100-jähriges Jubiläum
Volkssternwarte Regensburg– von Meteoriten, Planeten und dem „Coronado“

28.10.2020 | Stand 13.09.2023, 6:55 Uhr
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„Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten“ – dieser Satz bleibt bei den meisten Schülerinnen und Schülern bayerischer Schulen hängen, wenn es um Astronomie geht. Recht viel mehr oft nicht, außer man belegt Astrophysik oder man interessiert sich wie Torsten Bendl immer schon für das Thema und engagiert sich privat. Bendl ist seit 2013 – damals 16-jähriger Schüler, heute Masterstudent der Wissenschaftsgeschichte – in der Regensburger Sternwarte aktiv.

Regensburg. Die Regensburger Sternwarte ist die älteste Volkssternwarte Süddeutschlands und hat damit – im Gegensatz zu Forschungssternwarten – hauptsächlich das Ziel, die Öffentlichkeit zu bilden. Dies war jedoch in Regensburg noch nicht immer der Fall, erst als vor 100 Jahren Karl Stöckl einen Vortrag über die Milchstraße hielt, wurde das Thema Astronomie für die Bevölkerung zugänglich gemacht und die Volkssternwarte gegründet. Die Vereinsgründung erfolgte durch Professoren im Jahr 1976. Heute zählt der Verein 280 Mitglieder, etwa 30 bis 50 davon sind aktiv. Zehn bis 20 Mitglieder sind jeden Freitag anwesend, wenn ab 21 Uhr (beziehungsweise von September bis April ab 20 Uhr) Führungen in der Sternwarte stattfinden – bitte beachten: Corona-bedingt können sich hier kurzfristige Änderungen ergeben!

Die Führungen starten mit einem 45-minütigen Vortrag inklusive Einführung in die Astronomie. Aber: „Zur Astronomie gehört auch die Praxis“, erklärt Bendl, weshalb ein ausführlicher Rundgang durch die verschiedenen Ausstellungsräume der Sternwarte und natürlich auf die Plattform nicht fehlen darf. Im Lapidarium gibt es eine umfangreiche Gesteinssammlung zu bewundern, mit Erdgesteinen oder Meteoritengesteinen wie zum Beispiel ein Stück des Meteoriten von Chelyabinsk, der 2013 im russischen Ural in die Erdatmosphäre eintrat. Die Steine kauft die Sternwarte sogenannten Meteoritensuchern ab, etwa einen Euro pro Gramm müsse man dafür investieren, erklärt Bendl.

Weiter geht es mit dem Stellarium, in dem sich alles rund um Kosmologie, Entstehung von Planeten und Lebenszyklus von Sternen dreht. Im Planetarium gibt es verschiedene Experimente und man lernt, wie das Sonnensystem funktioniert. Außerdem stehen hier zur Zeit unterschiedliche Teleskope – so auch das zur aktuellen Pandemie passende „Coronado“, ein Sonnenteleskop. Die vom spanischen Wort für „gekrönt“ abgeleitete Bezeichnung kommt daher, dass man beim Blick durch das Teleskop die sogenannten Protuberanzen am Sonnenrand beobachten kann. Und das sieht dann tatsächlich sehr ähnlich aus wie das Coronavirus. Außerdem steht hier das „Patchwork“-Teleskop, das von Mitgliedern der Sternwarte selbst gebaut wurde. Das größte Teleskop versteckt sich auf dem Dach der Sternwarte unter der Kuppel. Das Refraktorteleskop stammt aus dem Jahr 1905 und steht unter Denkmalschutz. Nicht nur nachts lohnt sich der Besuch: Tagsüber hat man von der Plattform aus nicht nur einen wunderschönen Ausblick auf die Altstadt von Regensburg, durch das Teleskop kann man auch die Domspitze sehen, auf der man öfter mal den Dom-Falken beobachten kann.

Es gibt viel zu entdecken und zu lernen in der Sternwarte Regensburg. Aktuell dürfen wegen Corona nur 16 Personen an der Führung teilnehmen, da es keine Voranmeldung gibt – der Eintritt ist frei – lohnt es sich, frühzeitig da zu sein. Denn Astronomie ist nach wie vor ein Thema, das viele Menschen fasziniert. Das Interesse steige sogar, so Bendl, im Verein seien mittlerweile auch viele Frauen aktiv und auch mit Schulen und mit den „MINT-Girls“ gibt es Kooperationen, sodass eigentlich jede Regensburger Gymnasiastin und jeder Gymnasiast in der Oberstufe mindestens einmal die Sternwarte besucht. Die Mitglieder selbst bringen meist bereits ein gewisses Interesse mit, ansonsten ist es eher ein „Learning by doing“. „Das Vermitteln ist das schwierigere“, erklärt Bendl.

Ein größerer Sternschnuppenregen findet wieder im Dezember statt und lässt sich wunderbar von der Sternwarte aus beobachten. Die Pandemie hat die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Sternwarte etwas getrübt, die meisten Veranstaltungen wurden auf 2021 verschoben. Mehr Informationen zur Sternwarte sowie aktuelle Neuigkeiten findet man im Internet unter www.sternwarte-regensburg.de. Aufgrund der aktuellen Entwicklung der Pandemie wird empfohlen, sich vorab auf der Homepage der Sternwarte über aktuelle Beschränkungen und kurzfristige corona-bedingte Veränderungen zu informieren.

Regensburg