NGG: "Haupterwerb muss zum Leben reichen"
Zahl der Zweitjobber in Regensburg auf 9.400 gestiegen

23.10.2017 | Stand 31.07.2023, 5:03 Uhr
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Rund 9.400 Regensburger haben neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 84 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit.

REGENSBURG Die NGG Oberpfalz beruft sich dabei auf neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Besonders verbreitet sind Zweitjobs demnach im Gastgewerbe: 1.540 geringfügig Beschäftigte arbeiten in der Branche in Regensburg – zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 stieg ihre Zahl um 137 Prozent. Auch in Bäckereien sind Minijobs laut Gewerkschaft insbesondere im Verkauf stark verbreitet.

Rainer Reißfelder, Geschäftsführer der NGG Oberpfalz, spricht von einem "alarmierenden Trend". "Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht über die Runden kommen." Auf den ersten Blick verzeichne der Arbeitsmarkt in Regensburg steigende Beschäftigungsquoten. "Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht alles Gold ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt", so Reißfelder.

Mit Blick auf das Gastgewerbe kritisiert der Gewerkschafter, die Branche dürfe nicht zur bloßen Minijobber-Domäne werden. "In Hotels, Pensionen und Restaurants brauchen wir mehr gelernte Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen." Schon heute seien die Klagen über fehlende Köche und Oberkellner groß. Doch die gewinne man nur, indem man gute Löhne zahle.

Dringenden Handlungsbedarf sieht die NGG Oberpfalz auch bei der Politik. "Wenn laut Arbeitsagentur in Regensburg mittlerweile jeder dreizehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen", betont Reißfelder. Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger Schritt gewesen, um extreme Niedriglöhne abzuschaffen. Doch mit derzeit 8,84 Euro pro Stunde liege die Untergrenze zu niedrig, um davon allein als Vollzeit-Beschäftigter etwa eine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden.

Reißfelder plädiert dafür, dass Unternehmen etwa im Gastgewerbe oder im Nahrungsmittelhandwerk die dort ausgehandelten Tarifverträge einhalten – unabhängig davon, ob der Chef Mitglied des jeweiligen Arbeitgeberverbandes ist oder nicht. Dies lasse sich gesetzlich leicht regeln. "Zugleich muss sich die nächste Bundesregierung dringend um die Rente kümmern. Ein Großteil der Menschen, die heute auf einen Zweitjob angewiesen sind, wird im Alter mit Armutsbezügen leben müssen. Hier brauchen wir eine Haltelinie nach unten", sagt Reißfelder.

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