Eigene Liköre und Brände
Edelbrand-Sommelier aus Region: Sein Schnaps ist nix für den schnellen Rausch

22.05.2022 | Stand 23.05.2022, 11:35 Uhr

In seinem Labor prüft Thomas Koller unter anderem, ob der Alkoholwert der Schnäpse stimmt. −Foto: Mühlehner

Ein Schnaps ist zum Genießen da. „Runterschütten kann man den Fusel aus dem Supermarkt, aber nicht meine Brände und Liköre“, stellt Thomas Koller klar.



Als Edelbrand-Sommelier weiß der Landwirt aus Greilsberg bei Bayerbach (Landkreis Landshut) genau, wie ein guter Schnaps schmecken muss. Gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard brennt er selbst edle Brände und Liköre. Unserer Zeitung erklärt Thomas Koller, worin die Kunst des Schnapsbrennens besteht.

Die Destillerie hat Kollers Vater vor knapp 30 Jahren gestartet. „Wir hatten früher Kriegsflüchtlinge auf dem Hof und die haben Schnaps gebrannt“, erzählt Thomas Koller. „Das hat meinen Vater als Jugendlichen schon fasziniert, in der Rente hat er dann eine gebrauchte Anlage gekauft und die Räume selbst gebaut, in denen die Brennerei heute untergebracht ist.“

Sauberes und schönes Obst für beste Qualität

Thomas Koller führt seinen Besuch zu dem länglichen Gebäude, das den weitläufigen Hof von der Straße trennt. Durch die Glastür sieht man bereits die blank polierte Kupferanlage. Der Greilsberger legt seinen Finger auf die Erkennung links der Tür. „Wir haben keine festen Öffnungszeiten. Damit ich nicht immer den Schlüssel holen muss, haben wir das installiert“, erklärt er. Drinnen säumen schlanke Flaschen die Holzregale entlang der Wände. Viele Inhalte sind durchsichtig, manche kräftig rot oder leicht sonnig gefärbt.

„Beim Schnapsbrennen muss das Ausgangsprodukt stimmen“, sagt Thomas Koller. Saubere, schöne Früchte werden benötigt. „Wenn man vergammeltes Obst nimmt, kann auch keine Qualität rauskommen.“ Waldhimbeeren, Marillen, Vogelbeeren oder „Kriacherl“, also Wildpflaumen – in der Destillerie Koller werden rund zehn verschiedene Obstsorten zu Bränden, Geisten oder Likören gebrannt. Auch Koller selbst hat knapp hundert Williamsbirnen-Bäume auf seinem Land stehen.

Die Früchte werden zu Maische verarbeitet. „Das ist quasi Kompott“, so Koller. Dem wird Hefe zugeführt und dann luftdicht gegärt, was je nach Temperatur zwischen acht und zehn Tagen dauert. Das Endprodukt kommt in den Kessel der Anlage und wird dort im Wasserbad erhitzt. Der aus dem Fruchtzucker entstandene Alkohol steigt schließlich als Dampf auf und gelangt über den Brennhelm hinüber in den sogenannten Dephlegmator. „Wir haben eine moderne Anlage und können bis zu vier Mal auf einmal brennen“, so Koller. Beim Brennen wird der Alkoholdampf abwechselnd abgekühlt und so verflüssigt, um dann wieder erhitzt und in Dampf verwandelt zu werden.

„In der Regel muss mindestens zwei Mal gebrannt werden, sonst ist der Schnaps zu unrein“, erklärt der Greilsberger. Gleichzeitig verliere der Schnaps aber mit jedem Destilliervorgang an Geschmack. „Zu wissen, wie oft man es macht, um das beste Ergebnis zu erzielen, ist die Kunst des Brennens“, sagt Thomas Koller. „Das lernt man über Erfahrung und Ausprobieren.“

Der Vorlauf kann zu Blindheit führen

Zum Schluss gelangt der Dampf in den Röhrenkühler, in dem er verflüssigt und schließlich abgelassen wird. Dann muss der Schnapsbrenner genau aufpassen. Thomas Koller holt eine verkorkte Apothekerflasche aus dem Regal und lässt die Reporterin an der durchsichtigen Flüssigkeit schnuppern. Es riecht nach Uhu-Kleber. „Das ist der Vorlauf, der nach dem Brennen als erstes aus der Anlage kommt. Wenn man das trinken würde, wird man blind“, erklärt Koller. Den Vorlauf muss der Schnapsbrenner also erst „abtrennen“, wie es im Fachjargon heißt. „Da muss man dabeibleiben, bis der Mittellauf kommt.“

Den Übergang erkennt Thomas Koller sensorisch, eine Faustregel gibt es nicht. Für einen ausgebildeten Schnaps-Sommelier wie ihn aber kein Problem, er weiß genau, worauf er achten muss. Der Mittellauf ist schließlich, was den Schnapsbrenner interessiert. Koller hat eine weitere Apothekerflasche parat. Deren Inhalt riecht stark fruchtig mit der typischen Schärfe des Schnapses – Williamsbirne. „Wir wollen nur die Qualität vom Mittellauf“, betont der Landwirt. Da bekomme man garantiert keine Kopfschmerzen, anders als bei vielen Produkten im Supermarkt. „Wo ,Spirituose‘ draufsteht, darf alles Mögliche reingetan werden. Der Alkoholgehalt muss zwar stimmen, aber ansonsten wird der Alkohol oft mit künstlichen Aromen und Zucker versetzt“, erklärt Koller.

Um Masse zu generieren, würden viele Hersteller auch Teile von Vor- und Nachlauf „dazupanschen“. „Wir benutzen nur reines Destillat mit Wasser“, betont Thomas Koller. Das Destillat habe zwischen 60 und 70 Prozent Alkoholgehalt. „Deshalb muss es mit Wasser verschnitten werden“, erklärt der Fachmann. Zwischen 40 und 42 Prozent haben seine Schnäpse am Ende. Bevor er getrunken werden kann, muss der Schnaps noch für mindestens ein halbes Jahr in einem Edelstahltank abgelagert werden. Im Schnitt blieben die Schnäpse für fünf Jahre im Tank.

300 Liter darf Koller im Jahr mit seiner Brennerlaubnis produzieren. Der Staat hat ein ganz genaues Auge darauf. „Jede Anlage muss beim Zoll gemeldet sein, unangemeldete Kontrollen können zu jeder Tag- und Nachtzeit stattfinden. Fünf Tage vor dem Brennen muss ich genau anmelden, was, wie viel, wann und wie lange ich brenne – auf die Stunde und Minute genau.“

Am Ende soll ein Schnaps stehen, der langen und breiten Genuss bietet. „Das ist nichts für den schnellen Rausch“, betont Thomas Koller. Er sieht seine Brände und Liköre als etwas anderes: „Ein Selbstbelohnungsdrink, wenn man nach getaner Arbeit gemütlich in den Feierabend übergeht.“