Unterschätzte Bedrohung
Plötzlicher Herztod Thema beim „Ratgeber Gesundheit“ in Amberg

21.11.2019 | Stand 02.08.2023, 19:12 Uhr
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Unser Herz hat nie Urlaub. 70 Mal in der Minute, 100.000 Mal am Tag schlägt es und sieben Tonnen Blut pumpt es pro Tag durch unseren Kreislauf. Doch von einer Sekunde auf die andere kann der plötzliche Herztod eintreten. 65.000 Menschen trifft es jedes Jahr allein in Deutschland. Ausgelöst durch das plötzliche Auftreten bösartiger Herzrhythmusstörungen, wie etwa dem Kammerflimmern. Unter dem Motto „Bedrohliche Herzrhythmusstörungen – Wie schütze ich mich vor dem plötzlichen Herztod?“ stehen dieses Jahr auch die bundesweiten Herzwochen von Freitag, 1. November, bis Samstag, 30. November.

AMBERG Im mehr als voll besetzten Speisesaal des Klinikums Amberg haben sich jetzt PD Dr. Christoph M. Birner, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I am Klinikum, und Dr. Elke Göldl, niedergelassene Internistin in der Praxis für Kardiologie und Kinderkardiologie in Amberg, diesem Thema beim „Ratgeber Gesundheit“ gewidmet. „Ziel unseres Vortrags ist es, Ihnen allen die Angst vor diesem Thema zu nehmen. Nur indem wir darüber sprechen, kann der plötzliche Herztod bekämpft werden“, startete PD Dr. Birner. „Durch unsere beiden Vorträge wollen wir ganz bewusst die ambulante und die stationäre Medizin miteinander verzahnen. Ich bin von der großen Resonanz überwältigt.“

Der Aufbau des Herzens ist kompliziert, insbesondere die „Elektronik“. „Der Puls ist das, was jeder von uns vom Herzschlag wahrnimmt. 60 bis 90 Schläge pro Minute sind normal. Sind wir aufgeregt, können es auch 100 bis 120 sein“, erklärt Dr. Göldl. „Es gibt kein Herz, das nicht zwischendurch einen zusätzlichen Herzschlag abgibt, das ist aber nicht lebensbedrohlich.“ Ursachen dafür können Stresshormone oder auch eine Schilddrüsenüberfunktion sein. In diesem Fall spricht man vom Stolperherz, ein Beispiel hierfür ist kurzfristig auftretendes Vorhofflimmern. Viel gefährlicher dagegen ist das Kammerflimmern. In 75 Prozent der Fälle sind Koronare Herzerkrankungen (KHK) die Ursache dafür. Dahinter steckt eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels aufgrund von Einengungen der Herzkranzgefäße wie Blutgerinnseln. Die wiederum können zum Herzinfarkt und auch zu einer Herzschwäche führen. Seltener dagegen sind Herzklappenerkrankungen sowie angeborene Herzfehler Ursache für einen plötzlichen Herztod.

Eine große Rolle spielt nach wie vor der Lebensstil. Bluthochdruck, ein erhöhter Cholesterinwert, Rauchen, Bewegungsmangel sind hohe Risikofaktoren und sollten deshalb vermieden werden. Heißt: Regelmäßiger Sport hält das Herz zwar langfristig gesund und leistungsfähig, gerade bei Leistungs- oder Extremsport wird aber eine sportmedizinische-kardiologische Vorsorge empfohlen. „Bleibt eine Herzkrankheit unerkannt, kann es schnell gefährlich werden“, betont Dr. Göldl. „Generell empfehlen wir einen Check-Up beim Hausarzt ab dem 40. Lebensjahr, denn das Risiko für einen plötzlichen Herztod nimmt mit dem Alter zu. Männer sind sogar häufiger betroffen als Frauen.“

Dem Thema „Behandlung bösartiger Herzrhythmusstörungen“ widmete sich anschließend PD Dr. Birner. „Im Klinikum Amberg haben wir alle Behandlungsmöglichkeiten, um einen plötzlichen Herztod zu vermeiden. Schutz bietet zum Beispiel der Defibrillator. Er überwacht den Herzrhythmus kontinuierlich wie ein Langzeit-EKG und zeichnet Rhythmusstörungen auf. Durch eine Überstimulation versucht er häufig, die Störung schmerzfrei zu beenden.“ Beim Kammerflimmern reicht das dagegen nicht aus: Der Defi gibt dann einen Schock ab. Zwei Gruppen gibt es, die einen Defi brauchen. Diejenigen, die schon bösartige Herzrhythmusstörungen hatten und diejenigen, bei denen eine Krankheit Auslöser dafür sein kann. „Viele haben Angst vor einem Eingriff am Herzen. Die Implantation eines Defis ist aber nur ein sehr kleiner chirurgischer Eingriff in einem unserer Katheterlabore“, erklärt PD Dr. Birner. Komplikationen treten sehr selten auf. Lediglich bei zwei Prozent kann es zu Infektionen kommen, bei fünf Prozent kommt ein Defekt der Elektroden vor, so dass unnötige Schocks abgegeben werden. „Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle der Aggregate alle drei bis sechs Monate, weil sich daraus auch ein unmittelbarer Handlungsbedarf ergeben kann.“

Damit Theorie nicht Theorie bleibt, folgte zur Veranschaulichung am Ende noch eine Besichtigung der beiden Herzkatheterlabore des Klinikums. Anhand eines aufgebauten Dummys und zahlreicher Anschauungsmaterialien wurde die Theorie zur Praxis. „Die vielen Teilnehmer, die ihre Fragen gestellt haben sind eine tolle Resonanz für uns“, freut sich PD Dr. Birner. „Damit sind wir nah am Patienten und unser Ziel, aufzuklären, funktioniert.“

Schwandorf