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Kassier ließ 139.000 Euro verschwinden - jetzt will keiner seinen Job!

01.02.2019 | Stand 13.09.2023, 1:39 Uhr
−Foto: n/a

Mehr als ein halbes Jahr, nachdem ein Finanzskandal beim SV Wenzenbach publik wurde, sucht der Verein händeringend nach einem Kassier. Mitglieder sind entsetzt darüber, dass man in einer Art Hauruck-Aktion für kommenden Sonntag einlädt.

REGENSBURG Nachdem, was im Sommer 2018 über den SV Wenzenbach bekannt wurde, wundert es vielleicht niemanden mehr – und doch sind einige Mitglieder bass erstaunt über die Mail, die Vorstand Gerhard Bäumler am Donnerstag, 31. Januar, kurz vor 14 Uhr verschickte. Darin heißt es:

„Die Jahreshauptversammlung mit Neuwahlen steht am kommenden Sonntag, 03.02.2019, um 14.00 Uhr bevor. Neuwahlen der Vorstandschaft wurden angesetzt.“ Bäumler räumt aber ein, dass er bereits am 1. Januar 2019 darüber informiert hatte, dass vor allem auch die Position des Schatzmeisters neu besetzt werden muss. Pikant: Um diese Position hatte sich im Juni 2018 ein Skandal entsponnen, der für einen Verein im Landkreis Regensburg einmalig sein dürfte. Eine Wirtschaftsprüfer-Gesellschaft hatte nach dem Tod des damaligen Schatzmeisters einen Fehlbetrag von mindestens 139.000 Euro in den Kassen festgestellt.

 

Doch offenbar scheint seither wenig in Sachen Neubesetzung passiert zu sein: „Leider blieb dieser Aufruf ohne Ergebnis“, schreibt Bäumler in seiner Mail.

Und weiter: „Die vergangenen 15 Monate mit allen bekannten Problemstellungen haben deutlich gemacht, dass es ohne weitere professionelle Unterstützung nicht mehr möglich ist, den Vereinsbelangen umfassend und wünschenswert zeitnah nachzukommen. Daher noch einmal der dringende Aufruf sich für eine Aufgabe auf Zeit zur Verfügung zu stellen. Der SVW braucht jetzt Unterstützung um sich zeitnah und umfassend zukunftsorientiert entwickeln zu können.“

 

Der Hilferuf des Vorstands beinhaltet auch das Angebot, den neuen Schatzmeister in finanztechnische und juristische Hintergründe einzuarbeiten. Doch nach dem, was letztes Jahr bekannt wurde, scheint sich tatsächlich niemand zu finden für den Posten.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des SV Wenzenbach hatte der Vorstand die Mitglieder im Juni 2018 über die finanziellen Missstände des Vereins informiert. Der ehemalige Kassier, der im November 2017 verstarb, hatte mindestens in den letzten zehn Jahren etwa 139.000 Euro veruntreut. Die Mitglieder stimmten damals in einer geheimen Wahl mit großer Mehrheit für einen Vergleich mit der Erbengemeinschaft. Das Wochenblatt hatte bereits im Vorfeld der Sitzung über den fehlenden Betrag berichtet.

Bäumler erläuterte auf der Versammlung damals den Sachverhalt so: Nach dem überraschenden Tod des Kassiers des Hauptvereins im November 2017 musste die Vorstandschaft die Kassengeschäfte übernehmen. Dabei fielen finanzielle Unregelmäßigkeiten auf und die Vorstandschaft beauftragte eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die SLP Treuhand GmbH. Diese führte eine außerordentliche Kassenprüfung der Jahre 2008 bis 2017 durch und erstellte ein Prüfungsgutachten.

Diese Wirtschaftsprüfung der letzten zehn Jahre hatte ergeben, dass der verstorbene Kassier in diesem Zeitraum Gelder in Höhe von circa 139.000 Euro veruntreut hatte. Die Veruntreuung erfolgte unter anderem durch abweichende, beziehungsweise vom damaligen Kassier selbst erstellte Buchungsbelege. Diese bezogen sich auf fiktive Zahlungen an Betreuer oder Verbände, die dann auf das Privatkonto des Kassiers überwiesen wurden. Sperl betonte in seinem Bericht, dass das Vorgehen des verstorbenen Kassiers selbst für ihn – als erfahrener Wirtschaftsprüfer – auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar gewesen sei. Die Hinterbliebenen wussten von der Veruntreuung nichts und haben sich auch finanziell dadurch nicht bereichert, hieß es damals.

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