Corona-Lockdown als Auslöser
Niederbayerinnen gründen erste bayerische Innung für Kosmetiker

Obermeisterin Silvia Hartl-Katzdobler führt neue Institution – Ausbildung soll professionell aufgestellt werden

17.01.2022 | Stand 17.01.2022, 16:14 Uhr

Freuen sich über den erfolgreichen Start der Kosmetikinnung (v.l.): stellvertretende Obermeisterin Sandra Lang, Obermeisterin Silvia Hartl-Katzdobler, stellvertretende Obermeisterin Ulrike Waldenfels und Stefan Griesbeck, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Donau-Wald. −Foto: Bäumel-Schachtner

Von Melanie Bäumel-Schachtner

Eine Innung für Kosmetiker gab es bislang in ganz Bayern nicht. Das hat sich jetzt geändert: Am 22. Dezember hat das Bayerische Wirtschaftsministerium die neue Kosmetikinnung Donau-Wald offiziell anerkannt.

„Es war ein Weihnachtsgeschenk“, sagt die neue Obermeisterin Silvia Hartl-Katzdobler glücklich. Sie hat im vergangenen Jahr die Gründung geplant und mit ihrem Team vorangetrieben.

Die Deggendorferin hat zusammen mit ihren stellvertretenden Obermeisterinnen Sandra Lang (Passau) und Ulrike Waldenfels (Oberschneiding) viele Pläne und Ideen, die sie umsetzen möchte. 21 Mitgliedsbetriebe haben sich schon angeschlossen.

Erste neue Innung nach über 60 Jahren

Über 1000 Innungsbetriebe aus 17 Innungen zählen zur Kreishandwerkerschaft Donau-Wald, wie Geschäftsführer Stefan Griesbeck beziffert. In diesen Innungen sind die Handwerker organisiert und erhalten zum Beispiel auch juristischen Beistand durch die Kreishandwerkerschaft. Die Freude über den Zuwachs ist groß. „Seit über 60 Jahren ist keine neue Innung mehr gegründet worden“, blickt er zurück. Nun also ist die Kosmetikinnung das jüngste Kind der Kreishandwerkerschaft – und soll mit Liebe hochgepäppelt werden.

Silvia Hartl-Katzdobler und ihr Team stehen in den Startlöchern. Sie sprühen vor Energie und wollen ihren Berufskollegen eine starke Stimme verleihen. Die Deggendorferin hat vor mehr als drei Jahren umgesattelt und dem Hotelfach den Rücken gekehrt. Sie hat eine einjährige hauptberufliche schulische Ausbildung zur Kosmetikerin absolviert und dann ihre Meisterprüfung erfolgreich abgelegt. „Dabei habe ich gemerkt: Es gibt für keinerlei Fragen einen Ansprechpartner. Das hat total gefehlt, und ich habe erkannt, dass sich was ändern muss.“

„Wir saßen daheim und wussten nichts“

Auch im Lockdown haben sich die Kosmetikerinnen allein gelassen gefühlt. „Wir saßen daheim und wussten nichts. Die Regeln waren so unübersichtlich und teilweise in jeder Stadt anders“, blickt Sandra Lang zurück. Die Politik habe zum Teil gar nicht gewusst, was ein Kosmetiker genau mache und daher auch Regeln erlassen, die überhaupt nicht praktikabel gewesen seien, klagt Ulrike Waldenfels: „Sie hatten kein Wissen und keinen Ansprechpartner. Das hat sich mit der Gründung der Innung nun geändert.“ Viele hätten die Kosmetiker gar nicht auf dem Schirm gehabt. „Diesen Schirm spannen wir nun auf“, sagen Hartl-Katzdobler und Waldenfels wie aus einem Munde kämpferisch.

Es gibt viel zu tun, sind sich die Verantwortlichen sicher. Ein Anliegen ist es, die Betriebe zu informieren. So soll Aufklärung betrieben werden, zum Beispiel, wer bei der Arbeit welches Gerät benutzen darf, und es sollen Seminare und Fortbildungen auf die Beine gestellt werden. Ein Jahresprogramm werde gerade erarbeitet. Eine Homepage ist ebenfalls im Werden. Und die Mitgliedsbetriebe sollen noch mehr werden. Diese kommen bislang aus ganz Niederbayern außer Landshut und Kelheim.

Der Wunsch, sich zu organisieren und auszutauschen, sei groß, weiß die Obermeisterin. Und es tue gut, sich zu treffen und festzustellen, dass alle die gleichen Probleme haben. „Wir sehen uns nicht zum Kaffeetrinken, sondern wollen ehrlich etwas bewegen“, sind sich die Vorstandsdamen einig.

Beruf nicht geschützt

Probleme bereitet der Branche die Tatsache, dass der Beruf des Kosmetikers nicht geschützt ist, dass sich also jeder so nennen und auch damit arbeiten darf. Die Innung will sich für eine verbindliche dreijährige Berufsausbildung einsetzen und knüpft auch schon politisch erste Bande. Die Aussichten, in dieser neuen Formation auch gehört zu werden, schätzt die Obermeisterin als recht gut ein. Es sei auch ein Schutz für die Kunden, sich in die Hände eines Kosmetikers zu begeben, der sein Handwerk auch wirklich von der Pike auf gelernt hat und nicht in You Tube-Tutorials oder im Wochenendkurs.

„Der Beruf hat sich gewandelt. Wir massieren jetzt nicht nur die Haut mit Koskosöl zur Wellness, sondern schleifen und arbeiten allgemein nicht nur an der Haut, sondern in der Haut. Dazu muss man sehr viel wissen“, gibt Sandra Lang Einblick. Es ärgert die Damen der Innung, wenn sie gefragt werden, warum man für „ein bisserl schminken“ eine dreijährige Ausbildung braucht. „Dabei arbeiten wir sehr fundiert, wir beraten die Kunden und lösen Probleme, oft auch zusammen mit Hautärzten“, erklärt Silvia Hartl-Katzdobler.

Einzige Kosmetikinnung in Bayern

Bis zur Gründungsversammlung der Innung im November hat es ein gutes Jahr gedauert. Eng sei die Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer gewesen, auch mit der Friseur-Innung habe man sehr gut zusammengearbeitet. Hier konnten bislang Kosmetikerinnen unterkommen, dies sei aber wegen des eigenen Berufsbildes immer ungünstig gewesen. Nun haben die Kosmetiker in Niederbayern also ihre eigene starke Stimme. Und die Hoffnung ist groß, dass aus der einzigen Kosmetikinnung in Bayern noch mehr werden.