Corona-Pandemie
Ethanol statt Edel-Brände – Traditionsbrennerei stellt jetzt Alkohol für Desinfektionsmittel her

07.04.2020 | Stand 03.08.2023, 14:36 Uhr
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Die Traditionsbrennerei Schraml im Oberpfälzer Steinwald hat ihre Produktion wegen der Corona-Pandemie umgestellt – und brennt jetzt Alkohol für Desinfektionsmittel

Erbendorf/Landkreis Tirschenreuth. Wo sonst edelste Tropfen wie die bayerische Whisky-Rarität „Stonewood 1818“ geboren werden, entstehen derzeit täglich mehrere hundert Liter Neutralalkohol, um Kliniken und Apotheken zu versorgen. Einer der derzeit gravierendsten Engpässe hierzulande ist nach wie vor die ausreichende Versorgung mit Desinfektionsmitteln: „Nachdem sich die Anfragen von Apotheken aus der Region und zuletzt auch von den Corona-Krisenstäben der umliegenden Landratsämter gehäuft hatten, mussten wir handeln“, sagt Gregor Schraml, einer der Geschäftsführer der Steinwald-Brennerei in Erbendorf (Kreis Tirschenreuth). Das Unternehmen zählt zu den leistungsfähigsten Destillerien in der Region. Die ersten 1.000 Liter des 80-prozentigen Ethanols haben die Traditionsbrenner bereits ausgeliefert.

Gregor Schraml wirkt sehr entschlossen in diesen Tagen. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, die Folgen der Corona-Pandemie möglichst schnell in den Griff zu bekommen, sagt er. Und so entschied er vor einigen Tagen kurzerhand, seinen Brennereibetrieb bis auf weiteres zur Herstellung von Neutralalkohol zu nutzen, um Apotheken und Kliniken damit in die Lage zu versetzen, dringend benötigte Desinfektionsmittel zu produzieren.

„Für uns ist das schon ein enormer Kraftakt, denn für die Ethanol-Produktion müssen wir unsere Herstellungsprozesse und Anlagen zum Teil komplett umstellen. Aber wir bekommen das hin“, berichtet der Geschäftsführer. Erschwerend komm derzeit noch hinzu, dass er dabei auf einen Teil seiner Belegschaft verzichten muss. Denn seine tschechischen Fachkräfte können derzeit aufgrund der Grenzschließung durch die tschechische Regierung – sie gilt auch für Berufspendler – nicht nach Erbendorf kommen.

Gregor Schraml rechnet dennoch damit, dass er zusammen mit seinem Team die Produktionsmenge in den nächsten Tagen auf etwa 400 Liter täglich hochfahren kann. „Und wir machen das so lange wie nötig“, sagt er. Der normale Brennereibetrieb geht trotz der umfangreichen Notfall-Maßnahmen weiter, um die Kunden der Edelbrennerei auch in dieser besonderen Zeit zuverlässig mit „Stonewood“-Whisky, dem „Kaiser Hill 16“-Gin oder den anderen Edelbränden und Likören zu versorgen.

Der „Stonewood“ gilt als Rarität unter Whisky-Kennern: Nur wenige hundert Flaschen füllt die Oberpfälzer Traditionsbrennerei jedes Jahr ab. Das ist inzwischen viel zu wenig, um die Nachfrage zu befriedigen: Mehrere tausend Bestellungen liegen nach Angaben der Destillerie vor. „Das ist weit mehr, als wir liefern können“, sagte Gregor Schraml einmal in einem Interview. Auf Jahre hin ist der „1818“ komplett ausverkauft - und das, obwohl der Flaschenpreis in den vergangenen sieben Jahren auf 120 Euro stieg und sich damit fast verdoppelte. Zehn Jahre reift der „Stonewood 1818“ in Eichenfässern, bei üblichem Konsumwhisky sind es in der Regel zwei bis vier Jahre. Die Fachwelt überhäuft die Steinwald-Brennerei mit Auszeichnungen: Die renommierte „Whisky-Bibel“ Jim Murray‘s führt ihn beispielsweise in der Kategorie „brilliant“.

Schwandorf