Vor dem BGH
Inntaler Tüftler gewinnt gegen Mercedes in Patentstreit

10.07.2017 | Stand 28.07.2023, 17:53 Uhr
−Foto: n/a

Mercedes unterliegt im Patentstreit und darf Cabrios mit „Airscarf" in Deutschland nicht mehr ausliefern.

SIMBACH AM INN Es ist schon ein richtiger Paukenschlag, als die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe bekannt gegeben wurde. Nach einem jahrelangen Patentrechtsstreit zwischen mit dem Simbacher Erfinder Ludwig Schatzinger und Mercedes, gewinnt dieser in letzter Instanz gegen den Automobilhersteller in Stuttgart.

Gestritten wird bereits seit fast zehn Jahren, um die Patente für die Kopfraumheizung. Vor dem Landgericht Mannheim und dem Oberlandesgericht Karlsruhe wurde in vergangenen Gerichtsurteilen die Klage abgewiesen. Nun entschied der BGH in letzter Instanz gegen den Autobauer aus Stuttgart und für den Simbacher Tüftler und Erfinder, der früher in der Innstadt auch eine Fahrschule betrieb.

Bei dem Streit ging es um die Heizung in Kopfstützen von aktuellen Cabrio-Modellen von Daimler-Benz. Danach darf Daimler nun einige Cabrios in Deutschland mit der Sonderausstattung „Airscarf" nicht mehr ausliefern. Beim Heizsystem „Airscarf" - auch Luftschal genannt - wird bei Cabrios Warmluft getrennt von der Fahrzeugheizung und dem Lüftungssystem als Zusatzheizung zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs geblasen.

Dabei wird die hierdurch erzielte Warmluftströmung derart räumlich begrenzt, dass sie bis zu den beiden Schulteraußenseiten und zu den Oberarmen reicht, heißt es unter anderem im Tenor des Urteils vom 10. Mai des Bundesgerichtshofs. Ferner wurde dem Automobilhersteller auch untersagt, derartige Heizsysteme anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde mit einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro gedroht. Dies gilt für den Zeitraum ab der Urteilsverkündigung, also dem 10. Mai, bis zum Jahresende und für Mercedes-Cabrios, die noch nicht ausgeliefert wurden. Am Ende des Jahres erlischt der Patentschutz. Für diesem Zeitraum ist der vormalige Patentinhaber Ludwig Schatzinger auch entsprechend zu entschädigen, heißt es in dem Urteil.

Allerdings gibt es über die Höhe der Entschädigung noch keine konkreten Zahlen. Geklagt hatte aber nicht Schatzinger persönlich, sondern eine Patentverwertungsgesellschaft, um die finanziellen Risiken abzufedern. Zu dem Thema konnte der Simbacher Erfinder aufgrund der laufenden Verhandlungen mit Mercedes keine konkreten Auskünfte erteilen.

Bei Mercedes bedauerte man die Unannehmlichkeiten für die Cabriokunden gerade jetzt vor dem Sommer. Laut Aussage der Pressestelle von Mercedes war man über das Urteil überrascht, da man bereits in zwei Vorinstanzen in dem Fall gewonnen hatte. „Es betrifft dies Fahrzeuge, die in Deutschland produziert und verkauft werden, deshalb können wir dieses System auch unseren Kunden nicht mehr anbieten. Im Moment arbeiten wir gerade an einer patentfreien Lösung für Fahrzeuge, die ins Ausland gebracht werden, um dort nachträglich das Airscarf-System einzubauen", erklärt Kurt Groeneveld.

Bis Ende des Jahres müssen demnach Cabrio-Kunden noch auf die Kopfstützenheizung verzichten. Sollten doch Auslieferungen erfolgen, dann nur wenn das System deaktiviert wurde. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Schatzinger den Automobilbauern in Stuttgart sein Heizungskonzept für Cabrios angeboten, damals hielt sich das Interesse an der Nackenheizung allerdings in Grenzen und es gab keine Reaktion von Mercedes.

Im Bild: Ludwig Schatzinger aus Simbach sorgte in der Vergangenheit auch mit anderen Erfindungen für Gesprächsstoff. Hier mit einem Wechselkennzeichen 

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