Unterschiedliche Aufassungen wurden zum Verhängnis
"One-night-stand" ist noch keine Beziehung

06.07.2017 | Stand 26.07.2023, 22:28 Uhr

Verfahren gegen Freisinger Sekretärin (32) wegen falscher eidesstattlicher Versicherung eingestellt.

FREISING Was unter der Frage nach einer Beziehung auf einem amtlichen Formular zu verstehen ist, sei individuelle Auslegungssache. Diese Ansicht vertritt die 5. Strafkammer beim Landgericht Landshut und stellte das Verfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung gegen eine 32-jährige Sekretärin aus Freising ein.

Die Sekretärin hatte am 23. Dezember 2010 beim Rechtspfleger des Freisinger Amtsgerichts Antrag auf Erlass einer Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz gegen einen Mann aus Greifswald beantragt. Beim Ausfüllen des amtlichen Formulars hatte sie eidesstattlich bekundet, dass sie mit ihm zu keiner Zeit eine Beziehung hatte und ihn als „Bekannten” eingeordnet, jedenfalls das entsprechende Kästchen auf dem mit Textbausteinen erstellten Formular angekreuzt.

Ob der Greifswalder wegen der Gewaltschutz-Anordnung oder wegen seiner geplatzten Liebesträume in Rage geriet, ließ sich vor Gericht nicht mehr klären. Jedenfalls erstattete er Anzeige gegen die Sekretärin und tat darin kund, dass man sich nicht nur seit Februar 2010 kenne und über zahllose SMS und E-Mails die über 600 Kilometer Entfernung „überbrückt” habe, vielmehr, so behauptete er, habe ein Liebesverhältnis bestanden, in dessen Verlauf man sich getroffen habe und auch intim geworden sei. Außerdem habe man Pläne geschmiedet, in ihrem Haus in Simbach a.I. zusammenzuziehen.

Der Strafrichter beim Amtsgericht ging von seiner Version aus und verhängte gegen die Sekretärin wegen der falschen eidesstattlichen Versicherung eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 23 Euro, also 2300 Euro. Dagegen legte sie Berufung ein. Vor der 5. Strafkammer des Landshuter Landgerichts erklärte Verteidiger Johann Kohlschmidt für seine Mandantin, dass sie aus ihrer Sicht das Formular richtig ausgefüllt habe; denn unter „Beziehung” verstehe sie eine auf Dauer angelegte Partnerschaft. Mit dem Greifswalder Bekannten habe sie nie zusammengelebt und schon gar keine „eheähnliche” Beziehung gehabt.

Die Sekretärin räumte ein, dass es durchaus gegenseitige Besuche gab und es auch zu einem one-night-stand gekommen sei. Für sie reiche das aber noch längst nicht für eine Beziehung. Es seien auch SMS und E-Mails mit Fotos ausgetauscht worden, „weil es eine Beziehung hätte werden können.” Zum Schluss sei es aber u.a. um Geld gegangen, das sie ihm geliehen hatte und zurückforderte. Außerdem habe er erfahren, dass sie in Simbach ein Haus habe und wollte es mieten, „weil er mit mir zusammen sein wollte.” Letztlich sei er aber abgesprungen und sie habe Ärger gehabt, weil sie anderen Mietinteressenten bereits abgesagt habe.

Der Greisfswalder hatte zudem für einige Verwirrung gesorgt; denn im Oktober letzten Jahres wollte er seine Anzeige „mit tiefstem Bedauern”, wie er es formulierte, zurückziehen. Er kenne die Sekretärin überhaupt nicht, behauptete er plötzlich. Später relativierte er die Behauptung: Er habe mit „nicht kennen” eigentlich ausdrücken wollen, dass es keine Beziehung gegeben habe und nur zu einer „unglücklichen Formulierung gegriffen.” Außerdem, so kündigte er an, werde er vor Gericht „überhaupt nichts mehr sagen.”

Dass ihm ein Aussagerecht zustehe, stellte auch Vorsitzender Richter Eugen Larasser fest; denn gegen ihn könnten Verfahren wegen falscher Verdächtigung bzw. versuchter Strafvereitelung - je nachdem wie er sich aktuell positioniere - eingeleitet werden. Der Vorsitzende Richter philosophierte dann auch, dass der Begriff „Beziehung” durchaus eine Sache der Definition sei und plädierte für eine Einstellung des Verfahrens gegen die Sekretärin wegen geringer Schuld. Es gebe, so seine Begründung, sinnvolle und weniger sinnvolle Verfahren, das aktuelle gehöre wohl in die zweite Kategorie. Mit dem Einverständnis der übrigen Prozessbeteiligten wurde das Verfahren dann auch ohne Auflagen eingestellt.

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