Flughafen-Region bebt
Seehofer will Startbahn-Entscheidung vor der Wahl

27.10.2017 | Stand 31.07.2023, 1:44 Uhr
−Foto: Foto: AufgeMUCkt

Noch vor dem Herbst 2018 soll über das weitere Vorgehen bezüglich einer dritten Startbahn für den Münchner Flughafen entschieden werden.

FLUGHAFEN Im Streit um eine dritte Startbahn für den Münchner Flughafen erhöht Ministerpräsident Horst Seehofer den zeitlichen Druck auf die Landeshauptstadt München. Seehofer will eine Entscheidung noch 2018 vor den Wahlen im Herbst. In einem Interview hatte er sich geäußert: „Ich bin dagegen, dass man das hinter die nächste Wahl schiebt.“ Ziel der Staatsregierung ist ein neuer Bürgerentscheid in München, der den Weg für das derzeit eingefrorene Milliardenprojekt freimachen soll. Dafür müsste allerdings Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD zustimmen. Noch im Juli, als Erwin Huber im Landtag eine Entscheidung vor den Wahlen eingefordert hatte, war dieser von Seehofer darauf hingewiesen worden: „Es gibt kein Ultimatum, das ist nicht der Stil der Staatsregierung“. Jetzt erklärt der Ministerpräsident, die Bevölkerung erwarte ein klare Aussage. Man müsse jetzt schnell klären, „was läuft und was nicht.“ Die mögliche dritte Startbahn wurde per Bürgerentscheid in München 2012 abgelehnt. Seither gab es keine Bewegung in dieser Sache. Die Stadt München, die neben dem Bund und Bayern einer der drei Airport-Gesellschafter ist, fühlt sich daran gebunden und will von ihrem Veto erst nach einer neuen Befragung der Bürger abrücken. Den Schritt aber will Reiter erst gehen, wenn die Zahl der Starts und Landungen über einen längeren Zeitraum deutlich steigt. Der Aufsichtsrat der Flughafen GmbH will – so hieß es bisher – frühestens Anfang 2018 über weitere Schritte entscheiden. Damit die Startbahn gebaut werden kann, müssen alle drei Seiten zustimmen.

Aufgetaucht ist nun die Möglichkeit, etwa durch die Umwandlung der Flughafen München GmbH in eine Aktiengesellschaft, den Widerstand Münchens zu umgehen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte diese Version offen thematisiert und eine schnelle Entscheidung gefordert. Diese Variante lässt Seehofer nun offenbar prüfen, obwohl er immer von einer einvernehmlichen Lösung mit der Landeshauptstadt gesprochen hatte.

Die Startbahn-Gegner laufen unterdessen Sturm

Der „Wahlverlierer Seehofer“ stehe in seiner Partei offenbar dermaßen unter Druck, dass er bereit sei, die Interessen der Bevölkerung im Flughafen-Umland „auf dem Altar des persönlichen Machterhalts zu opfern“, polterte Dr. Christian Magerl von den Grünen. Das sei „schäbig“. „Die Umwandlung der staatlichen Flughafen München GmbH in eine Aktiengesellschaft wäre der bislang schlimmste und folgenschwerste Wortbruch von Horst Seehofer.“ Benno Zierer von den Freien Wählern sprach ebenfalls von einem drohenden skandalösen Wortbruch. „Unzählige Male hat Seehofer beteuert, dass eine dritte Startbahn nicht mit Tricksereien durchgesetzt werden soll - und nicht gegen den Willen der Stadt München. Die AG-Lösung, mit der das Vetorecht der Landeshauptstadt ausgehebelt werden kann, habe er stets kategorisch abgelehnt. Jetzt, da der Ministerpräsident um sein politisches Überleben kämpft, „interessiert ihn das alles nicht mehr.“ Die Startbahn-Gegner vom Aktionsbündnis „AufgeMUCkt“schreiben: „Seehofer muss um seine Zukunft bangen, innerhalb der CSU wird er von vielen Seiten angegriffen, jetzt muss er Erfolge liefern. Dabei ist ihm jedes Mittel Recht und sein eigenes Wohl steht dabei über dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger.“ Heute wisse Seehofer, „dass er einen erneuten Bürgerentscheid krachend verlieren würde“. „Und dann bleibt nur die Trickserei und der Betrug an den Bürgerinnen und Bürgern, um eine unsinnige und unnötige 3. Startbahn durchzudrücken.“ Unterstützung kam dagegen von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. „Sollte die Stadt München keinen weiteren Bürgerentscheid veranlassen, setzen wir auf den juristischen Weg zur Realisierung der dritten Startbahn über die Umwandlung des Flughafens in eine Aktiengesellschaft“, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

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