Leihgroßeltern-Service
Oma und Opa auf Zeit gesucht

14.03.2018 | Stand 24.07.2023, 18:02 Uhr
−Foto: n/a

Die Kolpingfamilie Regen bietet einen Leihgroßeltern-Service an – Nachfrage steigt stetig.

REGEN Der kleine Raphael steht vor einem großen gelben Haus in Regen, als er läutet, öffnet Rita Koller mit einem breiten Lächeln die Tür. „Hallo, kleiner Mann“, sagt die 66-Jährige. Raphael ist noch etwas schüchtern, klammert sich ans Bein der Mutter und bringt nur ein leises „Guten Morgen“ heraus. Doch keine Viertelstunde später ist das Eis aufgetaut. Raphael kramt in einer Kiste mit Matchbox-Autos und beginnt mit Christian Koller, dem Ehemann von Rita Koller, zu spielen. Man merkt, die beiden haben Übung im Umgang mit Kindern. Kein Wunder: Rita Koller hat neben fünf eigenen Enkelkindern auch drei Leihenkel und leitet seit 2015 den Leihgroßeltern-Service der Kolpingfamilie in Regen.

Gerade ist sie wieder auf der Suche nach Omas und Opas auf Zeit. Denn für fünf Familien aus dem Landkreis Regen bräuchte sie dringend Leihgroßeltern.

Die Idee einen Leihgroßeltern-Service ins Leben zu rufen, kam der heute 66-Jährigen auf einem bundesweiten Treffen von Kolping. „Hier haben verschiedene Kolpingfamilien ihre Arbeit vorgestellt, darunter war auch ein Leihgroßeltern-Projekt“, erzählt Rita Koller. Die Regenerin war sofort Feuer und Flamme für diese Idee und hat sie in die Tat umgesetzt. Seit Anfang 2015 gibt es auch in Regen einen Leihgroßeltern-Service. Doch was muss man sich darunter vorstellen?

Leihgroßeltern als Entlastung der Familien

„Als Leih-Oma oder Leih-Opa schlüpft man in die Rolle einer echten Oma oder eines echten Opas, aber eben nur etwa einen halben Tag pro Woche“, so Rita Koller. „Das heißt, es wird mit den Kindern gespielt, gelesen, gebastelt oder auf den Spielplatz gegangen“, fährt die Regenerin fort. Sie selbst kümmert sich schon seit ein paar Jahren um drei Jungs einer Familie. Immer dann, wenn die Eltern zum Beispiel berufliche Termine, Arzttermine, Behördengänge oder irgendetwas anderes zu erledigen haben, springt Rita Koller ein. Mittlerweile hat sie auch ihren Mann, einen pensionierten Lehrer, mit ins Boot geholt. Und beide sind sich einig: „Es ist eine wunderbare Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren. Die Kinder geben einem so viel zurück und selber bleibt man fit!“

Zeit zum Verschenken

Zehn Leihgroßeltern gibt es im Landkreis Regen. Aber die Nachfrage steigt stetig an, weil die traditionellen Familienverbände immer weniger werden. „Viele Familien haben keine Großeltern mehr oder diese leben nicht im selben Ort oder der selben Stadt“, sagt die Organisatorin. Deshalb ist sie immer auf der Suche nach neuen Senioren, die sich als Leihgroßeltern einbringen möchten. Voraussetzungen braucht man eigentlich keine. Nur Zeit zum Verschenken. Und das ist gar nicht so aufwendig, wie man vielleicht auf den ersten Blick meinen möchte. Etwa einen Nachmittag pro Woche sollten die Leihgroßeltern für die Kinder Zeit haben. „Denn beim Leihgroßeltern-Service handelt es sich um eine rein ehrenamtliche Freizeitgestaltung und nicht um eine Tagespflege“, macht Rita Koller deutlich.

So müssen die Leihgroßeltern auch keine Ausbildung absolvieren. Lediglich ein polizeiliches Führungszeugnis und ein ärztliches Attest müssen vorgelegt werden. Dazu muss sowohl von den Leihgroßeltern, als auch von den suchenden Familien ein Fragebogen ausgefüllt werden. „Damit kann ich schon sehr gut einschätzen, welche Oma und welcher Opa für welche Kinder passt“, so Rita Koller.

Und dann geht es ans Kennenlernen. „Wir vereinbaren einen gemeinsamen Termin und wenn da alles passt, muss eigentlich nur noch eine Verschwiegenheitserklärung von den ,neuen‘ Großeltern unterschrieben werden und die Familien müssen für ihre Kinder ein Notfallblatt erstellen, auf dem z. B. Allergien oder Medikamenteneinnahmen vermerkt sind“, so die 66-Jährige. Ist das alles erledigt, kann die Oma- und Opa-Zeit beginnen. Zwischen vielen Leihgroßeltern und Familien entstehen mit der Zeit auch echte Freundschaften. „Von all unseren Leihgroßeltern und den Familien habe ich bisher nur gehört, dass es eine Bereicherung für ihr Leben ist“, freut sich Rita Koller über diese klassische Win-win-Sitation für beide Seiten.

Auch Raphael hat schon Freundschaft mit den Kollers geschlossen und nachdem Christian Koller dem 4-Jährigen die Modelleisenbahn auf dem Dachboden gezeigt hat, will der kleine Racker gar nicht mehr weg.

Wer Interesse hat, als Leih-Oma oder Leih-Opa tätig zu werden, der kann sich unter 09921/3231 bei Rita Koller melden. Alle Leihgroßeltern und Familien treffen sich auch regelmäßig zu einem Stammtisch. Außerdem werden Grillfeste und Ausflüge organisiert.

Regen