Erfolgsgeschichte
Onleihe in Amberg– eine Bereicherung besonders auch für ältere und sehbehinderte Leser

18.12.2018 | Stand 04.08.2023, 3:22 Uhr
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Vor elf Jahren im November 2007 erfolgte der Startschuss für die Onleihe in Amberg. Damals eröffnete die Stadtbibliothek Amberg am Gregor-Mendel-Gymnasium eine Außenstelle und bot den Gymnasiasten an, über eine „Medientanke“ auf den gesamten Bibliotheksbestand zurückzugreifen. Sehr zum Vorteil auch der übrigen Nutzer: Sie bekamen damit per Internet ebenfalls Zugriff auf die digitalen Medien der Stadtbibliothek.

AMBERG In den darauffolgenden Jahren setzte sich diese Entwicklung kontinuierlich fort. Parallel zur Initiative in Amberg schlossen sich 2008 und damit vor genau zehn Jahren vier ostbayerische Bibliotheken – die Stadtbibliothek Deggendorf, die Stadtbücherei Landshut, die Stadtbibliothek Straubing sowie die Regionalbibliothek Weiden – zusammen, um als Pilotprojekt den Verbund Niederbayern-Oberpfalz zu gründen. Auch sie entschlossen sich, ihren Kunden das digitale Medienangebot der Firma divibib, die so genannte Onleihe, zur Verfügung zu stellen.

Der Vorteil dieses Verbundes lag auf der Hand. Aufgrund eines hohen Gesamtetats konnte ein umfassendes Medienkontingent für die Leserinnen und Leser angeschafft werden. Das bedeutete, dass gerade in der Anfangszeit der Verbund über eine größere Buchauswahl verfügte als etwa die Münchner Stadtbibliothek. Davon ließ sich auch die Stadtbibliothek Amberg überzeugen und trat dem Zusammenschluss zwei Jahre nach seiner Gründung bei. 2012 und damit nochmals zwei Jahre später beschloss auch die Stadtbücherei Regensburg, Teil des Bündnisses zu werden.

Digitale Mediennutzung über den Bibliotheksverbund sehr erfolgreich

Heute verfügt der Onleihe-Verbund Niederbayern-Oberpfalz über einen Etat von jeweils 7.000 Euro pro Bibliothek sowie 14.000 Euro von der Stadtbücherei Regensburg. Der Gesamtbestand betrug im Oktober 2018 mehr als 34.000 Exemplare und im Jahr 2017 wurden mehr als 266.000 Ausleihen gezählt – Tendenz steigend, denn 2018 wird vermutlich sogar die Zahl von 300.000 Ausleihen überschritten. Zu den verfügbaren Medienarten gehören E-Books, E-Audios, also Hörbücher, die E-Paper-Ausgaben von Zeitungen und Magazinen sowie Musik und Videos in elektronischer Form.

Allein im Oktober 2018 wurden 3.969 aktive Nutzer gezählt, häufigste Ausleihtage sind Feiertage und das Wochenende. Zu den meistgenutzten Titeln gehören die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel, Bücher und Hörbücher von Rita Falk sowie Krimis und Liebesromane. Zu den kuriosesten Titeln gehörten unter anderem Informationen zur Zahnpflege für Pferde, „Multinationale Befehlsausgabe – Englisch für militärische Führungskräfte“ und das Buch „Bettina Müller – Werwölfin mit Sex-Appeal“.

Die Onleihe war und ist besonders für ältere sowie sehbehinderte Leser eine Bereicherung. Denn auf Mobilgeräten kann die Schriftart und -größe je nach Wunsch eingestellt werden. Auch ist durch die integrierte Hintergrundbeleuchtung ein Lesen selbst bei schlechten Lichtverhältnissen möglich. Auch Kinder und Jugendliche haben die Freuden des digitalen Lesens längt entdeckt. Die bildschirmaffine junge Generation findet den Zugang zu den elektronischen Lesegeräten und eBooks häufig sogar leichter als zu gedruckten Büchern.

„So findet Leseförderung auf neuen, modernen Wegen statt“, freut sich die Leiterin der Stadtbibliothek Amberg Bettina Weisheit und verweist darauf, dass gerade auch Bewohner des ländlichen Raumes, die oft fernab von der nächsten öffentlichen Bibliothek leben, von der digitalen Zweigstelle profitieren. Mit der Einführung einer Onleihe-App sei schließlich ein neues Zeitalter eingeläutet worden, so Weisheit: „Seit diesem Zeitpunkt ist auch eine komfortable Nutzung von eBooks und elektronischen Hörbüchern auf Tablet oder Smartphone möglich.“ Damit sind die Onleihe-Nutzer noch mobiler und können jederzeit auch unterwegs oder im Urlaub neue Titel herunterladen oder streamen.

Wie geht es weiter?

Dennoch sind die Verantwortlichen des Onleihe-Verbundes aufgrund neuerer Entwicklungen besorgt. So fühlen sich in den letzten Jahren immer mehr Verlage durch diese Veränderung bedroht und fürchten um ihre Umsätze. Denn E-Books fallen, im Gegensatz zu gedruckten Büchern, nicht unter die gesetzliche Regelung des Urheberrechts. Man erwirbt beim Kauf von E-Books also kein Eigentum, sondern lediglich eine Nutzungsberechtigung. Daher können Verlage auch selbst entscheiden, ob sie ihre E-Books den Bibliotheken überhaupt zum Kauf anbieten wollen – und wenn ja, zu welchen Konditionen.

Dies hat zur Folge, dass viele Bücher für Bibliotheken und Verbünde nicht mehr zur Verfügung stehen. E-Books werden zu vergleichsweise teuren Preisen angeboten, mit Nutzungsbeschränkungen versehen oder erst Monate nach dem Erscheinungsdatum zum Kauf zur Verfügung gestellt. Sollte sich diese Praxis fortsetzen, sehen viele Bibliotheken inzwischen den sinnvollen Fortbestand der Onleihe gefährdet. Leidtragende wären vor allem Menschen mit geringem Einkommen sowie Kinder, die sich nicht alle interessanten Titel selbst kaufen können.

Aus diesem Grund schließt sich der Verbund Niederbayern-Oberpfalz der Forderung des Deutschen Bibliotheksverbands dbv an die Politik an, das momentan bestehende Urheberrecht zu aktualisieren und rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausleihe von E-Books und E-Medien zu schaffen. Wer diese Forderung unterstützen möchte, kann sich an der dbv-Kampagne „E-Medien in der Bibliothek – mein gutes Recht!“ beteiligen, die auf der Seite www.bibliotheksverband.de zu finden ist.

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