Rausgeklagt
Behörde will 90-jährigen fast blinden Rentner aus Wohnung werfen

19.12.2018 | Stand 04.08.2023, 3:32 Uhr
−Foto: n/a

Drama um einen fast blinden 90-jährigen Rentner: Der Mann muss raus aus seiner Wohnung, sagt das zuständige Landratsamt. Denn die Wohnung befindet sich in einem Gebäude, das ausschließlich zur Gewerbenutzung vorgesehen ist. Wie es weitergeht, ist bislang noch unklar.

BRUCKMÜHL/OBERBAYERN Er ist verzweifelt, das merkt man dem 90-jährigen, fast erblindeten Rentner Hermann B. auch an. Er zahlt 730 Euro für 70 Quadratmeter in Bruckmühl im Landkreis Rosenheim. Doch jetzt muss er raus: Das zuständige Landratsamt hat angekündigt, ihn räumen zu müssen. „Nicht etwa, weil er die Miete schuldig ist. Das Landratsamt wirft ihn aus der Wohnung, weil das Haus im Amts-Jargon ein Gewerbeobjekt ist. Und da dürfe man eben nicht wohnen. Zehn Jahre ist das scheinbar niemandem aufgefallen, jetzt muss der Rentner raus“, schreibt dazu die Bild-Zeitung vom Freitag.

Doch stimmt das? Nun, zumindest ist diese Darstellung die halbe Wahrheit. Richtig ist: Das Landratsamt hat stets betont, dass es sich bei dem Gebäude um ein reines Gewerbeobjekt handelt. Erlaubt seien die Nutzung als Lager, Garage oder Büro – nicht aber als Mietwohnung. Der Vermieter sei, so bericjhtet OVB online, mehrfach darauf hingewiesen worden, ja man habe sogar ein Zwangsgeld verhängt. Sechs Personen seien demnach aus dem Gebäude bereits ausgezogen. Nur Rentner B. und sein Kater Felix blieben bislang zurück, sowie eine dreiköpfige Familie, die auch noch nicht ausgezogen ist.

Zwar lebt der Rentner seit zehn Jahren in dem Gebäude, doch rechtmäßig war dies von Anfang an nicht. Und die Behörde bezieht sich auch auf einen konkreten Fall: Als in Schneitzlreuth ein Haus abbrannte, wurde man auch auf die Nutzung des Gebäudes im Landkreis Rosenheim aufmerksam. Das Gebäude sollte zunächstzwangsversteigert werden, doch es fand sich kein Interessent. 2017 habe der Eigentümer allen Mietern gekündigt. Zudem, so sagt ein Sprecherin des Landratsamtes, habe man dem Rentner eine Ersatzwohnung angeboten, doch der wollte zunächst zu seinem Sohn ziehen. Das scheint bislang nicht möglich gewesen zu sein.

Rentner B. scheint das nicht verstanden zu haben. „Wo soll ich denn hin“, sagt Hermann und bricht in Tränen aus. Er würde ja eine neue Wohnung akzeptieren, wolle mit seinem Sohn zusammen ziehen. „Aber hier bei Rosenheim herrschen fast schon Zustände wie in München, das geht nunmal nicht so schnell, etwas Passendes zu finden“, sagte er der Bild.

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