite Infektion einen Rückfall darstellte. Am 6. Juli 2014 wurde der Österreicher wegen Durchfalls erstmals in der Klinik Innsbruck aufgenommen. Es wurde eine Salmonelleninfektion erkannt, eine der häufigsten Infektionen durch Lebensmittel, sie ist in den meisten Fällen harmlos und wird ambulant behandelt, so Fätkenheuer. In seltenen Fällen – diese seien jedoch schwer erkennbar – kann eine Salmonelleninfektion systematisch verlaufen und ist dann nicht nur im Darm, sondern kann sich auch auf andere Organe ausbreiten. Fätkenheuer vermutet eine solche systematische Infektion, betonte aber immer wieder, wie komplex der Fall des 93-jährigen Österreichers sei, dessen Zustand bereits vor der Salmonelleninfektion kritisch war. Im Krankenhaus wurden ihm sachgerecht Antibiotika verabreicht, ohne die er laut Fätkenheuer wahrscheinlich nicht einmal die ersten Tage überlebt hätte, die aber bekanntlich das Darmmilieu zerstören, sodass sich gefährliche Bakterien leichter ausbreiten können. Das hohe Alter sei zudem ein Risikofaktor, besonders bei einem langen Krankenhausaufenthalt ohne Bewegung und im Normalfall mit schlechterem Essen. All dies führe zu einer Schwächung eines ohnehin schon geschwächten Immunsystems, so Fätkenheuer. Nachdem sich der Senior langsam erholt hatte, wurde er zunächst in ein anderes Krankenhaus verlegt und schließlich entlassen, wobei bereits bei der Entlassung wieder Auffälligkeiten auftraten. Nach elf Tagen zuhause wurde er erneut in der Klinik Innsbruck aufgenommen, wo er schließlich nach einem Kreislaufversagen verstarb. Der Leichnam wurde nicht obduziert, die Todesursache kann daher nicht genau bestimmt werden.

Fätkenheuer erklärte vor Gericht mithilfe einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, dass eine zweite, unabhängige Infektion „extrem unwahrscheinlich“ sei, sodass er von einer systematischen Infektion ausgehe. Jede Diagnose einer Infektion sei jedoch wie ein Puzzle: Es gilt stets, alle Teile zusammenzutragen, manchmal fehlen einzelne Teile, doch oft sei das Bild trotzdem erkennbar. Was dies im Fall „Bayern-Ei“ möglicherweise zu bedeuten hat, bleibt abzuwarten.

Am Mittwoch, 6. November, wird der Prozess fortgesetzt.

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