Ende einer Ära im Bischofshof
Die Zukunft des gutbürgerlichen Restaurants ist die Systemgastronomie

27.01.2019 | Stand 13.09.2023, 1:42 Uhr
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Im Bischofshof endet im September eine Ära, wenn das Wirtsehepaar Schmalhofer in den Ruhestand geht. 34 Jahre lang stand eine gutbürgerliche gehobene Küche im Vordergrund. Der Wechsel ist aber auch ein Auftakt zu einer völlig neuen Art, Gaststätten zu betreiben.

REGENSBURG Der Bischofshof am Dom ist nicht nur ein Wohnzimmer für viele Regensburger. Die Wirtsfamilie Schmalhofer ist vor 34 Jahren in die historischen Gemäuer gezogen – und das hat damals für einen kleinen Skandal gesorgt. Denn Herbert Schmalhofer war der Leibkoch von Fürst Johannes von Thurn und Taxis. In seine Dienste trat Schmalhofer, da war Johannes noch der Erbprinz und residierte in einer schicken Wohnung über den Marstall von Schloss St. Emmeram – da war er noch Single und einer der begehrtesten Junggesellen Europas. Als 1985 bekannt wurde, dass Schmalhofer vom Fürsten zum Bischof wechselte, titelte eine örtliche Wochenzeitung böse: „Fürstenkoch übernimmt Bischofshof. Consommé double bald auch für Lieschen Müller“.

Eine Träne verdrückt Schmalhofer Anfang der Woche, als er diese Geschichte erzählt. Denn Ende September geht Schmalhofer zusammen mit seiner Ehefrau Monika in den Ruhestand. Das läutet aber nicht nur das Ende einer Ära ein – was danach kommt, ist symptomatisch für den tiefgreifenden Wandel in der Gastronomie. Immerhin hat ernicht nur für Fürsten gekocht – der Bischofshof am Dom war stets das Lieblingsrestaurant von Joseph und Georg Ratzinger. Und als Jospeh als Papst Benedikt XIV. 2006 seine Heimat besuchte, da war Schmalhofer es, der für den Papst kochte. Der scheidende Wirt wirft eine Power-Point-Präsentation auf die Leinwand – da wünscht niemand geringerer als Kardinal Ratzinger Gottes Segen für das Jahr 1987. Er unterschrieb die Segenswünsche zusammen mit seinem Bruder Georg und seiner früh verstorbenen Schwester Maria Ratzinger.

„Ich hatte Angst, die falsche Wahl zu treffen“, sagt der ebenfalls heuer scheidende Brauereidirektor von Bischofshof, Hermann Goß. „Ich habe mir überlegt, was es bedeuten würde, wenn ich beim Pächter einen Fehlgriff tätigen würde. Und wie lange meine Nachfolgerin brauchen würde, um diesen Fehler wieder zu beheben.“ Die Lösung, die man bei der Brauerei Bischofshof ab September herbeiführen wird, könnte wegweisend sein für die Zukunft der Traditionsgaststätten: Das Zauberwort heißt Systemgastronomie.

Eric Hagelstein ist ein in Wolle gewaschener Gastronom. Der gebürtige Bonner hat aber nicht für Fürsten und Päpste gekocht wie sein Vorgänger Herbert Schmalhofer.

„Systemgastronomie bedeutet, dass man Prozesse gestaltet, die sich wiederholen lassen“, sagt Hagelstein. Er wird ab 1. August eine neu gegründete Gastro-GmbH übernehmen. Über diese wird die Brauerei Bischofshof selbst den großen Restaurant- und Hotelbetrieb im Schatten des Domes übernehmen. Brauereidirektor Goß räumt ein: „Das kann auch die Zukunft für andere Gaststätten sein, für die man keine passenden Pächter findet.“ Aber ist das auch das Ende der Gastronomie, in der ein Wirtsehepaar mit den Gästen quasi lebt und der Bauch des Kochs entscheidet, wie der Schweinebraten heute schmeckt? Hagelstein glaubt, dass beides gelichzeitig möglich ist: „Es geht um Qualitäts- und Standardsicherung“, so Hagelstein. Bis vor kurzem war der gelernte Koch noch Prokurist der Porta Gaststätten-Gruppe. Diese betreibt in Einrichtungshäusern in ganz Deutschland Restaurants. „Diese Prozesse werden festgeschrieben und dann gibt es relativ wenig Abweichungen davon“, sagt der neue Leiter des Bischofshofs. Wachsende Anforderungen durch Bürokratie in der Gastronomie, etwa bei der Arbeitssicherheit oder bei den Kassensystemen erforderten solche optimierten Abläufe. „Dann gibt es relativ wenige Abweichungen davon. Das ist unabhängig davon, ob man eine Kantine betreibt oder eine Sterneküche, auch das ist möglich.“

Schmalhofers Tochter Stephanie Birnthaler sagte übrigens bei der Vorstellung des neuen Konzepts, sie und ihr Mann seien in vielen Projekten in der Hotellerie tätig. Lediglich zu den Schlossfestspielen sind sie auch Gastronomen. „Insofern stand es nie zur Debatte, dass wir uns um den Bischofshof bemühen“, so Birnthaler. Zudem hätte das bedeutet, dass Vater und Mutter „nie frei gewesen wären, sie hätten sich immer verpflichtet gefühlt.“ Bei den Schlossfestspielen werde man heuer erstmals den ganzen Park gastronomisch bedienen. Herbert Schmalhofer sagte ganze viermal, dass er der Tochter sehr gerne unter die Arme greifen würde.

Eine Ära geht also zu Ende, doch Herbert Schmalhofer erzählt eine kleine, aber vielsagende Anekdote: Als seine Enkelin erfuhr, dass der Opa und die Oma nicht mehr im Bischofshof sein würden, sagte sie: „Aber kriegen wir dann überhaupt noch etwas zu Essen?“ Schmalhofer tat so, als würde er einen Telefonhörer abnehmen und schilderte: „Ich sagte, dann rufst Du den Opa an, wenn Du Hunger hast.“ Familie – das war der Bischofshof. Für ihn. Für Papst Benedikt und seinen Bruder Georg. Und für drei Bischöfe.

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