Geld immer Wochen zu spät
Ärger mit HartzIV-Auszahlung

22.06.2017 | Stand 27.07.2023, 8:46 Uhr

Luisa Kuhnt (20) zum Warten verdonnert: Sieben Wochen keine Leistung erhalten. Sie fühlt sich schikaniert

TEISNACH Hartz IV ist das letzte Netz, das der Sozialstaat für seine Bürger gespannt hat. Wer da reinfällt, ist auf jeden Euro angewiesen. Wenn aber dann auf das Geld gewartet werden muss, geht es an die Existenz. Luisa Kuhnt (20) aus Teisnach muss das gerade am eigenen Leib erfahren. Über sieben Wochen erhielt sie kein Geld von der ARGE überwiesen – sie kann die Wohnung nicht zahlen, sie kann eigentlich gar nichts mehr bezahlen.

Luisa kommt aus Krombach in Nordrhein-Westfalen, leistete ein soziales Jahr in München in er Altenpflege und ging dann – auch wegen der geringeren Lebenshaltungskosten – in den Bayerischen Wald. Sie arbeitete in Altenheimen in Drachselsried und Teisnach, ging zur Berufsschule und wollte Altenpflegerin werden. Doch: In der Berufsschule wurde sie gemobbt. Der Arzt hat ihr empfohlen aufzuhören. „Ich habe damals wirklich resigniert und habe die Schule abgebrochen. Trotzdem bin ich weiter zur Arbeit gegangen.“

Doch: Ohne Ausbildung, ohne Abschluss keine Übernahme. Also musste sie im Januar 2010 den Job quittieren. „Ich habe die ganze Zeit immer nur Hartz IV bekommen“, erzählt sie. „Aber ich habe immer dafür gearbeitet.“

Spätestens jetzt fingen für sie die Probleme an: Wegen der Arbeit zog sie um von Drachselsried nach Teisnach – das war im Herbst 2009. Von der ARGE bekam sie zu hören, dass dies unangemessen gewesen sei, sie hätte in Drachselsried bleiben sollen. „Aber dann wäre die Fahrerei gewesen, die ebenfalls von der ARGE zu zahlen wäre“, so Luisa Kuhnt. „Außerdem habe ich kein Auto, weil ich mir das nicht leisten kann: Wie soll ich also hin und her kommen?“

Es folgten Probleme bei der Zustellung der Post – und auch der amtlichen Post von der ARGE, weil Luisa (laut ARGE) ihre neue Adresse zu spät gemeldet hat. Folglich übersah sie den Termin für den Überprüfungsantrag auf Hartz IV. „Es kam plötzlich gar kein Geld mehr, also habe ich nachgefragt“, so Luisa. Da erfuhr sie, dass sie keine Leistungen mehr erhalte, weil sie den entsprechenden Antrag nicht gestellt hatte. Also holte sie das nach, „aber dann ging alles wieder von vorne los: Alles musste neu berechnet werden und so weiter, und so fort.“

Sieben Wochen bekam sie kein Geld und die Verzweiflung wuchs. Vergangene Woche am Dienstag rief sie bei der ARGE an und fragte nach, wann das Geld komme: „Man hat mir versprochen, dass es am Freitag am Konto ist.“ Freitag schaute Luisa nach: Nichts. Kein Geld. „Also habe ich wieder angerufen. Da sagte man mir, dass es mit meiner neuen Wohnung Probleme gebe.“ Und zwar: Am 1. Mai ist Luisa Kuhnt in Teisnach umgezogen. Nun hat ein Mitarbeiter der ARGE vergangene Woche die neue Wohnadresse überprüft. Dabei stellte er fest, dass an dem Gebäude noch gebaut wird, viele Wohnungen noch im Rohbau sind.

„Sofort hat man mir unterstellt, ich würde da noch gar nicht wohnen, das sei Mietbetrug. Sogar dem Vermieter wurde das vorgeworfen“, so Luisa Kuhnt. Was der Mitarbeiter der ARGE aber scheinbar übersehen hat: Während ein Teil des Hauses tatsächlich noch im Rohbau ist, sind im anderen Teil bereits mehrere Wohnungen bewohnt – unter anderem von Luisa Kuhnt.

„Ich habe jetzt die Nase voll“, sagt Luisa. „Eigentlich hatte ich immer Angst, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, aber ich sehe keinen anderen Weg mehr“, sagt sie. Sie wandte sich ans Wochenblatt, die Redaktion fragte am Montag dieser Woche bei der ARGE nach.

Pressesprechin Erika Kriebel hielt sich zwar weitgehend bedeckt, nur so viel: Die Hauptschuld an all den Verzögerungen seien bei Luisa Kuhnt zu suchen, die verschiedene Termine nicht eingehalten habe. „HartzIV-Anträge laufen immer dann reibungslos, wenn man seinen Terminen nachkommt“, so Kriebel. Von Luisa Kuhnt seien immer wieder Unterlagen nachzufordern gewesen, das habe die Sache verzögert. Dazu die Betroffene selbst: „Ich hatte jedesmal das dabei, was von mir gefordert wurde. Doch dann hieß es immer, es fehle noch etwas.“

Letztlich fühle sie sich von der Sachbearbeiterin schikaniert, „auch wenn ich immer nur mit einem Herrn in ihrem Vorzimmer spreche“, wie Luisa Kuhnt berichtet. „Der sieht sich meine Unterlagen immer an und meint, das müsste passen. Dann geht er zur Chefin, kommt zurück und sagt: ,Wir haben noch ein Problem’“. So, erklärt Luisa Kuhnt, laufe das regelmäßig ab. Pressesprecherin Erika Kriebel rät deshalb ganz allgemein: „Wenn es persönliche Probleme mit den Sachbearbeitern gibt, sollten sich die Betroffenen gleich an den ARGE-Leiter wenden.“

Immerhin: Montag Vormittag, nachdem das Wochenblatt bei der ARGE angerufen hatte, schien sich alles geklärt zu haben. „Das mit der Wohnung haben wir bereits am Freitag abgeklärt“, so Erika Kriebel. Demnach seien die gesamten Leistungen für Luisa Kuhnt am Freitag um 14.30 Uhr zur Auszahlung angewiesen worden. „Das Geld müsste Dienstag oder Mittwoch auf ihrem Konto sein“, versichert Kriebel. Damit scheint zumindest diese Sache bis zum nächsten Überprüfungsantrag geregelt zu sein..

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