Mobilfunkmast in Weigendorf geplant
Landwirtin hat Angst vor einer „strahlenden“ Zukunft

26.06.2019 | Stand 29.07.2023, 4:22 Uhr
−Foto: Foto: sw/br

Der geplante Standort für den Bau eines Mobilfunkmasts erhitzt derzeit die Gemüter in Weigendorf bei Loiching – allen voran Anwohnerin und Landwirtin Simone Niedermeier, die sich aufgrund der Strahlung vor allem um die Gesundheit ihrer Tiere Sorgen macht.

LOICHING/WEIGENDORF 36 Jahre ist das Handy mittlerweile alt – doch Empfang hat man damit längst immer noch nicht überall. Vor allem ländliche Regionen sind in Deutschland nach wie vor oftmals von der „mobilen Außenwelt“ abgeschnitten. Auch in und um Weigendorf bei Loiching kann man davon ein Lied singen. Ein neuer Mobilfunkmast soll jetzt für (besseren) Empfang sorgen. Doch nun erhitzt ausgerechnet der Mast selbst, oder besser gesagt der Standort erneut die Gemüter in der Gemeinde.

Geht es nach den Plänen der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG), einer hundertprozentigen Tochter der Deutschen Telekom, soll der 40 Meter hohe Mobilfunkmast nämlich zwischen Weigendorf und Süssbach gebaut werden – nur rund 240 Meter von Landwirtin Simone Niedermeier entfernt, die in Atzbach zusammen mit ihrer Familie einen idyllischen Einödhof mit Zuchtsauen, Rindern und Bienenvölkern betreibt. Doch nicht nur um die Gesundheit von Mensch und Tier macht sich die Agraringenieurin aufgrund der Strahlenbelastung große Sorgen – auch die Art und Weise, wie sie vom Bau erfahren hat, verärgert Niedermeier bis heute.

„Wir wussten, dass ein Mobilfunkmast geplant ist und dass dafür unser direkter Nachbar vom nächstgelegenen Hof in Staudach einen Teil seines Grundstücks an die DFMG abtritt. Allerdings gingen wir, wie auch der Plan im Bürgerbrief gezeigt hat, davon aus, dass der Mast in der Nähe seines Hofes stehen würde“, erinnert sich die junge Landwirtin. Jedenfalls bis zu dem Tag vor einigen Wochen, als sie zufällig den Nachbarn zusammen mit einem Vertreter der DFMG in Sichtweite ihres Hofes und an ihrer Grundstücksgrenze gesehen hätte.

„Die waren eifrig am Ausloten und klärten uns wenig verständnisvoll auf, dass da vor unserer Hofeinfahrt ein 40 Meter hoher Funkmasten hinkäme, weil’s hier am besten passt, sozusagen eine imposante Säule kommunikativer Glückseligkeit. Wichtig wäre das fürs Allgemeinwohl, damit jeder einwandfrei telefonieren kann, schnelles Internet und so.“

Überrumpelt und irritiert hätte sie ein erstes Aufbäumen gewagt und darauf hingewiesen, dass doch ein ganz anderer Standort, viel weiter östlich hinter dem Wald anvisiert gewesen wäre. Doch darauf sei man nicht eingegangen und habe ihr erklärt, dass der neue Standort besser, weil höher gelegen sei.

−Foto: sw/Montage br

„Bauernschlau wie wir sind, dachten wir, wenn bei uns schon der ultimative Strahlenschleuder-Standort ist, dann könne man den 40 Meter hohen, weißen Beton-Pfosten ja auch auf unser Grundstück direkt daneben stellen, das noch dazu noch einmal ein paar Meter höher liegt. Auch ein Übel, aber eben kleiner. Zumindest würden wir dann finanziell von der DFMG für den Anblick und die angeblich nicht vorhandenen, gesundheitlich bedenklichen Strahlen entschädigt“, so Niedermeier etwas sarkastisch.

„Bei meinen Recherchen bin ich auf Erfahrungen ähnlich betroffener Landwirte gestoßen, bei denen, nachdem der Mobilfunkmast in unmittelbarer Nähe aufgestellt wurde, die Sauen beispielsweise nicht mehr so schnell schwanger wurden und vor allem vermehrt Missbildungen auftraten. Für uns als Haupterwerbs-Landwirte sind solche Einbußen fatal. Von den gesundheitlichen Folgen für uns Menschen mal ganz abgesehen.“

Doch auch dahingehend wurden ihre Hoffnungen schnell zerstreut. Denn die DFMG könne „im jetzigen Stadium und im Hinblick auf die bereits investierten Kosten (...) nicht mehr auf einen anderen Standort wechseln“, habe man ihr mitgeteilt. Und überhaupt gäbe es gar kein Problem mit der Strahlenbelastung. Nimmt man zumindest bei der DFMG aufgrund der „Erfahrung bei der Errichtung einer Vielzahl ähnlicher Standorte“, bei denen die Grenzwerte eingehalten würden, an. „Die genaue Strahlenintensität könne man uns erst sagen, wenn der Mast steht“, zeigt sich die Landwirtin fassungslos. „Ich dachte nicht, dass so ein Vorgehen in Deutschland zulässig ist.“

Einen ganzen Aktenordner füllt der Schriftverkehr mit der DFMG und Behörden sowie Recherchen zu ähnlichen Fällen mittlerweile. Doch die Hoffnungen von Simone Niedermeier schwinden täglich, dass doch noch nach einem anderen Standort für den Mobilfunkmast gesucht wird.

Im Stich gelassen fühlt sich die Landwirtin vor allem von der Gemeinde Loiching und von Bürgermeister Günter Schuster, der „es nicht für nötig hielt, sich unsere Bedenken und Alternativen in einem persönlichen Gespräch anzuhören“. Zumindest eine Ablehnung des Masts mit der Bitte um Prüfung des „Kleineres-Übel-Standortes“ hätte sie sich davon erhofft. Doch stattdessen habe der Gemeinderat dem Plan der DFMG zugestimmt.

Was bleibt, sei das bedrückende Gefühl der Machtlosigkeit, sagt Simone Niedermeier. „Man hätte es anders machen können, sofern der Wille da gewesen wäre. Aber wenn’s um Geld geht und den Schaden andere haben... Es tut weh, wenn wir uns vorstellen, dass unser geliebtes Fleckerl Erde bald verschandelt wird und wir nichts dagegen tun können. Ja, die Gemeinden Loiching und Niederviehbach stehen vor einer ,strahlenden‘ Zukunft – und das auf unsere Kosten. Alle wollen die Bienen retten, das tun wir auch, wir hegen und pflegen zig Völker Bienen am Hof und noch vieles mehr. Die Frage ist nur, wer rettet uns?“

Bürgermeister Günter Schuster: „Es allen recht zu machen, ist unmöglich“

Zwischen den Stühlen sitzt in der Angelegenheit Loichings Bürgermeister Günter Schuster. „Als Bürgermeister versuche ich schon seit nunmehr über zehn Jahren eine ordentliche Mobilfunkversorgung zu organisieren. Denn das Handy-Netz insbesondere südlich von Loiching, in Weigendorf und südlich, östlich und westlich von Weigendorf lässt bislang sehr zu wünschen übrig. Unzählige Male sind Bürger auf die Gemeinde mit der Frage zugekommen, wann endlich etwas vorwärtsgeht, und haben uns kritisiert. Und dann geht‘s endlich vorwärts und dann gibt es wieder Widerstand. Es in diesem Punkt allen recht zu machen, ist eigentlich unmöglich.“

Viele Gespräche und Anfragen bei den Mobilfunkanbietern wären in den letzten Jahren ohne Ergebnis geblieben, so der Bürgermeister. Deshalb habe man es positiv gesehen, als T-Mobile endlich in Aussicht gestellt hätte, das Mobilfunknetz eigenwirtschaftlich auszubauen. „Auf der Suche nach einem Mobilfunkstandort wurde man in Staudach fündig, weil man hier, so unsere Meinung, den bisherigen Televersa-Standort hätte einfach entsprechend aufrüsten könnten. Da dieser Mast aber laut DFMG zu weit östlich steht und auch zu niedrig ist, wurde der Suchkreis von der DFMG entsprechend in Richtung Westen erweitert. In dem von Frau Niedermeier angesprochenen ersten Plan ging es nie um einen konkreten Standort, sondern nur um den grundsätzlichen Bereich. Mit welchem Grundstückseigentümer sich die DFMG einigt und welcher Standort in dem Gebiet letztendlich der ,Optimale‘ ist, kann nur von der DFMG aufgrund der Messungen festgelegt werden. Darauf haben wir als Gemeinde keinen Einfluss.“

Falsch sei deshalb auch die Behauptung, dass es schon eine Genehmigung des Gemeinderats für den von Simone Niedermeier angesprochenen ersten Standort gegeben hätte. „Die Gemeinde erteilt nur das sogenannte ,gemeindliche Einvernehmen‘ zum Bauantrag. Die Baugenehmigung wird von der Bauaufsichtsbehörde, dem zuständigen Landratsamt Dingolfing-Landau, und der Bundesnetzagentur erteilt.“

Auch die Bedenken gegenüber der Strahlenbelastung könne das Gemeindeoberhaupt nicht ganz verstehen. „Der Mast würde über 200 Meter vom Hof wegstehen. Damit sind alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten. Insbesondere kann ich nicht nachvollziehen, dass sie mit dem Mobilfunkmast aber einverstanden wäre, wenn der Mast ca. 20 Meter weiter westlich – dann auf ihrem Grundstück – aufgestellt wird.“

Dingolfing-Landau