„Es fehlt die Wertschätzung“
Die Lehrer kämpfen jetzt gegen weitere Zusatz-Belastungen

30.01.2020 | Stand 13.09.2023, 1:49 Uhr
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Es gibt ihn also doch, den Lehrermangel an bayerischen Schulen. Kultusminister Michael Piazolo verdonnert die Grundschullehrer ab dem kommenden Schuljahr zu Mehrarbeit; außerdem dürfen sie – wie ihre Kollegen von Mittel- und Förderschulen – künftig nur noch in Ausnahmefällen vor dem 65. Lebensjahr in Rente gehen. So der Plan des Kultusministeriums, den Piazolo just zum Schulstart nach den Weihnachtsferien öffentlich präsentiert hatte – und damit die Lehrkräfte selbst völlig überraschte. Nun kündigt der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnen-Verband (BLLV) massiven Widerstand an.

LANDKREIS LANDSHUT „Die Hütte brennt eben doch – und zwar lichterloh! Das ist die Wahrheit!“, sagt die BLLV-Vorsitzende Simone Fleischmann. „Seit Jahren weisen wir immer wieder auf die personelle Unterversorgung an den Schulen hin und haben auch viele Vorschläge zur Bekämpfung gemacht. Dass nun die Lehrkräfte dafür büßen müssen, akzeptieren wir nicht“, so Fleischmann in einer Stellungnahme. Sie wirft dem Kultusministerium massive Versäumnisse vor, für die nun die Lehrkräfte gerade stehen sollen.

Geplante Maßnahmen wie verpflichtende Arbeitszeitkonten für Grundschullehrkräfte, Einschränkungen bei den Beurlaubungs- und Teilzeitmöglichkeiten, Erhöhung der Unterrichtsbelastung oder die Anhebung der Altersgrenze für den Antragsruhestand seien ausschließlich Maßnahmen, die die Belastungen der Lehrkräfte weiter erhöhen würden, so Fleischmann. „Davor kann ich nur warnen.“

Es sei unerträglich, dass es ausgerechnet die Kolleginnen und Kollegen an den Grund- und Mittelschulen treffe. „Sie haben bereits jetzt schon die höchste Unterrichtsverpflichtung und werden dafür auch noch schlechter bezahlt als andere Lehrkräfte“, moniert Fleischmann.

Die nun auf dem Tisch liegenden Maßnahmen des Kultusministeriums seien alles andere als förderlich, die Attraktivität des Grund-, Mittel- und Förderschullehramtes zu steigern. Fleischmann: „Die ohnehin schon an der Belastungsgrenze arbeitenden Lehrkräfte werden ein weiteres Mal demotiviert, der Mangel an Lehrkräften wird darüber hinaus nur an den Symptomen und nicht an seinen Ursachen bekämpft.“

In die gleiche Kerbe schlägt Judith Wenzl. „Die Stimmung in den Lehrerzimmern ist verständlicherweise nicht gut. Allein die Art und Weise, wie die Änderungen mitgeteilt wurden, war grottenschlecht!“, ärgert sich die niederbayerische BLLV-Vorsitzende. „Von Seiten des Kultusministeriums fehlen hier die Wertschätzung und die Einschätzung der tatsächlichen Arbeit und Herausforderungen.“

Für Judith Wenzl, die selbst an der Grund- und Mittelschule Niederaichbach unterrichtet, ist das Problem des jetzigen Lehrer-Engpasses „keine Überraschung. Jahrelang wurden Kollegen in die Arbeitslosigkeit geschickt, die sich schließlich andere Jobs gesucht haben.“ So seien „viele gute Leute“ abhanden gekommen.

Äußerst gespannt warte man nun auf die endgültigen Bestimmungen, die das Kultusministerium für den Donnerstag oder Freitag 30. oder 31. Januar, angekündigt habe, so Judith Wenzl zum Wochenblatt.

Derweil laufen die Vorbereitungen für den bayernweiten „Aktionstag Lehrermangel: So nicht!“ am Freitag, 7. Februar. An möglichst vielen Schulen können dezentral nach Unterrichtsschluss die Lehrkräfte ihren Unmut über die „Notmaßnahmen des Kultusministeriums“ kundtun. Neben Plakaten und Fotos sollen auch viele Postkarten mit persönlichen Botschaften an Kultusminister Michael Piazolo verfasst werden. Denn BLLV-Vorsitzende Simone Fleischmann erhofft sich noch mehr Aufmerksamkeit und dadurch weiteren politischen Gegenwind.

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