SPD-Infoveranstaltung in Übersee
Hochwasser im Achental: Unbürokratische Hilfe alleine reicht nicht

07.07.2017 | Stand 30.07.2023, 10:27 Uhr
−Foto: Foto: Franz Gnadl

„Es reicht nicht aus, unbürokratische Hilfe bereitzustellen. Präventive Klimaschutzpolitk wäre auf lange Sicht ebenso wichtig,“ - so lautete das Fazit des SPD-Landtagskandidaten Dirk Reichenau bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Hochwasser in Übersee.

ACHENTAL Zuvor hatte Franz Gnadl,Überseer SPD-Ortsvorsitzender, Reichenau und interessierten Bürgern die Schwerpunkte der Hochwassergefährdung im Achental dargestellt.

„Das Ärgerliche am Jahrhunderthochwasser ist, dass es eben nicht mehr alle 100 Jahre auftritt“,begann Reichenau seine Ausführungen und erinnerte an die Flutkatastrophe vor elf Jahren: Und das nächste Hochwasser komme bestimmt; entscheidend sei, was bis dahin geschehen werde. So müssen seit 2007 EU-weit Risikokarten für potenzielle Überschwemmungsgebiete und Managementpläne erstellt werden. „Es reicht nicht aus, Dämme zu bauen oder anzuheben, um das Wasser flussabwärts zu verfrachten. Es müsste auch festgelegt werden, welche Gebiete auf jeden Fall zu schützen sind und welche eher nicht“, erläuterte der SPD-Landtagskandidat, der feststellen musste: „Hochwassermanagement funktioniert länderübergreifend auf dem kleinen Dienstweg zwischen den Feuerwehren, aber nicht zwischen den Bundesländern, geschweige denn zwischen den EU-Staaten.“

Bei der Flutkatastrophe 2002 hätten Politiker und Umweltverbände in seltener Einigkeit verkündet, dass Flüsse mehr Raum bekommen sollen, so Reichenau. Das Problem daran sei, dass Hochwasser vom Normalfall zur Katastrophe geworden sei, da Überflutungsflächen durch Dämme und Deiche massiv verkleinert wurden. Zudem sei der Hochwasserschutz zu einseitig, monierte der SPD-Politiker: „Es gibt oft technische Schutzmaßnahmen, aber ganz wenige Flächenprojekte, da die Genehmigungsverfahren langwierig und Landwirte sowie Anwohner schwer zu überzeugen sind.“

Überschwemmungsgebiete müssen laut Reichenau anders genutzt werden. Grünland und Wald statt Ackerland seien das Gebot, da Maisfelder leichter erodierten und durch schwere Maschinen stark verdichtet seien. Der Sozialdemokrat: „Die Differenz des Profitausfalls der Grundbesitzer muss Inhalt von Hochwasserschutz in der Fläche sein.“ Zudem müsse in amtlich festgesetzten Hochwassergebieten ein Neubauverbot greifen. So sei es seit 2005 auch im Hochwasserschutzgesetz festgeschreiben. „Die verschiedenen Bundesländer haben dies aber in der Praxis aufgeweicht“, resümierte Reichenau. Änderungen forderte der SPD-Landtagskandidat auch im Versicherungsschutz. Es könne nicht sein, dass es keinen Versicherungsschutz für Betroffene gebe, weil alle darauf hofften, dass der Staat mit Fördergeldern einspringt.

Insgesamt stellte Dirk Reichenau bei Politikern, Umweltverbänden und Bürgern eine gewisse „Hochwasser-Demenz“ fest: „Aktuell nach einer Flutkatastrophe sind alle für Maßnahmen. Ein paar Jahre später ist alles egal – bis zum nächsten Hochwasser.“ Die beeindruckende Einsatzbereitschaft der Rettungs- und Hilfsorganisationen, der Kommunen gemeinsam mit den Menschen in den betroffenen Gebieten, um die Katastrophe zu bewältigen, dürfe laut Reichenau nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Thema Hochwasserschutz hinterfragt und es zu Langzeitstrategien kommen müsse, die auch zum Verzicht auf Bebaubarkeit von Landschaft führen könnten. „Alles andere wäre unehrlich“, so der SPD-Landtagskandidat abschließend.  

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