Landgericht Regensburg
'Siehst Du den Baum? Wir werden beide sterben'

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 0:26 Uhr
Verena Bengler
−Foto: n/a

Ein 49-jähriger Ungar steht vor dem Landgericht Regensburg. Ihm wird versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen.

REGENSBURG Der Angeklagte soll am Mittwoch, 6. Januar 2016, seine Ex-Freundin unter einem Vorwand in sein Auto gelockt haben. Nach circa 20 Minuten Fahrt soll der Angeklagte mit Absicht auf einen freistehenden Baum zugesteuert sein. Er soll die Absicht gehabt haben, sich und seine Ex-Freundin zu töten. Die Beifahrerin erlitt schwere innere Verletzungen und mehrere Knochenbrüche.

Nachdem der dritte Verhandlungstag in der vergangenen Woche entfallen musste, weil der Angeklagte in der JVA Regensburg einen Suizidversuch unternommen hatte, kamen am Mittwoch, 26. Oktober, weitere Details zu dem Selbstmordversuch zur Sprache. Der behandelnde Arzt des Angeklagten schilderte noch einmal, was vorgefallen war. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, 18. auf 19. Oktober, hatte der Angeklagte versucht, sich in seiner Zelle mit einem Antennenkabel – das er am Gitter seines Fensters befestigte – zu strangulieren. Durch die Kompression der Halsschlagader wurde er ohnmächtig, kam aber kurz darauf wieder zu sich. Am Mittwochmorgen meldete er seinen Suizidversuch bei den Beamten der JVA. Daraufhin wurde er untersucht und in die psychiatrische Abteilung der JVA nach Würzburg verlegt.

In der Verhandlung fragte der Vorsitzende Richter Werner Ebner den Angeklagten nach dem Grund für den Suizidversuch. „Es schmerzt mich sehr, dass dieser Unfall passiert ist. Ich selber weiß nicht, wieso das so passiert ist“, antwortete der 49-Jährige.

„Siehst Du den Baum? Wir werden beide sterben.“

Direkt nach dem Unfall wurde die Beifahrerin des Angeklagten in das Krankenhaus Barmherzige Brüder eingeliefert. Dort wurde sie vier Mal von einem Kriminalpolizisten vernommen. Im Rahmen der Vernehmungen schilderte sie laut des Kripobeamten, wie es zu dem Unfall kam. Der Angeklagte holte sie am Mittwoch, 6. Januar, von der Arbeit ab und wollte mit ihr zur ehemals gemeinsam bewohnten Wohnung in Schierling fahren, um dort "postalische Gegenstände" zu holen. Auf der Fahrt nach Schierling sagte der 49-Jährige – nach den Angaben seiner Beifahrerin – dass er gegen einen Baum fahren würde, um sich selbst und sie umzubringen. Der genaue Wortlaut war: „Siehst Du den Baum? Wir werden beide sterben.“ Die Ex-Freundin hatte sich kurz zuvor von dem Angeklagten getrennt und vermutete darin den Grund für die Fahrt gegen den Baum.

Richter kritisiert Vernehmungspraxis

Da auch die Beifahrerin aus Ungarn kommt, war bei den ersten Vernehmungen eine Dolmetscherin anwesend. Die vierte Vernehmung wurde jedoch nicht mit einer Dolmetscherin, sondern mithilfe eines Bekannten der Ex-Freundin durchgeführt, der übersetzte. Obwohl sich der Kripo-Beamte sicher war, dass die Deutschkenntnisse des Bekannten ausreichten, um ordentlich zu übersetzen, sieht das Richter Ebner anders. „Das geht so nicht! Ich kann das nicht akzeptieren! Ich möchte keine Vernehmung mehr ohne Dolmetscher erleben“, tadelte Ebner.

Die Verhandlung wird am Freitag, 28. Oktober, um 9 Uhr fortgesetzt. Wir berichten online.

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