Katja Putzer sucht nach alten Fragmenten:
Schätze aus den Tiefen der Staatlichen Bibliothek

06.07.2017 | Stand 12.10.2023, 11:48 Uhr
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Katja Putzers Augen leuchten, Dr. Bernhard Lübbers gerät ins Schwärmen. Ein Stück vom Nibelungenlied vielleicht – oder das Ende des Hildebrandsliedes, das wäre eine Sensation! Putzer und Lübbers sitzen im Büro der Staatlichen Bibliothek in Regensburg und berichten, was sie bei ihrer Arbeit mit den rund 90.000 Bänden aus den Jahren vor 1800 noch gerne alles finden würden.

REGENSBURG Seit zwei Jahren arbeitet Katja Putzer nun bereits im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Suche nach alten Fragmenten. Nach der Erfindung des Buchdruckes nämlich war es üblich, die alten Bücher, von denen man dachte, dass man sie nun nicht mehr brauchen würde, zu zerlegen und die Seiten zum Beispiel als Bucheinbände für die neuen, gedruckten Bücher zu verwenden. Der Medienumbruch von der Handschrift zum Druck habe dies mit sich gebracht, berichtet Lübbers, der die Bibliothek in Regensburg leitet – und erinnert, dass auch in Zeiten des Internets ein solcher Medienumbruch stattgefunden hat und stattfindet. Immer wieder wird die Zukunft von Büchern oder Zeitungen diskutiert. Und so sei es eben auch nach der Erfindung des Buchdruckes gewesen.

Die Fragmente in Regensburg wurden – wie so oft in solchen Fällen – zufällig entdeckt. Katja Putzer hat sich nun daran gemacht, alle 90.000 Bände zu sichten. An den Fragmenten könne man ablesen, was an Literatur in der Stadt Regensburg gelesen worden ist. Die herausragende Stellung der Stadt im heiligen Römischen Reich Deutscher Nation spiegle sich auch in der Literatur wider, das könne man nun gut anhand der gefunden Fragmente belegen, so Lübbers. Gefunden wurden bisher Texte aus den Bereichen Recht und Verwaltung, aus der Liturgie und der Religion sowie der Literatur.

Manche dieser Fragmente haben bereits Liebhaber in ganz Deutschland gefunden, so interessieren sich Sprachwissenschaftler aus Regensburg zum Beispiel für ein Fragment des "Willehalm" von Wolfram von Eschenbach aus dem frühen 14. Jahrhundert. "Da hüpft das Herz", gesteht Katja Putzer auf die Frage, wie sie sich denn fühle, wenn sie wieder ein neues Fragment entdeckt. Dann wird recherchiert, um was es sich handeln könnte. Vieles lasse sich über den Text, der meist in lateinischer, manchmal auch in mittelhochdeutscher Sprache verfasst ist, ableiten. So erfolgt dann eine grobe Zuordnung der Texte zu den einzelnen Fachgebieten, die genaue Erforschung des Fragmentes steht dann diesen Disziplinen offen.

Noch bis zum 28. Juli sind einige der entdeckten Schätze in der Staatlichen Bibliothek in der Gesandtenstraße zu sehen. Danach verschwinden sie wieder im Magazin und warten dort auf ihre weitere Erforschung. In zwei Jahren, wenn die Arbeit von Katja Putzer beendet wird, dürften ein paar tausend Fragmente zusammengekommen sein, vermuten Putzer und Lübbers. Etwa jeder zehnte Band verbirgt ein solches Geheimnis.

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.staatliche-bibliothek-regensburg.de.

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