Mobilität in der dritten Dimension
Nutzung des Luftraums – in der Region Ingolstadt soll die städtische Mobilität der Zukunft erprobt werden

19.06.2018 | Stand 04.08.2023, 12:12 Uhr
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Experten sind sich einig: Wer die Zukunft des urbanen Verkehrs planen will, muss neue Wege gehen. Die Nutzung des Luftraums, der „dritten Dimension“, ist einer davon. Fluggeräte könnten als Verkehrsmittel eine neue, effektive Form der Mobilität darstellen.

INGOLSTADT Mit ihrer Initiative „Urban Air Mobility“ (UAM) will die Europäische Innovationspartnerschaft der smarten Städte und Gemeinden (EIP-SCC) mit Unterstützung der Europäischen Kommission Städte, Bürger, Unternehmen und Interessensvertreter zusammenbringen, um praktische Anwendungsstudien und Initiativen zu starten. Die UAM-Initiative wird angeführt von Airbus, mit der Beteiligung von Eurocontrol und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA).

Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie wurde vom Stadtrat der Stadt Ingolstadt bereits im Februar einstimmig beschlossen, als Pilotstadt Testfelder für verschiedene Formen der digitalen Mobilität bereitzustellen. Zusammen mit dem Land Bayern, den Landkreisen der Region und Partnern aus Industrie und Forschung wurde eine Beteiligung an der UAM-Initiative des EIP-SCC vereinbart.

„Ingolstadt ist immer bereit, neue und vielversprechende Technologien auszuprobieren, um die Lebensqualität unserer Bürger zu verbessern! Ein Modellversuch für Flugtaxis für Personen-, Kranken- oder Organtransporte passt hervorragend zu uns und schärft unsere Ausrichtung als bundesweites Zentrum für die Erprobung digitaler und autonomer Mobilität. Wir unterstreichen damit einmal mehr unseren Anspruch als führender Standort für Industrie, Entwicklung und Forschung. Bei diesem Versuch ist es mir wichtig zu betonen, dass ein Flugtaxi den ÖPNV ergänzen, aber keinesfalls ersetzen soll. Die Bevölkerung wird in die Machbarkeitsstudien aktiv einbezogen und die Belange hinsichtlich Lärm und Sicherheit müssen natürlich berücksichtigt werden“, so Dr. Christian Lösel, Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt.

Am Dienstag, 19. Juni, wurde im Bayerischen Wirtschaftsministerium in München eine entsprechende Vereinbarung („Manifesto of Intent“) formell unterzeichnet. In Anwesenheit von Joachim Menze, dem Leiter der Münchner Regionalvertretung der Europäischen Kommission, unterzeichneten Franz Josef Pschierer (Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie), Dr. Marion Kiechle (Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst), Gerhard Eck (Staatssekretär für Inneres und Integration), Josef Zellmeier (Staatssekretär für Wohnen, Bauen und Verkehr), Dr. Christian Lösel (Oberbürgermeister Stadt Ingolstadt), Martin Wolf (Landrat Pfaffenhofen), Anton Knapp (Landrat Eichstätt), Roland Weigert (Landrat Neuburg-Schrobenhausen), Dr. Vassilis Agouridas (Leiter der EIP-SSC UAM Initiative, Airbus) und Munish Khurana (Eurocontrol).

Weitere Partner, die das „Manifesto of Intent“ unterstützen und mitunterschreiben sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Airbus, die Audi AG, der Flughafen München, das Fraunhofer-Anwendungszentrum, Bauhaus Luftfahrt, das Klinikum Ingolstadt, die Technische Hochschule Ingolstadt und die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Diese Partner (und weitere, die sich noch anschließen werden), wollen sich in der Region Ingolstadt engagieren, um hier ein innovatives Mobilitätsmodell zu entwickeln, mit dem Einsatz von Flugtaxis in verschiedenen Anwendungen.

Ingolstadt kann hierbei mit seiner zentralen Lage punkten. Alle bayerischen Großstädte liegen im 100-km-Radius um die Stadt und somit innerhalb der Reichweite eines Flugtaxis. Neben den Flugstrecken in Stadt und Region ist diese zentrale Erreichbarkeit anderer Großstädte ein wichtiges Kriterium. Modellhaft sollen Flugtaxis und ihr Nutzen für die Bevölkerung in den Bereichen Personenbeförderung, Rettungsdienst und öffentliche Sicherheit getestet werden.

Ingolstadt und die Region zeichnen sich damit zunehmend als Zentrum für autonome und digitale Mobilität aus. Neben der Audi AG und Airbus als Vertreter der Industrie hat sich die Technische Hochschule in ihrem Kernbereich der Mobilität (Fahrzeug und Luftfahrt), als auch durch Forschungsgebiete im Bereich neuer Mobilitätskonzepte profiliert. Das neue Digitale Gründerzentrum „brigk“, das beschlossene Fraunhofer-Institut und weitere Partner bilden ein Kompetenzzentrum in Sachen autonomer und digitaler Mobilität und künstlicher Intelligenz.

Wichtige Projektbeteiligte haben bereits ihre Unterstützung für die Bemühungen zur Erprobung von Mobilitätsinnovation zugesagt: „Ich freue mich, dass Ingolstadt hier eine Vorreiterrolle übernehmen will und dieses hochinnovative Thema voranbringt. Das Bayerische Wirtschaftsministerium unterstützt dieses Vorhaben tatkräftig und aus Überzeugung! Wir können damit unsere Position als einer der bedeutendsten und traditionsreichsten Luft- und Raumfahrtstandorte in Industrie und Forschung weiter festigen. Damit spielt Bayern nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Kontext erneut ganz vorne mit, wenn es darum geht, Transportmöglichkeiten auch in der dritten Dimension, nämlich in der Luft, weiter voranzutreiben“, so Staatsminister Franz Josef Pschierer. „Es freut mich, dass der Industrie- und Hochschulstandort Ingolstadt mit einem Modellvorhaben für Flugtaxis neue Wege beschreitet. Bayern ist führend bei der Erforschung und Entwicklung der Spitzentechnologie von morgen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind mutige, kreative Lösungen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nötig. In Ingolstadt werden die Verkehrswege der Zukunft erschlossen und gestaltet. Das ist gelebte Innovation“, sagt Staatsministerin Dr. Marion Kiechle. „Bayern ist der richtige Ort für die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte. Im gesamten Spektrum zukünftiger Transportsysteme für Personen und Güter kann das Flugtaxi einen wichtigen Beitrag leisten. Eine der großen Zukunftsfragen wird dabei auch sein, Flugtaxis sicher in den stark genutzten Luftraum zu integrieren. Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr wird die notwendigen Prozesse nach Kräften unterstützen“, so Staatssekretär Josef Zellmeier. „Ich weiß nicht, ob die Autos der Zukunft tatsächlich fliegen werden, aber ich will dass sie in Ingolstadt entwickelt und gebaut werden. Die Weichen dafür werden jetzt gestellt. Wir haben deshalb in den letzten Wochen intensiv daran gearbeitet ein Bündnis zu schmieden, mit dem wir die Region Ingolstadt als Forschungs- und Entwicklungsstandort für die Mobilität der Zukunft in Europa positionieren möchten“, bekräftigt Dr. Reinhard Brandl, Mitglied des Deutschen Bundestags „Wir sind ein Landkreis, der historisch bis zum heutigen Tag in seinem Wirtschaftsniveau stark geprägt ist von Automobilität und Flugzeugstandorten. Daraus ergibt sich ein besonderer Auftrag, sich um künftige Herausforderungen und Aufgaben im Bereich der Mobilität zu kümmern“, sagt Landrat Martin Wolf, Landkreis Pfaffenhofen. „Ich sehe die ‚Urban Air Mobility‘, die Nutzung der „dritten Dimension“, als echte Chance, viele Herausforderungen, die sich in Sachen Verkehr und Mobilität stellen, nachhaltig zu meistern. Die Reduktion von Immissionen insbesondere in Ballungsräumen, die Senkung des Flächenverbrauchs für Verkehrswege und ein noch schnellerer Krankentransport in Notfällen sind nur einige der Perspektiven, die dieses Projekt bietet. Ich begrüße die Initiative der Stadt Ingolstadt und bin gespannt auf die Erkenntnisse, die wir gemeinsam gewinnen werden“, so Landrat Roland Weigert, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen „Der Landkreis Eichstätt ist stets aufgeschlossen für neue technologische Entwicklungen und unterstützt getreu seinem aus der regionalen Zusammenarbeit entworfenen Leitmotiv ‚Aufstrebender Geist in Lebensqualität und Bildung‘ die Mobilität in der dritten Dimension“, so Landrat Anton Knapp, Landkreis Eichstätt. „Als Hochschule mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Mobilität sind wir davon überzeugt, dass innovative Mobilitätskonzepte im Luftraum Zukunftspotenzial haben. Wir freuen uns daher, das Vorhaben durch wissenschaftliche Begleitung unterstützen zu können. Dabei wollen wir mit unseren Kompetenzen in den Bereichen Luftfahrtforschung und Mobility Management einen Beitrag zum Gelingen des Projekts sowohl aus technischer als auch wirtschaftlicher Sicht leisten“, sagt Prof. Dr. Walter Schober, Präsident der Technischen Hochschule Ingolstadt „Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt beschäftigt sich bereits jetzt mit gesellschaftlichen, psychologischen und ethischen Fragen von Mobilität. Bei der Erforschung individueller Verkehrsmittel werden wir unsere Expertise einbringen, wenn es um Fragen von Bürgerbeteiligung und Akzeptanz neuer Technologien geht“, so Prof. Dr. Gabriele Gien, Präsidentin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

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