Anzeige gegen behinderten Mheddin Saho
Was haben die Behörden mit dem blinden Syrer vor?

25.10.2019 | Stand 12.10.2023, 10:41 Uhr
−Foto: n/a

Gibt es noch ein Happy End für Mheddin Saho? Der blinde Syrer hatte sich in ein Kirchenasyl in Rottenburg geflüchtet (das Wochenblatt berichtete) und dort gehofft, dass sein Asylantrag doch gewilligt werden würde – und er nicht nach Spanien abgeschoben wird. Die schlechte Nachricht: Das Kirchenasyl wurde abgelehnt, denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sah „keine besonderen Umstände und daraus resultierende Vollzugshindernisse“. Die gute Nachricht: Die Abschiebung wurde vorerst ausgesetzt.

ROTTENBURG Bis das Verwaltungsgericht Regensburg eine rechtskräftige Entscheidung trifft, kann sich der 25-Jährige wieder frei bewegen. Im Hauptsacheverfahren soll nun geklärt werden, welche unterschiedlichen Unterstützungsformen für Blinde es in Spanien gibt – speziell für blinde Asylbewerber, „um die Zumutbarkeit einer Überstellung im Dublin-Verfahren nach Spanien zu klären.“ Gisela Zierer, die sich zusammen mit ihrem Mann um den blinden Syrer kümmert und ihn bei sich zu Hause aufgenommen hat, atmet erleichtert durch: „Wir haben etwas Zeit gewonnen und Mheddin kann vorerst studieren.“

Der 25-Jährige hat vorige Woche mit dem Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München begonnen. „Die ersten Tage haben ihm sehr gut gefallen“, sagt Gisela Zierer. „Es ist zwar nicht einfach für ihn, an drei Tagen in der Woche nach München zu fahren, aber es funktioniert. Wenn die Vorlesungen um 8 Uhr beginnen, steht Mheddin um 4.30 Uhr auf, um rechtzeitig in München zu sein.“ Der große Traum des jungen Syrers, einmal in München zu studieren, sei nun in Erfüllung gegangen.

Allerdings gibt es neue Steine, die dem Flüchtling in den Weg gelegt wurden. Vor wenigen Tagen erhielten die Zierers ein Schreiben der Bundespolizei: Mheddin Saho stehe in der Verdacht, eine Straftat begangen zu haben. Der Syrer soll sich am Montag, 22. Juli, von 8.55 bis 10.55 Uhr unerlaubt am Münchner Flughafen aufgehalten haben.

Gisela Zierer kann nur mit dem Kopf schütteln: „Natürlich war Mheddin am 22. Juli zu jener Zeit am Münchner Flughafen. Schließlich hätte er an diesem Tag nach Spanien abgeschoben werden sollen. Die Rottenburger Polizei hat ihn hier abgeholt und zur Bundespolizei an den Flughafen gebracht.“ Dort hätten die Beamten den Sicherheitscheck durchgeführt und den jungen Mann ins Flugzeug gesetzt. Jedoch bekam der Syrer Panik, der Pilot weigerte sich schließlich, den Flüchtling mit nach Spanien – wo er erstmals europäischen Boden betreten hatte – mitzunehmen.

Nachdem Saho wieder aus dem Flieger gebracht worden und das Flugzeug ohne ihn gestartet war, habe die Bundespolizei den Flüchtling wieder von den Rottenburger Kollegen abholen lassen.

Christian Köglmeier, Pressesprecher der Bundespolizei am Münchner Flughafen: „Rein formell hat der Mann selbst verschuldet das Land nicht verlassen und war ab dem verstrichenen Ausreisetermin unerlaubt im Land.“ Bei einem derartigen Vorfall setze ein gewisser Automatismus ein. Es erfolge eine Strafanzeige wegen des Verdachts eines unerlaubten Aufenthaltes, die Angelegenheit werde zudem an die Staatsanwaltschaft übergeben. Köglmeier: „Der Staatsanwalt entscheidet, ob es zur Anklage kommt oder das Verfahren eingestellt wird.“

Eines steht auf alle Fälle jetzt schon fest: Der Dauerkampf gegen die deutschen Behörden ist für Mheddin Saho noch lange nicht vorbei.

Landshut