Mobbing
Beeindruckendes Theater zu einem ernsthaften Problem

22.12.2017 | Stand 03.08.2023, 11:02 Uhr
−Foto: Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg

In Deutschland werden 2.000 Selbstmorde pro Jahr mit Mobbing in Verbindung gebracht - das ist jeder fünfte Suizid. Ein Raunen geht durch die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen der Aventinus Mittelschule, als sie dies erfahren. Sie sitzen in der Schulturnhalle, soeben haben sie das Stück „Hier stinkt’s!“ erlebt, in dem zwei Schauspieler des ueTheaters Regensburg anschaulich machen, was Mobbing ist – wie es beginnt, wie es sich entwickelt, was es zerstört. Nach dem Theaterstück sprechen die Schauspieler Christine Wagner und Julian Kühndel mit den Zuschauern.

ABENSBERG Das ueTheater Regensburg ist ein mobiles Schülertheater, das mit seinen Stücken zu verschiedenen Themen in den Schulen ganz Bayerns unterwegs ist. Die Aventinus Mittelschule hatte sich aktuell das Theater zum Thema Mobbing geholt; kürzlich war es so weit, die 5. und die 6. Jahrgangsstufen erlebten bei „Hier stinkt’s!“, wie sich Mobbing entwickelt. In diesem Fall mit einer schlichten wie dummen Behauptung, die „Tine“ gegenüber der Klasse macht. Und wer stinkt – „Das ist doch der Marco“, und der, ein guter Kerl, weiß bald nicht mehr ein noch aus. Am Ende zeigt sich, dass auch die giftige „Tine“ ihre Nöte hat, Sorgen und Druck von zuhause, die sie eben auf diese Weise los wird oder weitergibt.

Das Stück ist fesselnd, die Kinder sind sehr ruhig, und nach der Aufführung fordern die beiden Schauspieler ihre Zuschauer zum Gespräch auf. Viele Arme gehen hoch, die Kinder wollen mitreden. Wen trifft Mobbing? Schauspielerin Wagner: „Es kann jeden treffen! Ein neuer Mitschüler wird gemobbt, weil er neu ist.“ Und: „Marco, unsere Opfer-Figur, ist nicht schuld. Das Opfer ist niemals schuld.“ Wer sind die aktiven Täter? „Ein ausgeglichener Mensch mobbt nicht.“ Die Täter seien „oft selbst Opfer, in einem anderen Umfeld. Wie unsere Täterin im Stück, die von zuhause kaum etwas Positives mitbringt. Die selbst stark unter Druck gesetzt wird, und die diesen Druck dann an Marco weiter gibt.“

Mitläufer und Beobachter

Neben dem Haupt-Täter gebe es viele Mitläufer und Beobachter. Die beiden Schauspieler machen den Kindern ganz klar: „Wer nichts sagt, ist mit schuld. Wendet euch an eure Lehrer, eure Vertrauenslehrer -– aber duldet das nicht!“ Kühndel berichtet von einem Fall, in dem ein Mädchen in einer reinen Mädchenklasse gemobbt worden ist. Warum? „Sie war die einzige OHNE Zahnspange.“ Da meldet sich ein Junge mit Brille - er wurde, sagt er, früher wegen seiner Brille als Brillenschlange bezeichnet. Das hat sich gelegt, das Beispiel zeigt aber, dass der Ausschluss aus einer - auch nur vermeintlichen - Gemeinschaft Spuren hinterlässt.

Keine freizügigen Fotos!

Eine deutliche Warnung hatten die Schauspieler für ihr Publikum: „Cybermobbing. Passt auf, was ihr aufnehmt und wem ihr was sendet. Fotografiert euch nicht nackt oder zu freizügig, wenn es heißt, das sei ein Liebesbeweis, dann nehmt sofort Abstand von der Person, die das fordert.“ Die Schauspieler berichten von einem zutiefst tragischen Fall, bei dem ein Mädchen wegen eines Fotos von der Schule gegangen ist. „Als sie an die neue Schule kam, war ihr Bild schon da.“ Das Mädchen sah keinen Ausweg mehr. Deshalb warnten Wagner und Kühndel deutlich: „Wer Filme oder Bilder mit erniedrigenden Inhalten auch nur weiter leitet, macht sich schuldig. Auch vor dem Gesetz.“ Konrektor Werner Maier und die gesamte Schulfamilie bieten sich jederzeit für vertrauliche Gespräche zu allen, auch problematischen Themen an.

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