Wie offenherzig sind wir?
Dieser Vorbild-Flüchtling bekommt nur Absagen bei der Wohnungssuche

03.02.2019 | Stand 13.09.2023, 0:41 Uhr
−Foto: n/a

Ein junger Iraker fand eine Ausbildung, doch Wohnung scheint für ihn aussichtslos zu sein. Warum ist das so und wie offenherzig ist unsere Gesellschaft wirklich?

REGENSBURG Alle Welt redet von Integration. Doch Ahmed Meezal hat es zum größten Teil selbst geschafft. Seit September macht er eine Ausbildung als Zahnarzthelfer im Landkreis Regensburg. Täglich steht er um 6 Uhr morgens auf, nimmt den Bus und fährt von seiner Unterkunft in der Dieselstraße in den Landkreis. Um 8 Uhr ist Arbeitsbeginn. Bis 18 Uhr gehen die Arbeitstage, dann fährt er wieder mehr als eine Stunde lang bis in die Unterkunft. „Ich mache es gerne. Ich will etwas erreichen“, sagt der 24-Jährige.

„Alles ist besser als im Irak zu leben“

Alles ist besser als im Irak. Das sagt Ahmed auch. Wer verstehen will, warum sich hunderttausende Menschen aufmachten, um den Nahen Osten zu verlassen, der muss mit einem wie Ahmed sprechen. „Seit ich ein Kind bin, kenne ich Krieg“, sagt er. Sein Deutsch ist im Laufe der Zeit immer besser geworden. Ahmed lernt wissbegierig. Wenn er ein Wort in der Berufsschule nicht kennt, medizinische Fachbegriffe beispielsweise, dann schlägt er sie abends nach. „Ich habe meinen Bruder verloren, er war erst 18“, berichtet er. Hin und wieder sieht er sein Gesicht deutlich vor sich, dann wird Ahmed sehr traurig. Er erinnert sich auch daran, wie eine Bombe sein eigenes Bein verletzte. „Ich habe es eigenhändig genäht, wie im Film.“ Was Ahmed widerfuhr, das erzählt er nicht, um Mitleid zu erregen. Er will klarmachen, warum er eine Zukunft hierzulande sucht. Einfach ist das nicht. Ahmed ist abgelehnter Asylbewerber. Doch gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration hat er geklagt.

Das war im April 2017. „Bis heute habe ich keinen Termin bekommen.“ Das ist schon so lange her, dass das Ausländeramt der Stadt Regensburg lieber eine Ausbildung genehmigte, als den jungen Mann noch länger einfach rumsitzen zu lassen.

„Im Irak gibt es so etwas wie einen Staat nicht“

Seit Kurzem hat Ahmed noch ein Schreiben in Händen. Es ist von der Regierung der Oberpfalz, er hat die Genehmigung, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Doch das ist nicht einfach.

„Ich habe schon 40 Absagen erhalten“, zeigt uns Ahmed. Sie sind alle auf seinem Smartphone. Dieses Gerät, in der Debatte um junge Flüchtlinge wie ihn oft gescholten, ist sein Draht zur Welt.

Ahmed versteht nicht, warum er nur Absagen bekommt. „Ich bewerbe mich um Zimmer zwischen 20 und 50 Quadratmeter zwischen 350 und 500 Euro“, sagt er. Ganz normal also. Er bekommt ja Geld für seine Ausbildung, zudem stehen ihm aber, wie jedem, der als Erwachsener eine Ausbildung macht und deshalb wenig verdient, Wohngeld zu. Die Miete ist also gesichert. „Ich dachte immer, in Deutschland sei jeder gleich. Das Land ist doch so stolz darauf. Warum bekomme ich also nur Absagen?“ Wer Ahmed darauf anspricht, wie er es findet, für jeden Schritt ein Dokument einer Behörde zu brauchen, der erntet ein breites Grinsen. „Ja, das ist so in Deutschland. Das muss man respektieren.“ Wie es in seinem Land sei? „Im Irak gibt es keinen Staat. Da geht man zu dubiosen Leuten und zahlt.“ Auf seiner Flucht über die Türkei und Kroatien war Ahmed mehrmals im Gefängnis. Nicht jedes Land nahm die Flüchtlinge damals so mit offenen Armen auf wie Angela Merkels Deutschland. „Das war eine sehr harte Zeit.“ Ahmed macht nur Andeutungen, dass die Flüchtlinge erpresst wurden, wie man sie behandelte. Die Welt ist eben nicht überall so wie im beschaulichen Regensburg. Sie ist, redet man mit Menschen wie Ahmed, mitunter ein recht bescheidener Ort.

Kontakt mit Ahmed über Handy oder Mail

Wer Ahmed helfen will, eine Wohnung zu finden, kann dies gerne tun. Kontakt kann man mit ihm aufnehmen über die Telefonnummer 0176/24292787 oder per Mail unter Ahmedsalahmezaal@gmail.com.

Die Wohnung muss allerdings in der Stadt Regensburg sein, auch wenn Ahmed natürlich gerne an seinem Arbeitsort wohnen würde. „Das geht aber leider nicht, denn sonst müsste man alle meine Unterlagen über das Asylverfahren an eine andere Behörde geben.“

In Deutschland sind Papiere eben manchmal überlebenswichtig. Ahmed kann darüber lachen. Und er ist froh, dass es hier nicht so ist wie im Irak.

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