Justiz
Befangenheitsantrag – Wolbergs-Anwalt sieht die „richterliche Unabhängigkeit“ in Gefahr

16.10.2019 | Stand 13.09.2023, 0:46 Uhr
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Man sehe einen Grund zur Annahme, dass die Kammer eine „innere Haltung“ eingenommen habe, die die richterliche Unabhängigkeit beeinflusse – so begründete Peter Witting, warum er im Namen seines Mandaten Joachim Wolbergs die drei mit dem Prozess befassten Berufsrichter ablehne. Die beiden Schöffen schloss Witting dabei ausdrücklich aus, gegen diese richte sich sein Antrag, die Richter für befangen zu erklären, nicht!

REGENSBURG Der zweite Prozesstag im Verfahren „Wolbergs 2“ verlief anders, als alle zunächst gedacht hatten. Am Morgen hatte Richter Georg Kimmerl erklärt, er habe eine Verfügung der Staatsanwaltschaft auf seinem Schreibtisch vorgefunden. Die Verfügung besagt, dass Spendenzahlungen nicht in den Gesamtrechenschaftsbericht der SPD für das Jahr 2015 eingeflossen sind und somit kein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliege. Konsequenzen hat diese Verfügung auch für das Urteil gegen Bauträger Volker Tretzel. Nach Auskunft des Schatzmeisters der SPD sei der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2015 im Oktober 2016 überarbeitet worden. Man habe die Spenden aus dem Umfeld des Bauträgers Tretzel als „zweifelhaft“ gewertet und deshalb an den Bundestagspräsidenten abgeführt. Somit könne kein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegen. Das führt nun zu einer neuerlichen Revision, diesmal seitens der Staatsanwaltschaft. Eine entsprechende Pressemitteilung wurde zeitnah verschickt.

In der Folge gab Richter Kimmerl bekannt, dass der Antrag des Verteidigers Witting auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt wird. Die Kammer sehe zwei vertretbare Meinungen auf Seiten der Verteidigung und des Oberlandesgerichtes Nürnberg. Im Kern schließe man sich aber – „zum jetzigen Zeitpunkt“ – der Ansicht des OLG an. Dies veranlasste Peter Witting, um Unterbrechung zu bitten. Er wolle einen unaufschiebbaren Antrag formulieren. Um 13 Uhr wurde die Verhandlung fortgesetzt – Witting führte seinen Antrag aus, die drei Berufsrichter für befangen zu erklären. Die Tatsache, dass die Kammer eine der Anklagen gar nicht erst zulassen wollte und sich dem Beschluss des Oberlandesgerichtes (OLG) Nürnberg beugen musste, sei entscheidend. Schon vor dem Prozesstag am Mittwoch hatte Witting mitgeteilt, dass die Kammer nun die Möglichkeit hätte, ihre Rechtsauffassung kundzutun. Nun aber sei es offenbar so, dass sich die drei Berufsrichter „davor drücken, Farbe zu einem Befassungsverbot zu bekennen“, so Witting. Der mehrfache Verweis auf das OLG als übergeordnete Behörde lasse den Schluss zu, dass die Kammer am Landgericht Regensburg bereit sei, „die eigene rechtliche Überzeugung aufzugeben“ und lediglich das zu exekutieren, was das OLG entschieden hat. Hier sieht Witting die richterliche Unabhängigkeit in Gefahr. Im Weiteren stützte Witting seinen Antrag auf terminliche Überschneidungen zwischen einem rechtlichen Hinweis, der Zustellung dieses Hinweises an die Verfahrensbeteiligten und die Ansetzung weiterer Termine über den 28. Januar 2020 hinaus an.

Seitens der Staatsanwaltschaft führte Wolfgang Voit aus, dass der Antrag schon etwas überrasche. Es liege in der Natur der Sache, dass sich eine Kammer bei einer Zwischenentscheidung einer Seite argumentativ anschließe. Die Kammer habe deutlich gemacht, dass es sich um eine „vorläufige Rechtsauffassung“ handle. Richter Georg Kimmerl beendet nach diesen Ausführungen den Sitzungstag.

Der Pressesprecher des Landgerichtes, Thomas Polnik, erläuterte im Anschluss der Presse das weitere Verfahren. Es werde nun „dienstliche Äußerungen“ der drei Berufsrichter geben. Diese Äußerungen gehen dann an die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer am Landgericht Regensburg. Welche das ist, konnte Polnik spontan nicht sagen. Vom Zeitplan her gelte, dass eine Entscheidung „so schnell wie möglich“ erfolgen soll. Für das Hauptverfahren gelte eine Unterbrechungsfrist von maximal drei Wochen. Sollte diese überschritten werden, müsste ein neuer Prozess begonnen werden. Er gehe also davon aus, dass man versuchen werde, eine schnelle Entscheidung herbeizuführen. Ob der nächste Prozesstag, der für den 23. Oktober angesetzt ist, gehalten werden kann, steht aber noch nicht fest.

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