Sechs Millionen oder 300.000 Euro
Grundstück löst Rechtsstreit aus – Fürstenhaus und Stadt Neutraubling sind sich nicht einig

25.06.2018 | Stand 13.09.2023, 0:18 Uhr
Verena Bengler
−Foto: n/a

31 Jahre ist es her, dass Johannes von Thurn und Taxis 77.000 Quadratmeter Grund an die Stadt Neutraubling verkauft hat. Genau dieses Grundstück löste nun einen Rechtsstreit zwischen seinem Sohn Albert von Thurn und Taxis und der Stadt Neutraubling aus. Am Donnerstag, 14. Juni, ging es heiß her, als sich die beiden Parteien – vertreten durch die Justiziarin des fürstlichen Hauses und Neutraublings Bürgermeister Heinz Kiechle – vor dem Zivilgericht trafen. Dieser Prozess machte schließlich sogar die Richterin ratlos.

REGENSBURG In dem Kaufvertrag aus dem Jahr 1987 war vermerkt, dass das Grundstück nur für öffentliche Zwecke genutzt werden darf – eine Bebauung mit zum Beispiel Wohn- oder Bürogebäuden war nicht erlaubt. Außerdem wurde festgehalten, dass das Fürstenhaus ein Wiederkaufsrecht an dem Grundstück besitzt, sollte die Fläche irgendwann nicht mehr für öffentliche Zwecke genutzt werden. Vor einiger Zeit hat nun die Stadt Neutraubling einen Teil dieses Grundstücks – nämlich 12.000 Quadratmeter – an die Katholische Jugendfürsorge (KJF) weiterverkauft. Das Fürstenhaus sieht in diesem Weiterverkauf an die KJF nun allerdings die Auflagen des Vertrags von 1987 verletzt. Schließlich könne die Stadt Neutraubling durch den Verkauf an die KJF nicht mehr steuern, wie das Grundstück künftig genutzt wird.

Kiechle: „Es tut mir im Herzen weh“

Eine Nutzung für öffentliche Zwecke ist durch den Weiterverkauf nicht mehr gewährleistet.

Daraufhin wollte das Fürstenhaus von seinem Wiederkaufsrecht Gebrauch machen und forderte die Stadt Neutraubling zur Rückveräußerung auf. Die Stadt Neutraubling will das Grundstück nun aber nicht mehr hergeben – sie sieht die Auflagen des Vertrags in keiner Weise als verletzt an. Die Stadt Neutraubling hat mit der KJF vereinbart, dass die Fläche ausschließlich für öffentliche Zwecke genutzt werden soll – die KJF will dort eine Schule für Erziehungshilfe verwirklichen. „Es geht da um etwas ganz Besonderes, das tut mir als ehemaligem Religionslehrer im Herzen weh“, erzählt Heinz Kiechle über das Projekt, das nun zu scheitern droht.

Wenn sich die Stadt Neutraubling weiterhin weigert, das Grundstück herauszugeben, muss sie einen Abfindungsbetrag an das Fürstenhaus zahlen. So steht es im Vertrag. Und die Vorstellungen der beiden Parteien könnten kaum weiter voneinander entfernt liegen. Während sich das Fürstenhaus einen Betrag von circa sechs Millionen Euro, angelehnt an den aktuellen Wert des Grundstücks, als Abfindung vorstellt, kann sich die Stadt Neutraubling einen Betrag von circa 300.000 Euro als Abfindung vorstellen.

Urteil im Streit wird am 12. Juli verkündet

Die Stadt Neutraubling bezieht sich dabei grob auf den Wert des Grundstücks vor 31 Jahren bei Vertragsabschluss. „Es geht hier nur noch ums Geld“, machte die Stadt Neutraubling gegen Ende der Verhandlung deutlich. Man sei sich sicher: Auf dem Rücken lernbehinderter Kinder wird hier um Geld gestritten.

Schließlich trat auch die KJF dem Rechtsstreit bei. „Das Haus Thurn und Taxis hat uns nicht gut behandelt“, erklärte Hubert Tausendpfund, Abteilungsleiter für Wirtschaft und Finanzen in der Katholischen Jugendfürsorge. „Die Stadt Neutraubling war die einzige Kommune, die uns geholfen hat“, so Tausendpfund weiter.

„Es ist alles in allem eine Auslegungsfrage“, stellte die Richterin am Ende der Verhandlung etwas ratlos fest. „Man legt Wortlaut gegen Zweck aus, das ist wirklich schwer“, erklärte sie. Letztendlich wollte sie über das Urteil noch einmal gründlich nachdenken. Sie verkündet ihre Entscheidung am Donnerstag, 12. Juli.

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