Gerichtsreportage
Der Jahn-Komplex ist im Wolbergs-Prozess wohl vom Tisch

21.10.2018 | Stand 13.09.2023, 0:44 Uhr
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Noch ein Zeuge greift Glaubwürdigkeit von Christian Schlegl an: Diesmal ist es Johannes Baumeister, Ex-Finanzchef beim Jahn. Der Mann promoviert gerade zum Thema Fußball und Politik.

REGENSBURG „Mein Kreisliga-Heimatverein war besser strukturiert und organisiert als der Jahn“, das war eine der markantesten Aussagen des früheren Jahn-Funktionärs Johannes Baumeister. Er war zwischen 2011 und 2016 Finanzchef beim Jahn. Anfang dieser Woche schloss das Landgericht Regensburg im Mammut-Prozess gegen Joachim Wolbergs, Volker Tretzel, Franz W. und Norbert Hartl den Komplex Jahn ab. Baumeisters Aussage war deutlich: „Der Club war nicht lebensfähig alleine. Ohne die Unterstützung von Volker Tretzel war der Jahn nicht überlebensfähig.“ Mehr noch: „Es hat immer gebrannt, es war immer nötig, Kapital heranzuschaffen.“ Als der Jahn Probleme hatte, das Kapital nachzuweisen beim DFB, suchte man erneut Hilfe bei Tretzel.

Strafzahlungen standen im Raum, die man vermeiden wollte. Bezüglich der angeklagten Kapitalerhöhung von 1,2 Millionen Euro durch Tretzel, dem ein Kredit von ihm vorausging, sagte Baumeister: „Das war nach dem Motto: Linke Tasche, rechte Tasche.“ Damit bestätigte sich Baumeister die Versionen, die bereits Sportchef Christian Keller und vor allem Jahn-Präsident Hans Rothammer der Kammer schilderten. Tretzel wirft man zudem vor, vier Millionen für den Jahn in den Raum gestellt zu haben, um den Zuschlag der Nibelungenkaserne zu bekommen, so sieht es die Anklage. Während man bei Tretzel zumindest Schreiben und Mails vorlegen kann, um dies zu untermauern, ist es bislang nicht gelungen, Wolbergs dies nachzuweisen. Selbst sein Erzrivale Christian Schlegl sagte vor Gericht, von Wolbergs habe es nie einen Hinweis gegeben, dass Tretzel das Areal für sein Engagement beim Jahn bekommen müsse.

„Kontakt zur Stadtspitze Tretzels kein Geheimnis“

Zwar habe es immer wieder einen Austausch gegeben zwischen Jahn, Politik und Tretzel. „Es war nie ein Geheimnis, dass ihm der Kontakt zur Stadtspitze wichtig war.“ Tretzel wollte Baumeisters Meinung nach „der Stadt Regensburg durch das Engagement beim Jahn etwas zurückgeben.“ Profifußball, das habe er bei der Arbeit für seine Doktorarbeit im Moment nochmals untermauert, funktioniere nur mit einer „Symbiose zwischen Politik und Wirtschaft.“ Gerade im Hinblick auf das neue Stadion wäre es „grob fahrlässig“ gewesen, wenn das nicht der Fall gewesen wäre.

Schlegls Rücktritt bezeichnete Baumeister als „Polit-Scharmützel“. Damit ist Baumeister nach Keller und Rothammer der dritte Zeuge, der Schlegl, auf den die Staatsanwaltschaft einen erheblichen Teil der Anklage stützt, unglaubwürdig dastehen lässt. „Schlegl hatte nie das große Fußball-Interesse und wolle durch den Jahn politisch gut dastehen.“ Sein Rücktritt sei nur logische Folge der verlorenen Wahl gewesen.

Am gestrigen Dienstag war dann der Chef der Sonderermittler bei der Kripo im Zeugenstand. „Sollte die Kapitalerhöhung wie von Herrn Schlegl vermutet im Zusammenhang mit der Vergabe des Nibelungenkasernenareals stehen, ließe dies den Schluss zu, Herrn Tretzel und den Jahn-Verantwortlichen sei (...) das Vergabeergebnis bereits signalisiert worden“, zitierten die Anwälte aus dessen Abschlussbericht. Schlegs und Vaninos Aussagen waren also der Trumpf der Ermittler.

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