Was alles in unseren Wäldern kreucht
Exotische Tiere einfach ausgesetzt: Die Anakonda im Baggerweiher

23.10.2017 | Stand 31.07.2023, 0:32 Uhr
−Foto: n/a

Auch im Landkreis setzen gewissenlose Tierbesitzer ihre Exoten immer wieder in der Natur aus

LANDKREIS ALTÖTTING Das „Entsorgen“ exotischer Tiere ist leider keine Seltenheit. Erst vor wenigen Tagen machte ein Fall im österreichischen Flachgau Schlagzeilen. Ein Unbekannter hatte neun lebende Würgeschlangen in einem Waldstück ausgesetzt. Als sie gefunden wurden, waren die Reptilien tot.

Im Juli 2017 gab es einen aufsehenerregenden Fall in Mönchengladbach. Hier hatte ein Unbekannter auf einem Friedhof eine zugeklebte Box mit 18 Königspythons abgestellt.

Auch im heimischen Landkreis Altötting gibt es immer wieder Fälle von ausgesetzten Exoten, wie Christian Maier weiß. Er ist Sachgebietsleiter „Naturschutz“ im Altöttinger Landratsamt. Einer der gravierendsten Fälle, an die sich der 52-Jährige erinnert, betrifft eine ausgesetzte Anakonda nahe einem Baggerweiher bei Winhöring.

„2010 hat ein Radfahrer die Schlange entdeckt und konnte gerade noch bremsen, um nicht drüberzufahren“, so Maier.

Der Entdecker der Riesenschlange, die in diesem Fall „erst“ 1,75 Meter maß, verständigte die Polizei und die Beamten hatten den Mut, das kräftige Tier am Baggerweiher einzufangen.

Letztendlich landen alle solchen exotischen Fundtiere bei Christian Maier. Meistens ist er selbst vor Ort, wenn es gilt, eines einzufangen. „Ich habe die Schlange in einer Box nach München gefahren. Sie hat ganz schön rumort“, so der Landratsamtsmitarbeiter.

Da wird selbst einem Profi wie ihm ein klein wenig mulmig. Im Normalfall hat Maier natürlich keine Scheu vor Schlangen, Spinnen oder anderem exotischen Getier.

Ein weiterer sehr außergewöhnlicher Fall, an den sich Christian Maier erinnert, betrifft eine Riesenschlange, die ein Unbekannter von der Alzbrücke in Hirten geworfen hat. Die Naturschützer konnten das Tier nur noch tot bergen.

Beinahe schon legendär ist die Schnappschildkröte, die tatsächlich im Marktler Badesee vor mehr als 25 Jahren vom heimischen Reptilienspezialisten Manfred Werdan eingefangen wurde.

Derselbe Werdan hatte sich ja vor vielen Jahren einmal in Begleitung des Verfassers dieses Artikels auf die Jagd nach einem vermeintlichen Krokodil in den Inn-Altwässern nahe Marktl begeben. Allerdings ohne Erfolg. Spannend war es aber dennoch ...

Ein Exot, der sich tatsächlich schon seit vielen Jahren im Burghauser Wöhrsee tummelt, ist eine amerikanische Gelbwangen-Schmuckschildkröte. Allerdings ist diese so clever, dass sie allen bisherigen Fangversuchen entkommen ist.

„Die ist zwar ungefährlich für Menschen, aber grundsätzlich verdrängen solche Exoten heimische Arten, weil sie größer und aggressiver sind. Allerdings haben wir im Wöhrsee keine heimischen Schildkröten, also steht es nicht dafür, sie auf Biegen und Brechen zu fangen“, erklärt Maier.

In Burghausen lebt die Äskulapnatter

Bleiben wir noch kurz in Burghausen. Die Salzachstadt ist ein Refugium einer der größten heimischen Schlangenarten: der Äskulapnatter. Sie kann bis zu 1,80 Meter lang werden und hat wenig Scheu vor dem Menschen.

Maier: „Die Äskulapnatter ist eine Baumschlange und man kann sie schon mal auf Augenhöhe antreffen. Wenn man allerdings eine sieht, ist man vermutlich schon an zwanzig vorbeigegangen.“

Er werde aber trotzdem selten wegen einer solchen Schlange nach Burghausen gerufen, denn die Salzachstädter haben sich mit der Natter schon arrangiert, vor allem jene, die in Salzachnähe wohnen, und verfallen nicht in Hysterie, wenn ein solches „Ungetüm“ in der Pergola hängt.

Die Äskulapnatter ist völlig ungiftig und harmlos, so wie die meisten heimischen Schlangen. Die giftige, schlimmstenfalls sogar tödliche Kreuzotter, wurde im Landkreis Altötting schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen.

Doch zurück zu den Exoten, die sich viele Menschen aus dunklen Quellen besorgen und natürlich auch nicht, wie erforderlich, beim Landratsamt anmelden. Zwischen 500 und 1.000 solcher Exoten wie Schlangen, Spinnen oder Skorpione sind bei Christian Maier gemeldet und deren Besitzer erfüllen auch die strengen Auflagen.

Mindestens noch einmal so viele existieren nach Maiers Schätzung im Landkreis ohne amtliche Genehmigung.

„Überwiegend junge Menschen bis 30 finden es cool, eine Königspython oder eine Vogelspinne zu halten. Allerdings stellen sie schnell fest, dass das Terrarium, oft nur ein günstiges umfunktioniertes Aquarium, nicht ausreicht und dann landen die Tiere irgendwo in der Natur.“ Im Sommer können sie hier durchaus überleben und sich von den heimischen Kleintieren ernähren, finden sie aber im Winter keine frostfreie Behausung, dann gehen sie zugrunde.

Bei amtlichen Wohnungsöffnungen hat Christian Maier schon so manche überraschende Entdeckung gemacht.

„Manche Mieter lassen beim Auszug ihre Terrarien zurück und darin befinden sich nicht selten Schlangen, Spinnen und andere Exoten. Teilweise laufen die Tiere auch in der Wohnung herum.“

Gefragt, ob er die Faszination nachvollziehen kann, sich ein solches Tier daheim zu halten, meint Maier:

„Ich verstehe die Faszination, solche Tiere in ihrem Lebensraum zu beobachten, aber nicht sie daheim in ein oft zu kleines Terrarium einzusperren. Und ich verstehe schon gar nicht, wie man die Tiere dann einfach aussetzen kann, wenn man ihrer überdrüssig geworden ist ...“

Altötting