Verhandlungsfähigkeit eines 78jährigen fraglich
Einbrecher-König“ vor Gericht?

06.07.2017 | Stand 26.07.2023, 15:23 Uhr

Er gilt als „König der Einbrecher“ und soll auch in Bad Abbach und Saal an der Donau zugeschlagen haben. Jetzt steht ein 78jähriger Regensburger vor Gericht, doch sein gesundheitlicher Zustand legt nicht nur die Frage nahe, ob er verhandlungsfähig ist, sondern auch, ob er der Kopf einer Einbrecher-Bande sein kann, für den ihn die Staatsanwaltschaft hält.

REGENSBURG Seit dem Januar letzten Jahres schwebt über den 78jähriger Rentner Erwin P. (alle Namen geändert) aus Regensburg das Damoklesschwert einer mehrjährigen Haftstrafe. Er gilt in einschlägigen Kreisen als der „König der Einbrecher“ und soll zusammen mit zwei 27 und 23 Jahre alten Komplizen Reiner L. und Inge S. in den Jahren 2009 und 2010 in Stadt und Landkreis Regensburg, Bad Abbach und Saal an der Donau insgesamt 29 Einbrüche verübt haben. Erbeutet wurden Geld, Schmuck und Zigaretten im Gesamtwert von rund einer viertel Million Euro. Obwohl er in den Augen der Staatsanwaltschaft der „Spiritus Rector“ der Einbruchserie ist, bestreitet er jegliche Tatbeteiligung.

Von der Polizei überführt wurden zunächst die beiden jungen Täter. Erst als die Fahnder eine persönliche Verbindung der 23jährigen zu dem Senior feststellten, kam dieser in den Fokus der Ermittler. Nachdem Reiner und Inge ein Geständnis abgelegt und den 78jährigen als den Kopf der Bande bezeichnet hatten, wurden sie nach einwöchiger Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gesetzt. Dieses Geständnis wiederholten sie vor der Strafkammer des Landgerichts Regensburg und wurden zwischenzeitlich zu Haftstrafen von jeweils vier Jahren verurteilt. Dabei berücksichtigten die Richter auch deren Hilfe bei der Aufklärung der Straftaten.

Bereits zweimal hat Verteidiger Jörg Meyer den Prozess gegen seinen hochbetagten Mandanten zum Platzen gebracht. In seinem seitenlangen Antrag rügt er vor allem, dass die Ermittlungsakten im großen Ausmaß unvollständig seien. So würden allein 26 polizeiliche Einzelakten nicht vorliegen, obwohl die eigentliche Ermittlungsakte deren Zusammenfassung sei. Auch die Spurenakten seien ihm bislang vorenthalten worden. Zudem wird in einem polizeilichen Ermittlungsbericht festgestellt, dass ein DNA-Treffer seines Mandanten an einem Tatort nachgewiesen werden konnte – ein Gutachten befindet sich allerdings nicht in der dem Verteidiger zur Verfügung gestellten Akte.

So steht in den Augen des Verteidigers Aussage gegen Aussage. Dabei wird es nicht ausbleiben, dass die beiden bereits Verurteilten im Prozess gegen den Senior als Zeugen gehört werden. Bevor es soweit kommt, muss ein psychiatrischer Gutachter aufgrund eines weiteren Antrags des Verteidigers dessen Verhandlungsfähigkeit prüfen. Der 78jährige ist hochgradig hörgeschädigt und sehbehindert. Zudem sei es in der Vergangenheit bereits zu neurologischen Ausfällen gekommen. Alles Indizien, die es zumindest als fraglich erscheinen lassen, ob der Angeklagte der Täter ist, für den ihn die Staatsanwaltschaft hält.

Kelheim