Polizistin auf der Anklagebank
„Großteil der Vorwürfe hanebüchen“

22.10.2020 | Stand 20.07.2023, 22:53 Uhr
−Foto: n/a

Gestern startete der mit Spannung erwartete Prozess gegen eine Landshuter Polizistin vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Landshut. Sie soll nicht nur an Wohnungseinbrüchen beteiligt gewesen sein, gefunden wurden bei ihr auch kinder- und jugendpornografische Bilder.

Landshut. In einer 14-seitigen Einlassung - vorgetragen von ihrem Verteidiger-Duo Patrick Schladt und Dagmar Ciccotti - wehrte sich die Angeklagte gegen die Vorwürfe. So sei „der Großteil hanebüchen“ und zurückzuführen auf ihre Ex-Freundin, einer „ausgezeichneten Lügnerin“, mit der sie zusammen die Einbrüche begangen haben soll. „Die Vorwürfe basieren auf Aussagen meiner Ex, um ihre eigenen kriminellen Machenschaften zu vertuschen“, so die Polizistin und erklärte, sie habe nichts zu tun mit den „schändlichen Einbrüchen“, den Diebstählen oder den anderen Vorwürfen. „Natürlich habe ich Fehler gemacht und meine Dienstpflichten verletzt und Abfragen getätigt, dazu stehe ich“, wie die 45-Jährige aussagte. Die Landshuter Staatsanwaltschaft legt ihr u.a. Diebstahl, Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geimhaltungspflicht, versuchten Diebstahl sowie Besitz von kinder- und jugendpornografischen Schriften zur Last.

Deutschlandweit für Schlagzeilen sorgte die besonders perfide Masche, mit der die Polizistin vorgegangen sein soll: So habe sie im November 2017 in der Polizeidatenbank gezielt nach kürzlich verstorbenen Personen Ausschau gehalten, um dann gemeinsam mit ihrer damaligen Freundin in die Wohnungen der Toten eingebrochen zu sein. Als Motiv für die Taten nennt die Staatsanwaltschaft finanziellen Probleme.

Die Beamtin hätte zunächst die Todesanzeigen in der Lokalpresse durchforstet, die Namen zweier Verstorbener fragte sie dann im polizeilichen Datenbestand ab. Mit ihrer Lebensgefährtin wollte sie dann in die Häuser einsteigen, während die Angehörigen bzw. Trauergäste gerade nicht da waren. Die Staatsanwaltschaft: „In einem Fall gelang es ihnen, aus einem Haus in Landshut einen dreistelligen Bargeldbetrag, Schmuck und Heiligenfiguren im vierstelligen Gesamtwert zu entwenden.“

Im zweiten Fall habe das Duo versucht, in ein Haus in Essenbach einzusteigen. Weil dort Licht brannte, sollen die beiden stattdessen in ein Nachbarhaus eingebrochen sein und dort Schmuckstücke, Uhren und Ketten im Gesamtwert von ca. 49.740 Euro sowie ca. 500 Euro Bargeld geklaut haben.

Zur Last gelegt wird der Polizistin auch ein Einbruch in einer Dönerbude im November 2017 mit 270 Euro Beute. Bei zwei weiteren Einbrüchen im Dezember 2017 in ein Sportheim und ein Restaurant im Landkreis Landshut soll sie jedoch an der Sicherheitstechnik gescheitert sein. Zudem soll die Angeklagte 800 Euro während einer polizeilichen Wohnungsdurchsuchung an sich genommen und einem Tatverdächtigen auf ihrer Dienststelle Ende 2016 bestohlen haben. Vorgeworfen wird ihr zudem Bestechlichkeit sowie Geldforderungen von Tatverdächtigen für „brisante Informationen“.

Bei einer Wohnungsdurchsuchung im April 2018 hatten die Ermittler auf dem Computer der Frau dann auch noch kinder- und jugendpornografische Bilder entdeckt. „Dieser Vorwurf hat mich tief betroffen“, so die Angeklagte. Sie habe derartige Bilder nie heruntergeladen oder auch nur angesehen und „verurteile derartige Widerlichkeiten“. Zudem habe ihre damalige Freundin den Computer hauptsächlich benutzt, wie die 45-Jährige klarstellte. Auch erklärte sie der Kammer, dass ihre Ex-Freundin ihr mehrfach gedroht habe, „sie fertig zu machen und ihr alles zu nehmen“.

Auf die Spur gekommen war der Angeklagten die Landshuter Kriminalpolizei, weil einem Zeugen an einem Tatort das Auto der damaligen Lebensgefährtin der Beamtin aufgefallen war. Er hatte sich das Kennzeichen notiert und der Polizei mitgeteilt. Bei den weiteren Ermittlungen kamen die Beamten dann ihrer Kollegin auf die Spur.

Die ehemalige Lebensgefährtin der 45-Jährigen war bereits durch das Amtsgericht München im Dezember 2018 wegen den beiden Einbrüche zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden, da sie sehr auskunftsfreudig war. Sie belastete damals mit ihren detaillierten Aussagen die Polizistin.

Der Prozess wird am 30. Oktober um 9 Uhr fortgesetzt. − mr –

Landshut