Justiz
Croissant gegessen und nicht bezahlt – 60-Jähriger saß wegen 49 Cent vor der Amtsrichterin

15.08.2019 | Stand 13.09.2023, 0:19 Uhr
−Foto: n/a

Sie waren noch warm, dufteten lecker – und da griff ein 60-Jähriger zu. Vier Croissants wanderten Mitte April dieses Jahres in einem Regensburger Einkaufsmarkt aus dem Regal des Selbstbedienungsbackshops in die Tüte. Und weil sie gar so lecker rochen, aß der 60-Jährige eines der Croissants im Wert von 49 Cent gleich noch im Laden auf und vergaß, es zu bezahlen. Deshalb saß er nun am Mittwoch, 7. August, auf der Anklagebank – „Diebstahl mit Waffen“ warf die Staatsanwaltschaft dem Regensburger vor. Denn: Am Gürtel trug der rührige Hausmeister zur Tatzeit ein Leatherman-Multiwerkzeug.

REGENSBURG Es gibt immer wieder kuriose Fälle, mit denen sich deutsche Gerichte befassen müssen. Richterin Cora Willi hatte es kürzlich mit solch einem Fall zu tun. Er verleitete sie mehrfach zu Augenrollen und zu vielsagenden Blicken in Richtung Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Was war passiert?

Kurz vor Ostern war ein Grillabend geplant, deshalb ging es in den Supermarkt, der 60-Jährige und seine Lebensgefährtin packten allerlei Leckereien in den Wagen – der Kassenbon sollte am Ende über 60 Euro betragen. Während des Einkaufs kam man am Backshop vorbei, entdeckt die leckeren Croissants – „die waren noch warm“, so der Regensburger vor Gericht. Und weil sie eben so lecker dufteten und er großen Hunger hatte, aß der 60-Jährige kurzerhand eines der Croissants noch im Laden auf. Die Tüte mit drei weiteren Croissants legte er auf den Kindersitz im Einkaufswagen, um an der Kasse nicht zu vergessen, dass er ja eigentlich vier Gebäckstücke bezahlen muss. Kurz vor der Kasse nahm das Unheil dann seinen Lauf. Man hatte das Hundefutter vergessen – der Regensburger machte sich auf, um selbiges zu holen. Seine Lebensgefährtin legte in der Zwischenzeit die Waren aus dem Einkaufswagen aufs Kassenband – auch die Croissant-Tüte wanderte zu den anderen Einkäufen. Schnell legte man das Hundefutter dazu, zahlte etwas mehr als 60 Euro und verließ den Markt. Doch da stand er – der Ladendetektiv und wollte wissen, warum er das Paar aufhalte. Zunächst war man sich keiner Schuld bewusst, bis sich der 60-Jährige an das gegessene Croissant erinnerte und es gleich bezahlen wollte. Doch dazu sollte es nicht kommen, der Mann wurde ins Büro gebeten und da entdeckte dann der Detektiv auch das Multiwerkzeug am Gürtel des erwischten „Ladendiebes“. Und so wurde aus einem gegessenen Croissant ein „Diebstahl mit Waffen“, der vor dem Amtsgericht Regensburg landete.

Richterin Willi hörte sich geduldig die Aussage der Lebensgefährtin an, die nicht wirklich mitbekommen hatte, dass ihr Freund das Hörnchen gegessen hat – „er hat schon gekaut“, aber was, das wisse sie nicht. Und das kleine Werkzeug habe ihr Freund immer dabei, er sei Hausmeister und bastle immer an irgendetwas herum. An noch weniger konnte sich letztlich der Ladendetektiv erinnern, er habe jeden Tag so viele Fälle – und die Ausrede, man habe nur vergessen zu zahlen, höre er auch ständig, „das ist typisch, das sagen alle“. Wie das Paar letztlich genau auf den Vorwurf des Diebstahls reagiert hat, wisse er auch nicht mehr, er glaube die Ausrede eh nicht.

Nach den Aussagen bat Richterin Willi zum Rechtsgespräch. Das Verfahren wurde nach Paragraph 153 der Strafprozessordnung wegen Geringfügigkeit eingestellt Richterin Willi gab dem 60-jährigen Regensburger mit auf den Weg, das nächste Croissant im Laden nur halb zu essen – oder am besten gar nichts zu essen. „Sie sehen, wohin das führen kann“, so Willi. Im vorliegenden Fall führte es zu 44 Minuten Verhandlung und jeder Menge Kosten für die Staatskasse ...

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