Wieder einmal ausgerastet: Zwei Monate Gefängnis
Für Beleidigungen wieder einmal ab in den Knast

10.07.2017 | Stand 29.07.2023, 5:20 Uhr
−Foto: n/a

Das ist fast rekordverdächtig: Allein wegen Beleidigungen hat ein inzwischen 45-jähriger arbeitsloser Mann aus Erding schon 15 Monate im Knast verbracht. Jetzt kommen noch zwei dazu.

ERDING/LANDSHUT Der 45-Jährige war am 13. August 2015 mit seinem Fahrrad in der engen Spiegelgasse unterwegs. Schwer bepackt mit einem Grammophon, das er mit einer Hand hielt und einer Tüte in der anderen. Ihm kam ein Autofahrer entgegen, der einem Kleiderständer auswich, so dass sich die Fahrbahn noch verengte und der Radler schließlich vom Rückspiegel gestreift wurde, allerdings nicht stürzte und sich auch nicht verletzte.

Als der Autofahrer anhielt und ausstieg, um sich nach dem Befinden des 45-Jährigen zu erkunden, rastete der (wieder einmal) komplett aus und warf mit verbalen Beleidigungen aus der untersten Schublade um sich. Als sich ein Passant, der schlichten wollte, einmischte, bekam auch der sein „Fett” weg. Allerdings dann auch der Arbeitslose, der sich beim Strafrichter des Amtsgerichts Freising wegen Beleidigung in zwei Fällen eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde, einhandelte.

Der Grund für die Verhängung der Vollzugsstrafe lag in der strafrechtlichen Vergangenheit des 45-Jährigen. Sein Register wies bereits zwölf Eintragungen auf, in früheren Jahren wurde er u.a. wegen Sachbeschädigung, Verkehrsdelikten und ausgebliebenen Unterhaltszahlungen sowie Körperverletzung verurteilt. In jüngster Zeit dann mehrfach wegen Beleidigungen.

Zugute kam ihm dabei beim Strafmaß sogar immer noch, dass ihm die psychiatrischen Sachverständigen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung und Alkoholmissbrauch attestierten. Er sei bereits als Kind von Gleichaltrigen als „Außenseiter” behandelt worden und sehe sich seitdem von Menschen umgeben, die ihn verspotteten.

Wegen der neuerlichen Verurteilung legte er Berufung ein und erläuterte vor der 2. Strafkammer beim Landgericht Landshut, dass er sich im Recht gefühlt habe; denn der Autofahrer habe ihm vorgehalten, dass er verbotswidrig entgegen der Einbahnrichtung unterwegs gewesen sei. „Dabei ist das in der Spiegelgasse erlaubt und er hätte wegen des hinderlichen Kleiderständers anhalten müssen.”

Sein Verteidiger Florian Alte regte deshalb auch eine Einstellung des Verfahrens an. Sein Mandant, so argumentierte er, sei zwar oft einschlägig vorbestraft, diesmal aber sei es eine andere Situation, er sei unberechtigt „gemaßregelt” worden. Der 45-Jährige ergänzte, dass er von dem Passanten, der sich eingemischt habe, angeschrien worden sei: „Direkt ins Ohr.”

Staatsanwalt Thomas Rauscher sah allerdings keinen Grund, das Verfahren einzustellen. Es habe sich beileibe nicht um eine „Ausnahmetat” gehandelt, wie ein Blick in das Vorstrafenregister zeige. Außerdem habe sich der Vorfall nur fünf Monate, nachdem der 45-Jährige seine letzte Strafe verbüßt habe, ereignet, so der Anklagevertreter, der beantragte, die Berufung zu verwerfen.

Verteidiger Alte bedauerte, dass das Verfahren nicht eingestellt worden sei und nannte es unerträglich, dass ihn die Staatsanwaltschaft hinter Gitter schicken wolle. Immerhin unterscheide sich der Fall von den früheren: Es habe sich um eine enge Verkehrssituation gehandelt, durch die sich der 45-Jährige gefährdet gefühlt habe und beinahe gestürzt sei. Außerdem habe er sich im Recht befunden, habe die Einbahnstraße in der Gegenrichtung durchfahren dürfen. Vielmehr hätte der Autofahrer wegen des Hindernisses anhalten müssen. Der Verteidiger beantragte schließlich für die Beleidigungen eine Geldstrafe nicht über 60 Tagessätzen.

Die 2. Strafkammer verwarf die Berufung. Schon in erster Instanz, so Vorsitzender Richter Robert Mader, seien alle für den Angeklagten sprechenden Milderungsgründe im Strafmaß berücksichtigt worden. Die Situation hätte sich auch mit einem normalen Gespräch klären lassen. Statt dessen sei auch noch ein unbeteiligter Bilanz mit Beleidigungen bedacht worden. Eine Geld- oder Bewährungsstrafe sei angesichts vor allem auch der einschlägigen Vorstrafen des 45-Jährigen nicht mehr ausreichend.

Erding