Schrecklicher Vorfall in NRW
Einjähriges Kind tot – Pflegevater unter Verdacht – Jugendämter in der Kritik

10.01.2019 | Stand 13.09.2023, 1:44 Uhr
−Foto: n/a

Ein Kind muss in eine Pflegefamilie, weil die Eltern sich nicht ausreichend kümmern können – und nun ist das Kind tot! Diese schreckliche Meldung kommt aus Nordrhein-Westfalen. Dort wurde am 3. Januar in Plettenberg ein schwer verletztes Kind in die Klinik geflogen – dort starb das einjährige Kind wenige Stunden später.

PLETTENBERG/NORDRHEIN-WESTFALEN Nach Auskunft der Polizei ergab die Obduktion, dass „die Verletzungen und letztlich der Tod des Kindes auf Gewalteinwirkung zurückzuführen“ sind. Die Pflegeeltern wurden festgenommen, die Ermittlungen konzentrieren sich zwischenzeitig auf den Pflegevater. Weitere Informationen gibt es aktuell noch nicht: „Bei Vorliegen neuer Erkenntnisse wird unaufgefordert nachberichtet. Von weiteren Rückfragen bitten wir, gegenwärtig abzusehen“, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft Hagen und der Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis.

Das Jugendamt der Stadt Plettenberg hat am Montag, 7. Januar, zum Fall Stellung genommen: „Zuerst möchten wir allen Betroffenen unsere Anteilnahme aussprechen – so eine Tragödie ist eine schreckliche Nachricht, die auch uns tief bewegt hat. Als Jugendamt der Stadt Plettenberg bieten wir natürlich unsere Hilfe an, falls wir bei der Aufklärung der bisher ungeklärten Umstände dieses Falles beitragen können.“ Für den vorliegenden Fall sei man aber gar nicht zuständig gewesen: „Wir möchten und müssen an dieser Stelle aber auch klarstellen, dass das Jugendamt Plettenberg nicht für die Vermittlung und Betreuung der betroffenen Pflegefamilie zuständig war – auch wenn diese in Plettenberg lebt.“ Die Pflegeeltern hätten sich „an einen freien Träger der Jugendhilfe gewandt und wurden von diesem überprüft und als geeignet befunden. Das Jugendamt Plettenberg war zu keiner Zeit an diesem Prozess beteiligt. Die Betreuung und Begleitung der Pflegeeltern erfolgte durch den freien Träger und durch das Heimatjugendamt des Kindes“, so die Stellungnahme. Nun wolle man „zunächst die Klärung der Sachverhalte durch die Ermittlungsbehörden“ abwarten. „Nur so können aus den Fehlern, die gemacht worden sind, Veränderungen eingeleitet werden. Bis dahin möchten wir bitten, auch in den sozialen Medien von Unterstellungen ohne Kenntnis der Hintergründe oder des genauen Sachverhaltes abzusehen – auch aus Respekt vor den Betroffenen.“ Gezeichnet haben diese Stellungnahme Bürgermeister Ulrich Schulte sowie Hans-Peter Kapitain, Fachbereichsleiter, und Michael Schröder, Sachgebietsleiter Allgemeiner sozialer Dienst.

Betreut wurden das Kind und die Pflegefamilie durch das Jugendamt Gelsenkirchen. „Die Stadt Gelsenkirchen hatte das Kind im Juli 2018 aus schwierigen Verhältnissen zunächst vorläufig in Obhut genommen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Gelsenkirchen wurde den Kindeseltern dann die elterliche Sorge entzogen“, teilt die Stadt in einer Pressemitteilung vom 7. Januar mit. „Über den freien Jugendhilfeträger Lebenshilfe Wohnen NRW gGmbH konnte anschließend eine geprüfte Westfälische Pflegefamilie (WPF) gefunden werden, zu der das Kind im August 2018 wechselte. Die Pflegefamilie wurde durch die Lebenshilfe und das Jugendamt begleitet. Einen gemeinsamen Besuch hatte es zuletzt am 6. Dezember 2018 gegeben. Dabei wurde festgestellt, dass das Pflegekind gut versorgt ist und Fortschritte macht. Auffälligkeiten gab es zu keiner Zeit.“ Die Stadt Gelsenkirchen bedauert den „tragischen Vorfall“: „Für die Stadt Gelsenkirchen ist der Tod des Kindes einer der schlimmsten denkbaren Fälle. Das Kind wurde in einer Pflegefamilie untergebracht, um es zu schützen und ihm eine möglichst positive Zukunft zu ermöglichen. Die mit dem Fall befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind betroffen und bestürzt.“

Die Meldung der Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis vom 4. Januar

Die Polizei erhielt am Donnerstag, 3. Januar 2019, um kurz nach 2 Uhr, Kenntnis über ein schwer verletztes Kleinkind. Die in Plettenberg wohnhaften Pflegeeltern des einjährigen Kindes hatten es Mittwochabend in das Klinikum Lüdenscheid gebracht. Aufgrund der Schwere der Verletzungen musste das Kind noch in der Nacht in das Universitätsklinikum nach Essen ausgeflogen werden. Dort verstarb es am frühen Donnerstagmorgen. Das Kind wurde am Freitag, 4. Januar, im Laufe des Tages obduziert. Die Verletzungen und letztlich der Tod des Kindes sind auf Gewalteinwirkung zurückzuführen.

Die Pflegeeltern wurden bereits in der Nacht zu Donnerstag vorläufig festgenommen. Aufgrund der ersten Ermittlungsergebnisse konzentrieren sich die Ermittlungen zurzeit auf den Pflegevater. Er soll noch heute einem Haftrichter vorgeführt werden. Es wurde Antrag auf Erlass eines Haftbefehls u. a. wegen Körperverletzung mit Todesfolge gestellt. Ein Tatverdacht gegen die Pflegemutter ließ sich nicht erhärten. Sie wurde daher im Verlauf des gestrigen Tages wieder entlassen.

Die Ermittlungen werden durch die Staatsanwaltschaft Hagen geführt und dauern an. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet.

Regensburg