„Vorsorge ist wichtig – auch jetzt“
Sonja spendet ihre Haare, um kranken Menschen zu helfen

09.12.2020 | Stand 13.09.2023, 6:55 Uhr
−Foto: n/a

Tolle Haarspende in Landshut: Nach Schicksalsschlag in der Familie appelliert Sonja Eckl-Gruber, trotz Corona weiter zur Vorsorge zu gehen.

Landshut. Die üppige Mähne auf ihrem Kopf bändigt Sonja Eckl-Gruber in einem Pferdeschwanz. Bis heute Nachmittag.

Etwa dreieinhalb Jahre hat die 47-Jährige ihre Haare nicht schneiden lassen. „Höchstens mal die Spitzen“, erzählt sie. Am Mittwoch (9. Dezember) nun kommt die lange schwarze Pracht ab – um damit Gutes zu tun. Aus dem Schopf werden Perücken gefertigt. Für Menschen, die ihre eigenen Haare durch Krankheit oder eine Krebstherapie verloren haben. Für die 47-Jährige ist die Spende eine Herzensangelegenheit, ausgelöst durch einen schweren Schicksalsschlag, der ihre eigene Familie traf.

2016 erkrankte ihr Schwiegervater an Krebs. Für Sonja Eckl-Gruber war er ein Fixpunkt in ihrem Leben. „Er war mein bester großer Freund“, sagt sie. Nach der schockierenden Diagnose begann der Kampf ums Überleben: Chemotherapie, Krankenhaus, OP. Ein Dreivierteljahr zwischen Hoffen und Bangen.

Und ein Satz des so schwer Erkrankten in diesen Monaten lässt sie bis heute nicht los: „Er sagte zu mir: 'Es ist meine eigene Schuld. Wäre ich doch zur Vorsorge gegangen.‘“ Zu spät nämlich war der bösartige Tumor im Darm entdeckt worden.

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In der Leidenszeit war die Familie stets an seiner Seite. „In der Nacht, als er von uns ging, hat er mich noch getröstet“, erinnert sich Sonja Eckl-Gruber, „er war ein großartiger Mann.“ Im Frühjahr 2017 starb er, im Alter von nur 76 Jahren.

In tiefer Trauer fasste Sonja Eckl-Gruber einen Entschluss: Sie wollte fortan ihre damals noch kurzen Haare wachsen lassen, um sie eines Tages an einen unglücklichen Menschen zu spenden, dem durch eine schwere Krankheit die Haare ausgegangen sind. „Jetzt“, findet sie, „haben sie eine ordentliche Länge.“

Die Münchnerin hat eine enge Verbindung zu Landshut. Als Schaustellerin war sie regelmäßig auf der Dult vertreten, kennt die Dreihelmenstadt, „wie meine Westentasche“. Ihre Haare, gut 40 Zentimeter lang, fallen am Mittwochnachmittag der Schere zum Opfer. Eine leichte Übung für die Profis im Landshuter Friseursalon Vogginger, die anschließend eine schicke Kurzhaarfrisur zaubern werden.

Und der abgeschnittene Zopf? Das gute Stück wird über die Initiative „haare-spenden.de“ zu einer Echthaarperücke verarbeitet und später zum Beispiel einem bedürftigen Krebskranken zur Verfügung gestellt – kostenlos.

Und noch etwas liegt Sonja Eckl-Gruber am Herzen. In der Corona-Pandemie meiden viele aus Sorge vor einer Ansteckung den Arzt- oder Krankenhausbesuch. Ein Fehler, findet die 47-Jährige: „Corona ist schlimm. Aber es gibt auch andere Krankheiten.“ Und gerade die Früherkennung spielt eine bedeutende Rolle, um gravierende oder sogar tödliche Verläufe zu verhindern. Sonja Eckl-Gruber appellert: „Vorsorge ist wichtig, auch jetzt!“ Ihr Schwiegervater, der viel zu früh sterben musste, ist ein mahnendes Beispiel. Dem Friseurbesuch am Mittwoch sieht sie ganz entspannt entgegen: „Für mich sind es doch nur ein paar Haare."“

Einem kranken Menschen dagegen werden sie Zuversicht und Lebensmut schenken.

Landshut