Für Lehramtsstudierende
Emotionale Kompetenz kann man trainieren

14.11.2019 | Stand 02.08.2023, 21:20 Uhr
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Regensburger Psychologen entwickeln für Lehramtsstudierende ein Training für den angemessenen Umgang mit den eigenen Emotionen.

REGENSBURG In der Lehrkräftebildung spielt die Schulung emotionaler Kompetenz kaum eine Rolle. Sie verschwindet zwischen Fortbildungen zu Fachwissen und -didaktik. Dabei gerät die Lehrkraft als Person mit eigenen Bedürfnissen aus dem Fokus – und das, obwohl ein Erleben von unangenehmen Emotionen zu Belastungsreaktionen und sogar zu gesundheitlichen Einbußen führen kann. Vor diesem Hintergrund hat der Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg im Rahmen des Regensburger Projekts Kooperative Lehrkräftebildung Gestalten (KOLEG) ein Training emotionaler Kompetenzen für Lehramtsstudierende entwickelt und evaluiert.

Unsicherheit, Frustration, Wutanfälle – Unterrichten bedeutet nicht nur, Wissen zu vermitteln, sondern auch, einen angemessenen Umgang mit den eigenen Emotionen zu finden. Doch was bedeutet dies, ein „angemessener Umgang“ mit Emotionen? Oder anders formuliert: Was macht eine emotional kompetente Lehrkraft aus?

Um diese Frage beantworten zu können, führten die Regensburger Psychologen Iris Schelhorn und Prof. Dr. Christof Kuhbandner im Rahmen des Trainings für emotionale Kompetenzen unter anderem Interviews mit Lehrkräften: Dabei wurde die Fähigkeit zur Regulation von Emotionen am häufigsten als Teilbereich der emotionalen Kompetenz genannt. Eine weitere häufig benannte Kompetenz war die Nutzung von Emotionen, um Motivation generieren zu können. Eine emotional kompetente Lehrkraft wird als eine Person gesehen, die in erster Linie über die Fähigkeit verfügt, ihre Emotionen bestmöglich zu regulieren.

Im Training für Studierende des Lehramts erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst mehr über einzelne Kompetenzen, wie beispielsweise „Wahrnehmung von Emotionen“ oder „Perspektivübernahme als Emotionsregulationsstrategie“. Dieses Wissen konnten sie anschließend mittels verschiedener Übungen vertiefen. Zudem enthielt das Training Reflexionsübungen über Gedanken und die damit verbundenen Einstellungen und Ideale. Die Studierenden stuften die Rollenspiele zu den Themen Wahrnehmung von Emotionen und Emotionsausdruck als besonders hilfreich ein, genauso wie die Vermittlung theoretischer Inhalte zum Thema Lehrerbelastung und Emotionen im Lehrberuf.

Die Trainerinnen und Trainer sind überzeugt, dass die Teilnehmenden sichtlich davon profitierten, sich eine ungewöhnliche Perspektive auf das Lehrerinnen- und Lehrerdasein zu erlauben. Wissenschaftlich gesehen, zeigen die erhobenen Daten vor allem drei erwähnenswerte Befunde: Die Studierenden schätzen ihre eigene Fähigkeit zur Emotionsregulation nach dem Training als höher als vor dem Training ein. Das Emotionswissen der Teilnehmenden steigt. Und: Die Gefühle von Unsicherheit und Angst, die mit den Rollenspielen verbunden sind, verschwinden im Verlauf des Trainings.

Die restlichen ausgewerteten Daten zeigen jedoch, dass Lehramtsstudierende vor dem Training Wissenslücken aufweisen, was Strategien zur Emotionsregulation angeht. Dies könnte auf die Vernachlässigung dieses Bereichs innerhalb der Lehramtsausbildung hindeuten. Es zeigte sich außerdem, dass sich innerhalb der kurzen Trainingszeitspanne die gemessenen Fähigkeiten im Umgang mit Emotionen in der Anwendung kaum verändern. Dies spricht dafür, dass womöglich mehr Zeit investiert werden muss und Trainings emotionaler Kompetenzen für die Zukunft längerfristiger und in begleitender Form angelegt werden sollten. Das Training emotionaler Kompetenzen ist in Seminarform mittlerweile in das reguläre Angebot des Lehrstuhls für Pädagogische Psychologie im Bereich der Lehramtsausbildung an der Universität Regensburg integriert und wird als fester Bestandteil in jedem Semester angeboten.

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