NS-Vergangenheit
Schwieriges Gedenken – die Polizei am Minoritenweg war einst die Gestapo-Zentrale

25.04.2018 | Stand 13.09.2023, 6:54 Uhr
−Foto: n/a

Die Sanierung des Baus am Minoritenweg wirft die Frage auf: Wie gedenkt man der NS-Vergangenheit? Für die Polizei, die das Gebäude nutzt, eine heikle Frage.

REGENSBURG Nazi-Architektur hat eine seltsame Eigenschaft: Irgendwie fällt sie kaum auf. Man sieht, das Gebäude ist alt. Oft wirkt es wie die vielen klassizistischen Bauten, weil Ansätze von Säulen oder Friese herausgearbeitet sind. Doch dass die Nazis damit ein Zeichen setzten, ihre krude Weltordnung in Stein meißelten, das fällt heutzutage oft gar nicht mehr auf.

Ein bisschen so ist das auch mit der Polizei am Monoritenweg, in der bis heute die Polizeiinspektion Süd untergebracht ist. Die Beamten, die von dort aus die Regensburger Altstadt schützen und alles südlich der Donau bis zur Stadtgrenze, wissen wohl zum größten Teil nicht, welches Geheimnis das Gebäude am Minoritenweg birgt: Gebaut 1936 als Ausdruck der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten in Regensburg, war es der Sitz der Geheimen Staatspolizei, besser bekannt als Gestapo. Von hier aus verbreitete sich der Terror der NS-Diktatur auch in Regensburg.

Genau das aber wird jetzt zum Problem: Das Gebäude wird generalsaniert, es steht unter Ensembleschutz. Wie bei anderen Denkmälern auch, wird auch die Polizei einige Vorrichtungen erhalten müssen – so werden zum Beispiel im Bereich des ursprünglichen Haupteingangs die Türen und Fenster im ursprünglichen Zustand belassen“, heißt es von Seiten der Polizei auf Wochenblatt-Anfrage, „und das Haupttreppenhaus bleibt wie bestehend erhalten“.

Hier entschied sich das Schicksal Regensburgs

Doch in dem Gebäude wurden nicht nur Existenzen während der NS-Zeit zerstört. Hier entschied sich auch das Schicksal Regensburgs und eine der schrecklichsten Taten kurz vor Kriegsende: Die Ermordung des Dompredigers Dr. Johann Maier sowie des 70-jährigen Rentners Josef Zirkl wurde hier in einem Standgerichtsverfahren vorbereitet. Am 23. April 1945 kam es in Regensburg zu einer Demonstration, an der zumeist Frauen, aber auch Rentner wie Zirkl oder der pensionierte Polizist Michael Lottner teilnahmen. Lottner, der wegen eines Dienstunfalls nicht mehr als Polizist arbeiten konnte, hatte es gewagt, diesen Satz zu sagen: „Lasst doch den Domprediger reden! Ihr wisst ja gar nicht, was er sagen will!“ Daraufhin wurde Lottner in die NSDAP-Kreisleitung (damals Schwarzhaupt-Villa, heute steht dort die IHK) verschleppt, wo er ermordet wurde. Ähnlich sollte es kurze Zeit später auch Maier und Zirkl ergehen.

Standgericht kam in der Gestapo zusammen

Im ersten Stock des Minoritenwegs indes, angeblich auf Zimmer 114, tagte das Standgericht an jenem Schicksalstag für Regensburg am Abend des 23. April bis 0.30 Uhr morgens. Das Urteil wurde etwa gegen 3.25 Uhr vollstreckt – Gestapo-Beamte knöpften Maier und Zirkl auf, die Leiche Lottners wurde herbeigeschafft und am Moltkeplatz, der heute Dachauplatz heißt, als grausames, abschreckendes Beispiel dargeboten.

Wie geht die Polizei heute damit um, was in ihren Räumen passiert ist? Nun, zaghaft.

„Wegen der aktuellen und auch künftigen Nutzung des Gebäudes als Polizeiinspektion kann eine einfache öffentliche Zugänglichkeit nicht gewährleistet werden“, schreibt ein Polizeisprecher auf Anfrage. Man rege eine museale Präsentation der Themen „Regensburger Täter“ und „Regensburger Opfer“ beispielsweise im benachbarten Museum an, das ohnehin ab 2019 saniert wird. Auch ein Ort im Museum der Bayerischen Geschichte sei denkbar, man stehe dazu in Gesprächen mit der Stadt und mit dem staatlichen Bauamt.

Immerhin: Das „Domprediger-Dr.-Johann-Maier-Zimmer“, in dem wohl das Urteil gesprochen wurde, soll künftig als Lehrraum genutzt werden. Eine Tafel soll an das Geschehene im Treppenhaus erinnern.

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