Drogendeals vor Gericht
Billiges Haschisch aus Berlin landete kiloweise in der Flüchtlings-Unterkunft

16.11.2017 | Stand 31.07.2023, 14:39 Uhr
−Foto: n/a

Die florierenden Drogengeschäfte von Asylbewerbern aus der Unterkunft in der Niedermayerstraße beschäftigen weiterhin die Landshuter Gerichte. Während eine Vielzahl von „Großdealern“ inzwischen von Strafkammern des Landgerichts zu massiven, mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden, sitzen inzwischen hauptsächlich ihre Helfer, die als Kuriere unterwegs waren oder als Bunkerhalter fungierten, auf der Anklagebank.

LANDSHUT Vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht hatte sich jetzt der 27-jährige Rami J., ein aus Syrien geflüchteter Palästinenser zu verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, für eine dreiköpfige Dealerbande aus der Asylantenunterkunft im August vergangenen Jahres zwei Kilogramm Haschisch in Berlin übernommen und von dort nach Landshut gebracht zu haben, wo es zum überwiegenden Teil gewinnbringend weiterverkauft worden sei.

Über eine Erklärung seines Verteidigers Thomas Fauth räumte der 27-Jährige seine Kuriertätigkeit für den 28-jährigen Syrer Adnan D. ein, allerdings so der Anwalt, komme er nicht als Mittäter in Betracht. Er sei damals gerade einmal sechs Monate in Deutschland gewesen und habe keine Kontakte nach Berlin gehabt. Als Entlohnung für seine Dienste habe er Haschisch uns Ecstasy in kleinen Mengen für den Eigenkonsum erhalten.

Der bereits verurteilte Syrer, der inzwischen eine Therapie im Bezirksklinikum Mainkofen absolviert, bestätigte, dass er sich mit Rami J. angefreundet und ihn dann als Kurier „engagiert“ habe. Für das Kilo habe er in Berlin 2000 Euro bezahlt, weitere 500 Euro seien als Kurierlohn geflossen, belastete er seinen „Freund“. Ende September 2016 sollte der 27-Jährige weitere 1,5 Kilogramm aus Berlin holen, sei aber dann am Münchner Bahnhof festgenommen worden. Für diese Fahrt wurde er inzwischen vom Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Die Prozessbeteiligten folgten den Argumenten von Verteidiger Fauth und kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem 27-Jährigen, der während seines Studiums 2015 aus seiner Heimat geflohen war, nicht um einen Mittäter, sondern einen „Gehilfen“ handelte. Wegen Beihilfe zum unerlaubten Drogenhandel in nicht geringer Menge verhängte das Schöffengericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, in die die Münchner Verurteilung einbezogen wurde. Strafschärfend wirkte sich vor allem die erhebliche Menge des transportierten Rauschgifts aus.

Vor dem Jugendschöffengericht hat sich mit dem 20-jährigen Lagerarbeiter Mohammad M. ein ebenfalls ein aus dem syrischen Damaskus stammender Palästinenser, der 2013 nach Deutschland geflüchtet ist, zu verantworten. Ihm wird vorgeworfen, von Mai bis November 2016 bei insgesamt 53 Gelegenheiten in der Asylbewerberunterkunft in der Niedermayerstraße von Adnan D. jeweils zwei Gramm Haschisch für zehn Euro pro Gramm erstanden zu haben.

Der weitaus gravierendere Vorwurf: Im Sommer 2016 soll der 20-Jährige dann Adnan D. den Kontakt zu einem Berliner Großdealer vermittelt haben, mit dem dann ein Deal über 2,5 Kilogramm Haschisch, für die 5.000 Euro bezahlt worden seien, über die Bühne gegangen. Besonders dreist:

Obwohl bereits die Ermittlungen gegen ihn liefen, wurden beim Lagerarbeiter im Sommer dieses Jahres bei zwei Polizeikontrollen jeweils noch mitgeführtes Haschisch - einmal sogar zehn Gramm - gefunden.

Zum Prozessauftakt vor dem Jugendschöffengericht gab es eine Überraschung: Der 20-Jährige räumte den illegalen Drogenbesitz zwar ein, der mitgeführte Stoff sei aber nur für den Eigenkonsum und keinesfalls zum Weiterverkauf bestimmt gewesen. Mit dem Berlin-Deal wollte er allerdings nichts zu tun haben. Er habe zwar den Kontakt zwischen Adnan D. und einem Berliner Bekannten hergestellt, von ihren Drogengeschäften habe er aber nichts gewusst..

Jugendrichter Stefan Kolb hielt dem Lagerarbeiter vor, bei seinen polizeilichen Vernehmungen noch eingeräumt zu haben, dass es bei dem von ihm vermittelten Kontakt um Drogendeals gegangen sei. „Wir lassen uns nicht verarschen“, wurde der Jugendrichter deutlich. Wenn es ums Schämen gehe, dann wohl gegenüber seiner in Syrien verbliebenen Familie: „Die hat die Flucht bezahlt für einen Kriminellen und sieht jetzt keinen müden Cent mehr.“ Der Hintergrund war, dass gegen den 20-Jährigen inzwischen weitere Ermittlungsverfahren - u.a. wegen schweren Raubes, Körperverletzung und Diebstahls - anhängig sind.

Der Drogenprozess wird fortgesetzt, wobei u.a. Adnan D. als Zeuge geladen wird. -ws-

Landshut