68er-Comenianer
Direkt aus Kenia zur 68er-Abiturfeier

25.07.2018 | Stand 31.07.2023, 9:52 Uhr
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Treffen der 68er-Comenianer im Gasthof Höttl.

DEGGENDORF Es ist in zweierlei Hinsicht eine heiße Zeit: der Sommer 1968. Der Juli lässt an Sonne und weißblauem Himmel nichts zu wünschen übrig. Und politisch präsentiert sich der Erdball als Vulkan, der in jeder Sekunde explodieren kann. Die USA und Nordvietnam führen schon im dritten Jahr einen unbarmherzigen Vernichtungskrieg, der Prager Frühling verblutet im Mai durch russische Panzer, bei uns in der BRD regt sich erster studentischer Widerstand gegen das Establishment, die APO (Außerparlamentarische Opposition) probt den Aufstand. Und wir, die jetzt das Abitur am Comenius-Gymnasium, vormals Oberrealschule, geschafft haben, sind trunken vor Freude und lassen alle düsteren Gedanken entfliehen. Jetzt, 50 Jahre und an die zwei Generationen danach, sind die Erinnerungen immer noch frisch, fast so, als wäre alles erst vorgestern gewesen.

Der harte Kern der 13a holte also im „Summer of 68“ aus einem elterlichen Schuppen ein Leiterwagerl, das Fass köstlich frischen Bieres vom Schneider-Bräu in der Metzgergasse (gibt es schon ewig nicht mehr) wartete schon eisgekühlt auf uns, das übliche Plakat „Absolvia ‚68“ war montiert und dann ging es den langen Weg hinaus in den schattigen Stadtpark mit lauschigen Kastanien bei der Alten Kaserne (jetzt Stadtpalais). Es folgten noch viele lauschige Abende und hochprozentige Partys bis zum sogenannten Ernst des Lebens, für das wir alle die Bescheinigung der Reife, gestempelt und beglaubigt, mitbekommen hatten. Dann kam für nicht alle die Bundeswehr als „Schule der Nation“, Studium und ein Beruf mit oder ohne Berufung. Viele wurden, obwohl sie oft und genüsslich gegen die Lehrer gelästert hatten, trotzdem selbst Lehrer an Volks-, Berufs- und Realschulen und Gymnasien. Auch eine Handvoll Juristen hat sich rekrutiert, Anwälte, Richter, Zahnärzte und Mediziner haben wir in unseren Reihen, Volkswirte und Kaufleute und einen Journalisten, der auch als Autor und Maler seinen Weg machte.

Wären wir und die Schule ein Paar, so würden wir im Juli 2018 unsere „Goldene Hochzeit“ feiern. Von den einst 47 Kameradinnen und Kameraden der Klassen 13a und 13b trafen sich jetzt 25, sieben Mitschüler haben uns leider schon verlassen - der unerbittliche Lauf der Zeit. Wehmut kam auf. Doch dann erste Umarmungen und heftiges Schulterklopfen – mit dabei auch die immer noch unermüdliche Direktoratsassistentin i. R. Wilfriede Vermaaten-Dorn – beim Nostalgie-Frühschoppen im Traditionswirtshaus „Zum Weißbräu“, schon in früheren Zeiten erster Zufluchtsort, gar Refugium bei der unvergessenen Rosa. Hier stimmten der unermüdliche Organisator des Abi-Teffens Harald Freihoffer und seine „Assistentinnen“ Traudl Witt und Ingrid Weiherer auf das weitere Programm ein. Zum Beispiel auf die Stadtführung durch Herzogin Agnes alias Babette Leitgeb, die für zwei Stunden den ehemaligen Pennälern die Stadt so präsentierte, wie sie zumindest damals im jugendlichen Alter noch keiner gesehen hatte. Eine kleine Andachtsfeier in der Grabkirche galt den verstorbenen Mitschülern (Joachim Scholz, Fritz Felux, Rudolf Wagner, Gerhard Reichert, Volker Hasselfeldt, Franz Schreiner, Dr. Bernhard Klein) und Lehrern.

Die traditionelle Besichtigung der alten „Kampfstätte“ auf dem Jahnhügel war heuer nicht möglich – etwas Enttäuschung bei allen. Denn das ehrwürdige Gebäude aus königlicher Zeit wird gerade entkernt und dann hoffentlich wieder perfekt hergerichtet. Nach der Ruhepause im Café Wiedemann war die Zeit für das obligatorische Klassenfoto gekommen, bevor es zur Film- und Bilderschau im Konferenzsaal des Gasthofes Höttl und einem von Jürgen Launspach gedrehten Kurzfilm aus den 60er-Jahren ging. Daraus konnten wir ersehen, wie viel Unfug wir damals getrieben hatten; besonders bemerkenswert waren die Szenen mit teilweise „akrobatischen“ Vorführungen während des Turnabiturs. Es folgte ein Bilder-Vortrag von Oskar Friedl über ehemalige Lehrer, wobei unser damaliger Deutschlehrer Armin Wastl gerne zu uns gestoßen wäre, aber er musste leider kurzfristig wegen einer Erkrankung passen. Und dann das gemeinsame Abendessen in dem dazu gehörigen Biergarten.

Für viel Gesprächsstoff sorgte Günther Dengler, Arzt in Kenia, der mit unschlagbaren 6000 Kilometern die weiteste Anreise hatte. Nicht real da, aber sehr wohl immer wieder Thema, war R. Daniel Roth. Der, nach eigenen Worten, „arbeitete als Geschenkekistenzunagler, Christbaumverkäufer, Bierfahrer, Nachtwächter, Taxifahrer, Lagerarbeiter, Polsterreiniger, Teebeutelabfüller, vereidigter Briefträger, Bauarbeiter, Interviewer, Koch, Kneipier, Übersetzer und Hobbymusiker“. Er schickte zauberhafte Fotos von seinem Domizil (auch anzumieten) auf der Insel Elba, auf die es ihn vom toskanischen Festland gezogen hatte. Auch mit ganz ordentlichen Entfernungen konnten Prof. Dr. Klaus Krec aus dem verträumtem Schönberg am Kamp in Niederösterreich (318 km) und Ernst Schilling aus Aschaffenburg (353 km) aufwarten.

In Anbetracht des Alters und nicht vorhersehbarer Ereignisse einigte sich das Festkomitee auf die nächste Jubelfeier bereits in fünf Jahren.

Deggendorf