Zoo
Diskussionen im Tiergarten Straubing – neue Heimat für Schimpanse „Lutz“?

15.10.2020 | Stand 13.09.2023, 6:25 Uhr
−Foto: n/a

Es klingt martialisch, was die Tierrechtsorganisation „Peta“ am Freitag, 9. Oktober, an die Medien versickt: „Schimpanse in Einzelhaft greift Pfleger im Tiergarten Straubing an“, heißt es da. Im Bericht der Polizeiinspektion Straubing von Mittwoch , 7. Oktober, hieß es noch „Schimpanse beißt Tiergartenangestellten“. Nachgefragt bei der Stadt Straubing und dem Direktor des Tiergartens, Wolfgang Peter, stellt sich alles harmloser dar, als es seitens „Peta“ klingt.

Straubing. Wolfgang Peter antwortet schriftlich auf eine Anfrage – und steht auch telefonisch Rede und Antwort. Man setze auf Transparenz, das zeige sich auch mit den Führungen „hinter die Kulissen“, die vor Corona mehrmals im Jahr stattgefunden haben – und nach Corona auch wieder stattfinden werden.

Schimpanse „Lutz“ hatte einen Mitarbeiter des Zoos mit den Schneidezähnen in die Hand gebissen. „Das war ein Versuch, auf sich aufmerksam zu machen“, sagt Peter. Bei einem Angriff hätte „Lutz“ wohl auch seine Eckzähne eingesetzt – was er im genannten Fall nicht getan hat. Der Mitarbeiter des Tiergartens hatte Glück, er trug eine Fleischwunde davon, Sehnen seien nicht verletzt worden, so Peter.

„Peta“ fordert den Tiergarten Straubing nun auf, den 28 Jahre alten Menschenaffen „Lutz“ an eine Auffangstation abzugeben, „in der er mit Artgenossen leben kann, und die Menschenaffenhaltung damit gänzlich zu beenden“. Eine Überlegung, die auch Wolfgang Peter nicht ganz fremd ist. „Die Beendigung der Schimpansenhaltung im Tiergarten Straubing wird bereits seit mehreren Jahren von den Verantwortlichen des Zoos diskutiert. Unter anderem war der Brand am Schimpansenhaus im Juni 2012 Anlass, um nach einem geeigneten Platz für ,Lutz‘ und ,Alfons‘ zu suchen. Da es europaweit aber noch einige andere Schimpansenmänner gab, die vorher noch in verantwortungsvolle Hände vermittelt werden mussten, wurden die beiden Straubinger Schimpansenmänner auf die Warteliste gesetzt.“ Bis zum Tod von „Alfons“ im Juni 2020 lebte „Lutz“ mit seinem Artgenossen zusammen, seitdem lebt er alleine im Straubinger Tiergarten. „Das Gehege verfügt über mehrere Innenräume, einen Außenkäfig mit Klettermöglichkeiten sowie eine Insel mit Naturboden und belaubten Kletterbäumen. Alle diese Bereiche können von ,Lutz‘ frei und ohne Einschränkungen aufgesucht werden“, so Peter.

Seit 2018 ist man seitens des Tiergartens im steten Informationsaustausch mit den Koordinatoren des Erhaltungszuchtprogramms (EEP). Nun könnte Bewegung in die Bemühungen des Zoos kommen, einen geeigneten Platz für „Lutz“ zu finden. Seit einigen Monaten weiß Peter bereits, dass es eine Lösung geben könnte. „Aufgrund der langen Vorankündigung der Straubinger Situation und weiterer intensiver Bemühungen von Seiten der Tiergartenleitung steht seitens des EEP seit einigen Monaten fest, dass die Vermittlung von ,Lutz‘ an einen anerkannten Zoo mit Schimpansenhaltung in greifbare Nähe rückt. Die Eingewöhnung in die neue Gruppe soll unter Beobachtung von Fachkollegen erfolgen. Bei der Zusammenführung wird auch ein Straubinger Schimpansenpfleger als bekannte Kontaktperson von ,Lutz‘ mit dabei sein“, schildert Peter den Sachstand.

Überhaupt: Im Tiergarten in Straubing hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Gehege wurden erweitert oder neu gebaut. Nachdem der Luchs ein neues Gehege bekommen hat, will der Tiergarten die alte Luchs-Anlage den Löwen zuschlagen. „Ein Zoo ist nie fertig, es gibt immer etwas zu verbessern“, sagt Peter. Das habe man schon die letzten Jahre immer wieder getan – und werde es auch weiterhin tun.

Die Zootiere seien „Botschafter der wildlebenden Artgenossen“, sagt der Zoodirektor. Deshalb engagiere man sich auch in nationalen und internationalen Artenschutzprogrammen vor Ort in den Lebensräumen der Tiere. Eine Auswildern von Zootieren, wie manchmal gefordert, sei allerdings keine Lösung. „Unser ,Lutz‘ kennt die frei Wildbahn gar nicht“, sagt Peter. „Lutz“ wurde im Tierpark Hellabrunn geboren und von der Mutter verstoßen. Aufgezogen durch die Tierpfleger, siedelte er 1996 nach Straubing um.

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