Nach 40 Jahren
„Frau Altstadtkindergarten“ geht in den (Un-)Ruhestand

25.01.2019 | Stand 01.08.2023, 14:45 Uhr
−Foto: n/a

Monika Roth geht in den „Un-Ruhestand“. Manche nennen die 65-Jährige geradezu „Frau-Altstadt-Kindergarten“. Eine „tolle Zeit“ geht in der Passauer Caritas-Einrichtung St. Stephan für sie zu Ende, wie sie sagt.

PASSAU Der Abschied am Donnerstag, 24. Januar, von den Kindern, von den Eltern, vom Team fiel ihr nicht leicht. Mit Herzblut hat sie die ihr anvertrauten jungen Menschen begleitet, gefördert und erzogen. Zu erleben, wie sie sich entwickeln, wie sie zu Persönlichkeiten heranwachsen, und dabei einen Beitrag leisten zu dürfen, war 40 Jahre lang in der Altstadt ihr Leben. Die Arbeit war für sie stets „nicht Job, sondern Berufung“. Das war bei der Feier zu spüren. Allen voran bereiteten die Kinder ihr einen großen Abschied. Man darf es sagen: Monika Roth hatte Tränen in den Augen.

Die Mädchen und Buben zogen ein zum „Gespenstertanz“, mitten drin Monika Roth. Wie immer, wenn es um sie herum wurlte, war sie in ihrem Element. Die Schulanfänger schenkten ihr zum Regenbogen-Lied ein großes Herz. Und die gesamte Gästeschar gab ihr ein Segenslied mit auf den Weg.

Caritasvorstand Konrad Niederländer sprach vom „Gesicht der Caritas, vom Gesicht des Altstadtkindergartens“. Sie habe „die Freude des Glaubens und die Liebe Gottes“ entsprechend dem Flammenkreuz, dem Zeichen der Caritas, in die Welt getragen. Sie sei in „ihrem“ Kindergarten verwurzelt gewesen und habe dort geblüht. Die langen Jahre würden weiterwirken, dankte der Bischöfliche Beauftragte für den Diözesan-Caritasverband als Träger.

Von der „Ehrenbürgerin der Altstadt“ sprach Oberbürgermeister Jürgen Dupper. Gäbe es den Titel, würde Monika Roth ihn erhalten. Sie habe wie keine Zweite das Leben in der Passauer Altstadt geprägt, sei ein Segen für die Jugend gewesen. Ein ganzer Bilderbogen spanne sich für ihn auf. Mit großen Freuden über das bunte Leben in der Einrichtung, aber auch mit schwierigen Phasen zur Zeiten der mehrmaligen Hochwasserkatastrophen.

Für den Elternbeirat betonte Judith Leeb-Lange, als Leiterin habe Monika Roth Großartiges geleistet. Sie habe Geborgenheit, Offenheit und Konsequenz vermittelt. Hunderte oder Tausende Kinder habe sie in all den Jahren begleitet und so manches Mal auch für die „Erziehung der Eltern“ gesorgt. Das gemeinsame Geschenk der Kinder, Eltern und Mitarbeiterinnen fasste den Dank zusammen. Miteinander haben sie eine Skulptur als Symbol für einen Schutzengel gestaltet.

Monika Roth, 1953 im Schwarzwald geboren, wechselte 1978 als Erzieherin vom damaligen Caritas-Kindererholungsheim Bischofsreut nach Passau. Nicht selten waren schon die Eltern heutiger Kinder bei ihr in den Gruppen. Dass sich daraus „g’standene Leut‘ entwickelt haben und langjährige Kontakte erwachsen sind, freut sie. Der gute Umgang mit den kleinen Kindern war für sie entscheidend. Deshalb hat sie auf das „Miteinander leben“, so das Motto der Kindertagesstätte, in die momentan 47 Kindern - etwa drei Viertel direkt aus der Altstadt - kommen, großen Wert gelegt; auf die Achtsamkeit, auf das Wissen, hier die Kompetenzen junger Menschen zu fördern. „Das Leben teilen“ galt für Monika Roth auch im täglichen Umgang mit den Kindern mit Migrationshintergrund.

Für sie gehörte es dazu, den Glauben zu vermitteln, ob zum Fest Maria Lichtmess Licht und Segen in die Familien und in die Welt zu tragen, oder die Schulanfänger und bei der Feier die ganze Gästeschar mit einem Kreuzzeichen zu verabschieden. Aus dem Glauben zu schöpfen, ist für sie selbst die Basis, von der aus sie mit ihrem Team die Familien zum christlichen Leben inspiriert hat. Erziehung ist ihren Worten nach „Schwerstarbeit für die Eltern“. Diese dabei zu unterstützen, war für sie enorm wichtig.

Kinder das waren und sind für sie ein „Sonnenschein“; auch bei Regen. Von dem gab es 2002 und dann 2013 mehr als genug. Die Einrichtung versank im Hochwasser. Die dramatischen Wochen waren Einschnitte für sie. Beim letzten Hochwasser dann der Umzug an den Domplatz und der Neustart im eindrucksvollen Neubau an alter Stelle. Da dankt sie dem Bischöflichen Ordinariat, der Stadt Passau und dem Caritasverband für die Diözese Passau e.V. noch heute. Entscheidend sei aber nicht das neue Gebäude, sondern das Herz, brachte sie es in ihrer Abschiedsrede auf den Punkt. „Mit Herz, Hand, Verstand und Liebe“ habe sie „die kleinen Pünktchen und doch so großen Menschen“ begleiten dürfen. „Kinder sind für uns die wichtigsten achtbaren Wesen“. Sie dankte für die tiefen Freundschaften und nachbarschaftlichen Begegnungen oder Hilfen. Ihr Dank galt auch ihrem Mann Josef und den Töchtern, die zum „Aufwiedaluaga“ gekommen waren.

Beim Abschied bleiben für sie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern, den kirchlich und kommunal Verantwortlichen, natürlich die unzähligen Erlebnisse mit den Kindern, oder auch das Blühen der Apfelbäume im Garten. Denn die Natur zu erleben, war in St. Stephan fixer Programmpunkt. Gerne erinnert sie sich an die Kunstaktionen mit dem Passauer Kulturmodell, was zum Ausdruck „Kunst-Kindergarten“ führte. Kreativ und quirlig, voller Gefühl und gleichzeitig mit viel Leitungskompetenz hat sie ihr Haus ausgefüllt. Zusammen mit ihrem Team, derzeit acht Mitarbeiterinnen, auf die sie stolz ist, hat Monika Roth Kindern auf dem Weg in das Leben Zeit und Freiraum geschenkt, sich zu entwickeln. So manche Träne in den Augen der Mitarbeiterinnen sprach für sich. Die Leitung übernimmt nun Constanze Simmel. Die 26jährige Erzieherin ist bereits seit September im Altstadt-Kindergarten tätig. Zuvor war sie in Fürstenzell als Leiterin von St. Maria verantwortlich. Von der Nachfolgerin und dem Team gab es zum Abschied eine „Tasche voll Zeit“ mit einem Gutschein für ein „Krimi-Dinner“.

In der gesamten Altstadt vernetzt und zuhause

Wie anerkannt und eingebunden die Einrichtung in die Altstadt Passaus ist, bestätigten die anwesenden Gäste, Freunde und Bekannten. Auf ein großes Netzwerk konnte Monika Roth vertrauen, darunter Generalvikar Prälat Dr. Klaus Metzl, Dompropst Michael Bär und Dompfarrer Helmut Reiner und dessen Vorgänger Erich Baumann, Alois Kriegl vom Städtischen Jugendamt, Thomas Bahle von der Städtischen Sebastian-Huber-Stiftung, Hubert Huber, Vorsitzender des BBK Niederbayern und Waltraud Danzig, Roland Jäger und Angelika Wildenauer von der Altstadtschule, der Leiter der Gisela-Schulen Rudolf Nerl und der Leiter des Leopoldinums, Markus Birner, Dr. Martina Hartl und Stefan Seiderer, die Leiter der Caritas-Abteilung Kinder-Jugend-Familienhilfe und die Regionalleiterin Ursula Rüther. Die Wünsche aller brachte wohl Max Absmeier, der frühere Pfarrgemeinderatsvorsitzende, ganz ohne Worte zum Ausdruck. Er spielte mit der Maultrommel das „Opa-Lied“ nicht nur für die Mädchen und Buben.

Langweilig wird es Monika Roth in den kommenden Jahren sicher nicht. Zeit für die Familie will sie haben. Im Kunstbereich denkt sie an Kurse, sportlich will sie mit ihrem Mann MTB-Touren machen, auf Reisen gehen und ganz ihrem Temperament entsprechend schwungvoll Boogie-Woogie tanzen. Was wird sie vermissen? Für Monika Roth keine Frage. „Euch Kinder vermisse ich am meisten“. Aber dafür gibt es, wie es im Schwarzwälder Dialekt heißt, ja das „Aufwiedaluaga“.

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