Sozialabgaben und Steuern hinterzogen
Steuerfahndung: Da wurde das 'Lustschloss' zum Frustschloss

11.07.2017 | Stand 21.07.2023, 0:33 Uhr
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Sie hatten nichts mit Spaß und Sex im Sinn: Bei ihrem Besuch im damaligen „Arkanum Lustschloss” deckten Steuerfahnder und Zollbeamte auf, dass die Geschäftsführerinnen des Etablissements über Jahre hinweg Sozialabgaben und Steuern hinterzogen hatten. Dafür kamen die Ex-Chefin (56) und ihre „Strohfrau” (59) aus Mintraching mit Bewährungs- und Geldstrafen noch glimpflich davon.

ECHING / LANDSHUT Laut der von Staatsanwalt Dr. Thomas Schlappa vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Landshut vertretenen Anklage war die Mintrachinger Verkäuferin von Oktober 2005 bis Mai 2012 zwar formelle Geschäftsführerin des Swingerclubs, dessen Gäste mit Essen, Getränken, Shows verwöhnt wurden und Spaß beim Sex in den verschiedensten Spielarten fanden. Die 59-Jährige fungierte allerdings nur als „Strohfrau”, faktische Geschäftsführerin war die 59-jährige Eventorganisatorin: Sie stellte die Mitarbeiter ein, gab die Arbeitsanweisungen und wickelte die Lohnzahlungen ab.

In dem von der Anklage umfassten Zeitraum von August 2009 bis Oktober 2013 wurden von der Betreibergesellschaft „Premium Lifestyle KG” eine Vielzahl von Arbeitnehmern eingesetzt, wobei für 56 von ihnen keine oder falsche Angaben gegenüber den Einzugsstellen zur Sozialversicherung gemacht und damit keine oder zu geringe Beiträge abgeführt wurden. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum rund 900.000 Euro an „Schwarzlöhnen” ausgezahlt und damit rund 380.000 Euro an Beiträgen hinterzogen.

Getürkt wurde auch bei den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und dann bei den jährlichen Umsatzsteuererklärungen. Dabei wurden insgesamt knapp 180.000 Euro hinterzogen, wobei die „Strohfrau” die Erklärungen für die Jahre von 2008 an bis zu ihrem Ausscheiden 2011 mit einem hinterzogenen Betrag von 85.000 Euro ohne nähere Prüfung der Angaben auf deren Plausibilität unterschrieb.

Die Ex-Clubchefin hatte - wie ihre „Strohfrau” - schon bei den ersten Vernehmungen die Hinterziehung der Sozialabgaben und Steuern eingeräumt. Und nicht nur das: Sie händigte den Fahndern Listen aus, auf denen die geleisteten Arbeitsstunden der Clubgeschichten sowie die gezahlten Vergütungen penibel aufgelistet waren.

Vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Landshut bestätigte die 56-Jährige: „Ich war die Chefin und habe dem Steuerberater die falschen Zahlen geliefert.” In den ersten Jahren habe der Swingerclub in erster Linie Verluste gemacht. Um das den Kommanditisten nachzuweisen, habe sie die Unterlagen über die Lohnzahlungen die ganze Zeit aufbewahrt. „Ich selbst habe in all den Jahren Tag und Nacht nur gearbeitet und mir nicht einmal das monatliche Geschäftsführer-Gehalt abgezweigt. Das ganze Geld wurde in die Erweiterung, die Umbauten und die Ausstattung investiert.” Erst im letzten Jahr sei es dann besser gelaufen und die Gewinnzone erreicht worden. Die 58.000 Euro, die man da auf der „hohen Kante” gehabt habe, seien allerdings vom Fiskus beschlagnahmt und auf die Steuerschulden angerechnet worden.

Die „Strohfrau”, habe mit den Geschäftsabläufen nichts zu tun gehabt, lediglich die Steuererklärungen unterschrieben. Das bestätigte die 59-Jährige: „Ich habe 18.000 Euro Kredit aufgenommen, um als Kommanditistin einsteigen zu können. Ich hatte auf ein paar Euro mehr für meine Altersversorgung gehofft.” Weil sie dann eine Gaststättenerlaubnis hatte, sei sie dann überredet worden, als formelle Geschäftsführerin zu firmieren. Tatsächlich habe sie nur Vorhänge für das Etablissement genäht und dann die Steuererklärungen unterschrieben. „Ich hatte ja noch nebenbei einen 40-Stunden-Job.” Das nahmen ihr die Prozessbeteiligten ab und deshalb wurde gegen sie der Vorwurf der Sozialabgaben-Hinterziehung eingestellt.

Wie ein Steuerfahnder bestätigte, war der „Tipp” von einer ehemaligen Angestellten gekommen. „Die war eigentlich für die Lohnbuchhaltung eingestellt worden, aber es hat bei ihr nur für das Kassenbuch gereicht”, so die ehemalige Chefin. Ein Mitarbeiter der Rentenversicherung bestätigte, dass es schon eine Ausnahme sei, wenn man Unterlagen „so schön präsentiert bekommt”.

Das Schöffengericht verhängte gegen die "echte" Chefin für die Hinterziehung der Sozialversicherungsbeiträge in insgesamt 180 Fällen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Für die Steuerhinterziehung in 26 Fällen (einschließlich Voranmeldungen) wurde sie zudem zu einer Geldstrafe von 700 Tagessätzen à 200 Euro (14.000 Euro) verurteilt. Mit dieser Lösung blieb ihr der Knast erspart. Die „Strohfrau”  kam für vier Fälle der Steuerhinterziehung (Jahresmeldungen) mit einer Geldstrafe von 350 Tagessätzen à 30 Euro (10 500 Euro) davon.

Damit entsprach das Schöffengericht weitgehend den Anträgen der Verteidiger Benjamin Zölls und Dr. Annette von Stetten und blieb erheblich unter den Anträgen von Staatsanwalt Dr. Schlappa, der für die 56-jährige eine Vollzugsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, für die „Strohfrau” eine Bewährungsstrafe von 14 Monaten gefordert hatte.

In der Urteilsbegründung stellte Strafrichter Alfred Zimmerer fest, dass die beiden Frauen mit einer gehörigen Portion Naivität und Dilettantismus vorgegangen seien: „Ohne jeglichen geschäftlichen Hintergrund richtig verkracht.” Strafschärfend habe zwar der hohe Schaden zu Buche geschlagen, andererseits hätten die beiden Angeklagten davon nicht eigennützig gehandelt und davon profitiert: „Die Gelder wurden in den laufenden Geschäftsbetrieb investiert und nicht wie sonst bei Steuersündern Usus in ein Luxusleben.

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